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Editionsgrundsätze

1. Inhalt

Die Ausgabe enthält sämtliche überlieferten Briefe Goethes. Sie besteht aus Text- und Kommentarbänden.

Briefe im Sinne der Ausgabe sind alle von Goethe verfassten, d. h. eigenhändig geschriebenen, diktierten oder inhaltlich vorgegebenen, an einen oder mehrere Adressaten gerichteten schriftlich überlieferten Texte. Sie müssen persönliche Mitteilungen enthalten und durch die nachweisbare Tatsache oder die Absicht der Zustellung die Funktion von Briefen erfüllen. Adressaten können Privatpersonen, Firmen oder Institutionen sein.

Aufgenommen werden auch Briefe, die Goethe gemeinsam mit anderen Personen oder im Auftrag anderer Personen verfasste, sowie von Goethe verfasste Teile (z. B. Nachschriften) zu Briefen anderer Personen.


Von der Ausgabe ausgeschlossen bleiben literarische Werke in Briefform und amtliche Schriftstücke wie Voten, Aktenvermerke, Gutachten u. ä., die Goethe in Ausübung der ihm übertragenen Kommissionen und sonstigen Ämter verfasst hat, auch wenn sie von ihm allein unterzeichnet sind. Enthalten amtliche Schriftstücke zusätzliche über Anrede und Grußformel hinausgehende persönliche Mitteilungen, gelten sie als Briefe und werden in die Ausgabe aufgenommen. In einem separaten Anhang erscheinen die in der Briefabteilung der WA edierten amtlichen Schriftstücke, die seit einem Jahrhundert zum gedruckten Bestand der Goethe-Briefe zählen.

2. Text

2.1 Textgrundlage und Textkonstitution

Textgrundlage ist die Handschrift der behändigten Ausfertigung des Briefes. Ist die Handschrift nicht überliefert und auch nicht in Form einer Fotokopie oder eines Faksimiles zugänglich, tritt an ihre Stelle der Textzeuge (z. B. Abschrift, Druck) mit dem höchsten Grad der Autorisation. Ist ein Brief nur als Konzept überliefert, bildet dieses die Grundlage des edierten Textes.

Der Text gibt die zugrunde liegende Vorlage buchstaben- und satzzeichengetreu wieder. Erfolgt die Textwiedergabe nach einem Druck, werden eindeutige Druckfehler der Vorlage im edierten Text emendiert. [Druckseite XII]

Groß-, Klein-, Getrennt- und Zusammenschreibungen werden originalgetreu wiedergegeben. Lässt der graphische Befund die Unterscheidung von Groß- und Kleinbuchstabe nicht zu (so vor allem bei D–d, F–f, H–h, T–t), sind der semantische Kontext wie auch zeit- und autorspezifische Schreibgewohnheiten für die Entscheidung mit heranzuziehen. Dies trifft auch für die Schreibung des Anredepronomens zu, die sich im Verlauf des Entstehungszeitraums der Briefe wandelt.

Grammatische und orthographische Fehler werden nicht korrigiert, Abkürzungen, fehlende Buchstaben, Satzzeichen, Akzente und Umlautstriche nicht ergänzt, das Abbruchzeichen (wie in Wohlgebℓ, Exzelℓ, dergℓ) wird in Angleichung an den handschriftlichen Befund wiedergegeben.

Verschleifungen am Wortende werden ausgeschrieben. Bei mehrdeutigem Befund erscheinen die ergänzten Endungen in Winkelklammern, so z. B. bei Dativ- oder Akkusativformen oder bei Singular- oder Pluralsuffixen.

Der Geminationsstrich (n̄, m̄) wird zur Doppelschreibung aufgelöst. Doppelte Binde- und Trennungsstriche erscheinen einheitlich als einfache Binde- oder Trennungsstriche, Umlautschreibungen durch hochgestelltes e einheitlich in der heute üblichen Form (uͤbel – übel). Dittographien bei Seitenwechsel werden ausgeschieden.

2.2 Textkritischer Apparat

Die Varianten des dem Text zugrunde liegenden Zeugen erscheinen, mit Zeilenzahl auf den edierten Text bezogen, am Fuß der Textseite. Sämtliche Varianten sind in Form eines negativen Einzelstellenapparats verzeichnet, wobei der Korrekturvorgang selbst in visualisierter Form dargestellt wird (vgl. Verzeichnis der Schriftarten, Siglen und Zeichen im edierten Text).

2.3 Anordnung und Darbietung der Briefe

Die Anordnung der Briefe erfolgt chronologisch, ihre Zählung bandweise.

