Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 5
19. Juni 1775, Montag, Altdorf

19. früh ½ 7 aufwärts dann hinab an vier Waldstätter See. Auf dem See von Izenach nach Gersau zu Mittag im Wirthsh. am See. gegen zwey dem1 Grüdli über wo die 3 Tellen schwuren drauf an der Tellen Platte. wo Tell aussprung. Drauf 3 Uhr in Flüeli wo er eingeschifft ward. 4 Uhr in Aldorf wo er den Apfel abschoss.

  1. am → dem  ↑

H: GSA 27/1


Das Tagebuch ist fast durchweg von Goethe eigenhändig geschrieben. Die Überschrift Den 15 Junius 1775. / Donnerstags morgen / aufm Zürchersee. (Bl 2 Vs) schrieb Johann Caspar Lavater, die Verfasser und Schreiber des zweiten bis neunten Vierzeilers (Bl 2 – Bl 3 Vs) sind Friedrich Leopold zu Stolberg, Lavater, Christian zu Stolberg, Lavaters Schwager Schinz, Philipp Christoph Kayser, Christian von Haugwitz, Johann Jacob Heß und Jacob Ludwig Passavant. Die Endreime der zweiten Strophe schrieb Goethe. Die Notiz Einer der herlichsten Waßerfälle der gantzen Gegend (Bl 12 Rs) schrieb Passavant. Die Eintragung Thallaman Caspar Antonj Meyer Drey König wird in Ursern an der Math. (Bl 16 Vs) schrieb Caspar Anton Meyer. (Zusätze von unbekannter Hand siehe unten.)

Die Eintragungen befinden sich in einem Heft (110 × 175 mm). Umschlag aus blaugrauem Kartonpapier. Auf dem vorderen Umschlagblatt von Riemers Hand die Überschrift »Tagebuch. Schweizerreise 1775.«. Die Blätter aus Konzeptpapier. Fadenheftung.

Blätter insgesamt (einschließlich des vorderen und hinteren Umschlagblattes): 16

Beschriebene Blätter: 10


Ein nachträglich eingelegtes, wohl um 1813, in Vorbereitung des Achtzehnten Buches von »Dichtung und Wahrheit«, von Goethe eigenhändig quer beschriebenes Blatt (110 × 90 mm), geripptes Schreibpapier. Tinte.

Vs: Liegende Akkolade, darunter: Speranza – dass die fremden Hunde die sich hier verlauffen ein Küssen finden. Von unbekannter Hand rechts oben mit Bleistift »23«.

Rs: (seitenverkehrt:) Der Frau


Schreibmaterial und Zusätze von unbekannter Hand:

Bleistift. Mit Tinte das Gedicht »Gib das tagwerck ...«.

Von Goethe mit Bleistift schräg, zum Teil kreuzweise durchgestrichen die chronologischen Eintragungen vom 16. bis 22. Juni 1775 und die Eintragung Speranza bis verlohren sind.

Die Blätter, einschließlich des vorderen und hinteren Umschlagblattes, von unbekannter Hand mit Bleistift paginiert jeweils Vorderseite rechts oben, die Rückseite der Blätter 11–15 zusätzlich links unten seitenverkehrt paginiert von »11​2« bis »15​2«.


Anordnung und Zählung der Handschrift:

Bl 1 Umschlagblatt

Bl 2 Vs: Überschrift: Den 15 Junius 1775. bis aufm Zürchersee.

Reimstrophe 1–4

Bl 2 Rs: Reimstrophe 5–8

Bl 3 Vs: Reimstrophe 9

Gedicht: »Ich saug an meiner Nabelschnur ...«

Gedicht: »Aug mein Aug was sinckst du nieder ...«

Bl 3 Rs: Gedicht: »Vom Berge in die See Vid. das Privat Archiv des Dichters Lit. L.«

Bl 4 Vs: Notiz: am Steeg bis Capele

Bl 4 Rs: Entwurf (quer geschrieben:) Und dem entgegnenden Priest bis erheitern

Bl 5–7 Vs leer

Bl 7 Rs: Gedicht: »Gib das tagwerck ...«

Bl 8–11 Vs leer

Bl 11 Rs: Notiz (seitenverkehrt geschrieben): Speranza bis verlohren sind

Bl 12 Vs leer

Bl 12 Rs–14 Vs (seitenverkehrt beschrieben von hinten nach vorn)

Bl 14 Rs–13 Vs: Tgb-Eintr 16.–21. Juni 1775: d 16. Abends bis Projeckte.

Bl 12 Rs: Tgb-Eintr 21.–22. Juni 1775: ab 35 Min auf 4. bis s-st. D.

Bl 15 Vs–15 Rs (seitenverkehrt quer beschrieben)

Bl 15 Rs: Entwürfe. Notizen: Doch mir stehn fest bis alber zu stellen

Bl 15 Vs: Entwürfe. Notizen. Bruchstücke: Und die ewig verderblihe bis sein selbst willen

Bl 16 Vs (Innenseite des hinteren Umschlagblattes): Eintragung: Thallaman Caspar Antonj Meyer bis Schiling


D:

WA III 1, 1–7, udT: Schweiz 1775.

19.] Siehe »Dichtung und Wahrheit«, Achtzehntes Buch (DuW 1, 614; WA I 29, 119).

Izenach] Gemeint: Vitznau.

Wirthsh. am See] Wohl zwischen Gersau und Brunnen am Vierwaldstätter See. Überliefert ist die Zeichnung »Wirtshaus am Vierwaldstätter See«, Bleistift, eigh Datierungs- und Lokalisierungsvermerk Goethes: 19 Jun 75 Wirthshaus am Vier Waldst. See (Corpus I, Nr 115).

Grüdli] Rütli.

wo die 3 Tellen schwuren] Der volkstümlichen Überlieferung nach trafen sich die Eidgenossen Walter Fürst, Werner Stauffacher und Arnold von Melchthal (nach späterer Überlieferung Arnold an der Halden) 1307 auf dem Rütli, um als Vertreter der Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden und als Verbündete Wilhelm Tells den »Ewigen Bund« von 1291 durch Schwur zu bekräftigen.

drauf an der Tellen Platte bis wo er den Apfel abschoss] In der chronologischen Reihenfolge der im »Tellenlied« (1633) geschilderten Vorgänge wurde Wilhelm Tell, weil er einem als Zeichen der österreichischen Hoheit aufgesteckten Hut die Reverenz verweigerte, von Landvogt Geßler gezwungen, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes mit dem Pfeil abzuschießen. Als Tell nach gelungenem Abschuß bekannte, beim Mißlingen hätte der zweite Pfeil den Landvogt getroffen, ließ dieser ihn gefangennehmen und bei Flüelen auf ein Schiff bringen, aus dem heraus Tell an der später so genannten Tellsplatte an Land sprang. – Siehe Brief an Charlotte Sophie Henriette Kestner, 19. Juni 1775 (WA IV 2, 268–269).

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 19.6.1775 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_0005.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 6 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. 379 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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