Goethes Briefe: GB 2, Nr. 156
An Johanna Fahlmer

〈Frankfurt a. M. , Anfang November 1774?〉 → 〈Frankfurt a. M.〉


Lesen Sie das Tante dann mit fort zu Friz. Es ist von Lenz! Ich ​Onckel krieche​1 in den Winckeln all meiner Kräffte und Fähigkeiten herum, und bin auserwärts etwas rauch pp Leben Sie wohl, ich zeichne, künstle pp. Und lebe ganz mit Rembrandt.

G.

  1. krieg​che​ ↑

Seit Max Morris wird der Brief auf Anfang November 1774 datiert, und zwar mit dem Hinweis darauf, dass Goethe sich ausdrücklich als ​Onckel (134,22–23) bezeichne, nachdem einige Tage zuvor, am 28. Oktober, seine Nichte Luise Schlosser geboren worden war. (vgl. DjG​2 4, 143 und 6, 390; DjG​3 4, 252 und 382).

H: Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. 16,8 × 10,6(–10,8) cm, Bordüre aus gereihten Krönchen (vgl. Mick, Nr 1–3), ¾ S. beschr., egh., Tinte.

E: Goethe-Fahlmer (1875), 89 f., Nr 34.

WA IV 2 (1887), 284, Nr 350 (nach E; Textkorrektur nach H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 213).

1 Exemplar eines Werkes von Lenz, vielleicht „Der neue Menoza“ oder „Anmerkungen übers Theater“ (vgl. die erste Erläuterung zu 134,22).

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

Lesen Sie das] Möglicherweise handelte es sich um eines der Werke von Jakob Michael Reinhold Lenz, die Heinrich Christian Boie in seinem Reisetagebuch anlässlich seines Besuches bei Goethe am 15. Oktober erwähnt: „Von seinem Freunde Lenz 〈…〉 bringt die Messe zwey neue Produkte, die beyde Werke des Genies und des Denkers sind. Er hat mir noch einiges und besonders ein paar Gedichte voll Seele und Herz von ihm gelesen.“ (BG 1, 298.) Neu erschienen waren „Der neue Menoza. Oder Geschichte des cumbanischen Prinzen Tandi. Eine Komödie“ (Leipzig 1774) und die „Anmerkungen übers Theater“ (Leipzig 1774).

Friz] Friedrich Heinrich Jacobi.

​Onckel] Vgl. Datierung.

rauch] Nebenform von ‚rauh‘ (vgl. mhd. rûch): in übertragenem Sinne „roh, wild, vom menschlichen Benehmen“ (Südhessisches Wörterbuch 4, 1268).

ich zeichne] Vgl. dazu das 15. Buch von „Dichtung und Wahrheit“: Ich zeichnete die Portraite meiner Freunde im Profil auf grau Papier mit weißer und schwarzer Kreide. Wenn ich dictirte oder mir vorlesen ließ, entwarf ich die Stellungen der Schreibenden und Lesenden, mit ihrer Umgebung 〈…〉. (AA DuW 1, 528; vgl. auch WA I 28, 314.) Boie berichtet über den 15. und 17. Oktober: „Sonst zeichnet er 〈Goethe〉 itzt immer, und zeichnet fast wie er schreibt.“ (BG 1, 299.) Dass er sich sehr mit Zeichnen beschäftige, betont Goethe auch in Nr 158, 173 und 205 (vgl. 136,3; 151,14–15; 169,4–6).

 

 
 

Nutzungsbedingungen

Kontrollen

Kontrast:
SW-Kontrastbild:
Helligkeit:

Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 156 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR156_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 134, Nr 156 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 337–338, Nr 156 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

Zurück zum Seitenanfang