Erstreckt sich die Niederschrift über einen Zeitraum von mehr als einem Tag, ist das späteste Datum ausschlaggebend. Sind mehrere Briefe vom gleichen Tag überliefert, dienen inhaltliche und/oder überlieferungsgeschichtliche Kriterien zu deren Anordnung. Gelingt mithilfe der genannten Kriterien eine Anordnung nicht zweifelsfrei, erfolgt sie alphabetisch nach den Namen der Adressaten, wobei Briefe an Unbekannt ans Ende gestellt werden. [Druckseite XIII]

Lässt sich für einen Brief nur der Entstehungsmonat und das Jahr erschließen, wird er an das Ende des entsprechenden Monats gestellt. Betrifft dies mehrere Briefe, werden sie nach den Namen der Adressaten in alphabetischer Folge angeordnet. Das gleiche gilt sinngemäß, wenn das Jahr, aber nicht der Monat, der Zeitraum, aber nicht das Jahr ermittelt wurden.

In den Textbänden erscheinen sämtliche überlieferten abgesandten und nicht abgesandten Briefe Goethes sowie die Auftragsbriefe. Nicht abgesandte Briefe und Auftragsbriefe werden im Briefkopf besonders gekennzeichnet. Auftragsbriefe erscheinen in einem kleineren Schriftgrad. Die Briefe werden vollständig und einschließlich ihrer Beilagen gedruckt, wenn diese integraler Bestandteil der Briefe sind und es deren Art und Umfang erlauben.

Erschlossene Briefe werden am Ende des Textbandes für den jeweiligen Zeitraum des Bandes mitgeteilt einschließlich ihrer Erschließungsquellen. Sie erhalten eine eigenständige Zählung mit einer der Briefnummer vorangestellten Kennzeichnung (EB).


Der Abdruck beginnt einheitlich mit einem Briefkopf des Editors, bestehend aus Briefnummer, Adressat, Absendeort und Datum. Erschlossene Angaben erscheinen in spitzen Klammern.

Hat Goethe den Brief gemeinsam mit anderen Personen verfasst, z. B. mit August von Goethe, heißt es im Briefkopf in der Adressatenzeile „Mit August von Goethe an ...“. Briefe, die nicht nach der Handschrift der behändigten Ausfertigung abgedruckt werden können, erhalten unter der Datumszeile in spitzen Klammern den Hinweis auf die Art der Textgrundlage (z. B. ⟨Konzept⟩, ⟨Druck⟩, ⟨Abschrift⟩).

Der Adressat erscheint mit Familiennamen und, wenn dieser bekannt ist, mit Rufnamen oder mit dem oder den eingeführten Vornamen. Frauen werden bis zu ihrer Eheschließung unter ihrem Mädchennamen geführt. Mehrmals verheiratete Frauen erscheinen unter ihrem jeweils gültigen Familiennamen.

Die räumliche Textanordnung der Textgrundlage wird nicht in urkundlicher, sondern in struktureller Entsprechung wiedergegeben. Nachschriften auf dem Rand der Vorlage erscheinen im Druck am Ende des Briefes nach Datum und Unterschrift. Briefteile, die von anderen Personen stammen, sowie Auftragsbriefe, die andere Personen in Goethes Auftrag verfasst haben oder die Goethe im Auftrag anderer Personen verfasst hat, erscheinen in kleinerer Geradschrift. [Druckseite XIV]

3. Kommentar

3.1 Briefkopf, Datierung, Zum Adressaten

Der Briefkopf des Kommentarteils entspricht dem des Textteils, bestehend aus Briefnummer, Adressatennamen, Absendeort und Datum. Zusätzlich ist nach Absendeort und Datum der Bestimmungs- oder Empfangsort angegeben. Ermittelte Angaben erscheinen in spitzen Klammern. – Angaben zur Datierung erfolgen bei undatierten und unvollständig datierten Briefen oder bei korrigierten Datierungen. – Ist die Person des Adressaten unsicher oder weicht ein ermittelter Empfänger gegenüber dem in der Weimarer Ausgabe (WA) angegebenen Empfänger ab, werden in der Rubrik „Zum Adressaten“ die Argumente, die für oder gegen die Ansetzung eines Adressaten sprechen, mitgeteilt.

3.2 Überlieferung

Im Abschnitt „Überlieferung“ erscheinen alle handschriftlich überlieferten textkritisch relevanten Zeugen eines Briefes (Schemata, Konzepte, Handschrift der behändigten Ausfertigung, bei verschollenen Handschriften zeitgenössische und spätere Abschriften) in der Reihenfolge ihrer nachweisbaren oder ermittelten Entstehung.

Zu jeder Handschrift erfolgen Angaben zum Besitzer und/oder zum Aufbewahrungsort, bei verschollenen Handschriften zum letzten nachweisbaren Besitzer sowie zum Zeitpunkt des letzten Nachweises. Zusätzlich folgt die Angabe „Verbleib unbekannt“.

Die Handschriftenbeschreibung soll – durch Angabe von Umfang und Anzahl der beschriebenen Seiten sowie des Schreibers und Schreibmaterials – die eindeutige Identifizierung einer Handschrift ermöglichen. Zusätzlich können Angaben zur Schrift erfolgen (z. B. „flüchtig geschrieben“). Das Papierformat wird in Zentimetern (Breite × Höhe) angegeben, dazu Besonderheiten wie Zier- oder Trauerränder u. ä., Beschädigungen des Papiers sowie das Vorhandensein eines Kuverts. Wasserzeichen werden nur beschrieben, wenn bei undatierten Briefen im Abschnitt „Datierung“ darauf Bezug genommen wird. Angaben zur Faltung werden nur gemacht, wenn dies für den Nachweis relevant ist, ob ein Brief abgesandt wurde oder nicht.

