Goethes Briefe: GB 2, Nr. 148
An Charlotte Kestner

〈Frankfurt a. M. , zwischen 19. und 21. September 1774〉 → 〈Hannover〉


Lotte wie lieb mir das büchelgen ist magst du im Lesen fühlen, und auch dieses Exemplar ist mir so werth als wär's das einzige in der Welt. du sollst haben Lotte, ich hab es hundertmal geküsst, habs weggeschlossen dass es niemand berühre. O Lotte! – Und ich bitte dich lass es ausser Meyers niemand iezzo sehn, es kommt erst die Leipziger Messe in's Publikum. Ich wünschte iedes läs es alleine vor sich, du allein, Kestner allein, und iedes schriebe mir ein Wörtgen.

Lotte Adieu Lotte.

Die bisherige Datierung folgte der des Briefes an Johann Christian Kestner vom 23. September 1774 (Nr 149), dem das Zettelgen (131,17) an Charlotte beilag (vgl. WA IV 2, 199 und DjG​3 4, 250). Wie aus dem Brief an Kestner aber hervorgeht, sollte das vorliegende Blättchen einem Exemplar des „Werther“ beigelegt und mit diesem übersandt werden (vgl. 131,17–18). Exemplare des Romans hatte Goethe schon am 19. September 1774 in Händen (vgl. 130,18). An diesem Tag oder kurz danach muss auch die Buchsendung an die Kestners abgegangen sein, da Goethe am 23. September annahm, sie sei bereits angekommen (vgl. 131,17). Das Begleitbriefchen für Charlotte Kestner, das Goethe vergas 〈…〉 hinein zu legen (131,18), wurde also zwischen dem 19. und 21. September 1774 geschrieben.

H: GSA Weimar, Sign.: 29/263,I, Bl. 16. – 1 Bl. 10,8 × 16,8 cm, Bordüre aus gereihten Krönchen (vgl. Mick, Nr 1), 1 S. beschr., egh., Tinte; Vs. oben rechts von fremder Hd, Bleistift: „1774. Sept. 23.“, am linken Rand quer zum Text von fremder Hd, Bleistift: „Werther“. – Beischluss zu Nr 149 (vgl. die zweite Erläuterung zu 131,17).

E: Goethe und Werther​1 (1854), 219, Nr 105.

WA IV 2 (1887), 199, Nr 253.

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

das büchelgen] „Die Leiden des jungen Werthers“, die soeben erschienen waren (vgl. Datierung und die zweite Erläuterung zu 130,18).

Meyers] Der hannoversche Kammersekretär Ludwig Johann Georg Meyer (auch: Meier, Mejer) und dessen Frau (vgl. zu 93,1).

die Leipziger Messe] „Die Leiden des jungen Werthers“ wurden zur Leipziger Herbstmesse 1774 ausgeliefert, die am 2. Oktober begann.

iedes schriebe mir ein Wörtgen] Eine Reaktion Charlotte Kestners auf das Erscheinen des „Werther“ ist nicht überliefert. Johann Christian Kestner äußerte seinen anfänglichen Unmut über den Roman, der ihn „schlecht erbauet“ habe, in einem Brief an Goethe von Ende September/Anfang Oktober 1774 (vgl. zu 133,20). Inwieweit er damit auch Charlottes Meinung wiedergab, muss offenbleiben.

 

 
 

Nutzungsbedingungen

Kontrollen

Kontrast:
SW-Kontrastbild:
Helligkeit:

Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 148 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR148_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 131, Nr 148 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 325–326, Nr 148 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

Zurück zum Seitenanfang