Handschriftliche Beilagen, die als integraler Bestandteil des Briefes im Textband erscheinen, werden analog zu den Briefhandschriften nachgewiesen und beschrieben. [Druckseite XV]

Ergänzende Angaben von Faksimiledrucken der Handschrift erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

War der Brief einem anderen Brief beigelegt oder enthielt einen anderen Brief als Beischluss, wird das in der Überlieferung mitgeteilt.


Die gedruckte Überlieferung wird nur soweit mitgeteilt, wie sie textkritisch und/oder überlieferungsgeschichtlich relevant ist. Verzeichnet wird der Erstdruck (E); wenn dieser ein Teildruck war, wird die Drucküberlieferung bis zum ersten vollständigen Druck nachgewiesen (E1, E2, E3 ...). Ist die Handschrift der behändigten Ausfertigung (H) verschollen, werden weitere Drucke (D) aufgeführt, wenn diesen nachweislich oder mutmaßlich H zugrunde lag und sie E vorzuziehen sind.

Den Abschluss der Überlieferung bilden der Nachweis des Druckortes in der Weimarer Ausgabe (WA) als Referenzausgabe sowie gegebenenfalls der Druck in einer weiteren historisch-kritischen oder in einer vergleichbaren wissenschaftlichen Edition.

Erläuterungen zur Textgrundlage erfolgen nur, wenn bei verschollener Handschrift die Wahl der Textgrundlage einer besonderen Begründung bedarf.

3.3 Textkritischer Apparat im Kommentar

Varianten der Konzepte und Schemata, die nicht dem edierten Text zugrunde liegen, erscheinen im Kommentarband nach den Mitteilungen zur Überlieferung.

Schemata und Konzepte, die sich aufgrund ihrer Textvarianz nicht mehr auf den edierten Text beziehen lassen, werden vollständig abgedruckt und, falls nötig, kommentiert.

Überlieferungsvarianten, d. h. Abweichungen zwischen nicht autorisierten Textzeugen, werden nur mitgeteilt, wenn bei verschollener Handschrift der behändigten Ausfertigung mehrere voneinander abweichende Drucke und/oder Abschriften vorliegen, denen nachweislich oder mutmaßlich die Handschrift zugrunde lag. [Druckseite XVI]

3.4 Beilagen

Beilagen, die kein integraler Bestandteil des Briefes sind und die daher nicht im Textband erscheinen, werden an dieser Stelle des Kommentars buchstaben- und satzzeichengetreu mitgeteilt, wenn es Art und Umfang der Beilage zulässt, und im unmittelbaren Anschluss analog zur Überlieferung der Briefhandschriften beschrieben. Umfangreiche gedruckte Beilagen (z. B. Zeitschriften, Bücher, Aushängebogen) werden mit ihren bibliographischen Angaben verzeichnet, sonstige Beilagen (z. B. Stoffproben) beschrieben.

Sind Beilagen nicht überliefert, geht aus dem Brieftext oder aus anderen Quellen ihre Existenz jedoch eindeutig hervor, werden sie an dieser Stelle des Kommentars aufgeführt.

3.5 Erläuterungen

Den Erläuterungen eines jeden Briefes gehen Angaben über Bezugs- und Antwortbriefe voraus. Als Referenzausgabe der Briefe an Goethe wird der Druckort in der Regestausgabe (RA) nachgewiesen. Mitgeteilt werden außerdem die Erwähnungen im Tagebuch und/oder in den Postabsendelisten.

Die Erläuterungen liefern die zum Verständnis des Textes notwendigen sprachlichen, historischen, literarischen und biographischen Aufschlüsse. Am Beginn der Erläuterungen des jeweils ersten Briefes an einen Adressaten stehen zusammenfassende Überblickskommentare zur Person des Adressaten und zu den Besonderheiten der Korrespondenz, die sich nicht an ein Lemma binden lassen.

Direkte oder indirekte Zitate werden nachgewiesen, die von Goethe benutzten Quellen angegeben.

In den Erläuterungen wird aus den Bezugs- und Antwortbriefen zitiert, gegebenenfalls werden die Briefe ganz oder teilweise mitgeteilt, soweit es zum Verständnis des Textes notwendig ist. Sind andere im Text erwähnte Briefe überliefert, aber ungedruckt oder an entlegener Stelle gedruckt, und sind zum Verständnis des Textes zusammenfassende Angaben zu ihrem Inhalt nicht ausreichend, werden sie in den Erläuterungen ganz oder teilweise mitgeteilt.

Zur Ergänzung und Entlastung der Erläuterungen dienen Register der erwähnten Personen und deren Werke, der Anonyma und Periodika sowie der Werke Goethes. [Druckseite XVII]