Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 1083
7. September 1784, Dienstag, Wendefurt

d. 7 Sept. von Elbingerode heraus Marmor, eine halbe Stunde davon nach der Susenburg zu am Dubborns Kopf der auch Marmor ist fande sich eine quarzige Gesteinart die weiter hin über Schnapphahns Grund häufiger vorkommt, es ist ein graulicher Quarz in den weise Quarzkörner eingesprengt sind (a) in dem nächsten Wäldgen scheint wieder Schiefer zu wechseln auf 1 der Susenburg steht dieses Gestein auf 2 dem Schiefer und sezt mit einem Rücken bis 3 an die Bude hinab, die mercklichen 4 Trennungen desselben streichen hor 7 und das Fallen der Bäncke ist gegen Abend. 5 Siehe die Zeichnung. Man hält diese Felsen gemeiniglich für die Mauern einer alten Burg. Das Gestein ist genauer zu untersuchen und zu beschreiben. Die Bude muß ihren Lauf an diesem festen Rücken ändern, da 6 sie vorher eine Bucht in den Thonschiefer gegraben hat. Obengedachtes Gestein ist fast ganz quarziger Mischung reiner Weiser Quarz in Gängen Klüfften 7 und ganz Klumpen durchsezt es und giebt ihm ein rauhes Ansehn.

Hinauf wärts den Fluß lincker Hand steht der merckwürdige Porphyr Fels. S. Zeichnung. Er hat in seiner Gestalt viel Granit ähnliches 8 nur sind weder die stehenden Klippen noch die abgestürzten, 9 so abgerundet wie beym Granit, vielmehr noch immer scharf eckig und bleiben es auch meist selbst im Flusse. Die Gesteinart selbst näher 10 zu bestimmen.

Am Fuse 11 der Susenburg steht ein schwärzl. Quarzgestein 12 mit weisl. Punckten das näher zu untersuchen.

Wahrscheinlich sind die Felsen rechts der Bude die ich nicht näher besehen konnte auch eine schiefrige Quarzart.

Die Bude hinab wechselt es immer daß der Schiefer Thoniger oder 13 14 Quarziger wird, sich mehr blattert, oder 13 14 springt.

Nach einem mühsam durchkletterten Wald-Abhange 15 eine 16 Porphir Art die der gesuchten ziemlich ähnlich ist, lincks in der Bude anstehend gefunden. (b)

Darauf folgt Marmor aus dem eine quarzige Klippe hervorsteht. überhaupt ist viel Quartz in diesem Kalck stein. Ohnfern davon ein Schiefer bruch, schwarz glänzend, sehr dünnblättrich aber auch 17 in’s unendliche rhombisch zerspringend. Gestein das sich gegen dem Rübeland zeigt auch porphyr artig. (c)

Unter Neu Werck eine viertelstunde trafen wir an der rechten Seite des Flusses das Gestein das wir suchten.

Es steht in sehr zerklüffteten Banken die hor 12 streichen, viel 18 ist zusammengestürzt, alles durchaus scharf kantig. – Weiter hin der Schiefer bruch am Kuhberge.

Ferner eine Thon art mit Kalckspat Punckten (e) – Ferner Eine Quarzige Gesteinart ist sehr flach liegenden Bänken. etwa 25 grad.

An dem Mühlgraben über Wendefurt eine Schiefer art sehr geschwungen und mit Quarz gängen 19 durchzogen. Man sieht daß die starcke Quarz Beymischung 20 schuld an der Unregelmäsigkeit 21 des Schiefers ist. 22

  1. wechseln auf > wechseln. Auf A  ↑
  2. aus > auf  ↑
  3. a → bis  ↑
  4. mercklichen > unendlichen J 2 in A  ↑
  5. abend > Abend  ↑
  6. a → da  ↑
  7. Gängen Klüfften > Gängen und Klüfften J 2 in A  ↑
  8. ähnlicheß > ähnliches  ↑
  9. abgerundeten → abgestürzten  ↑
  10. selbst näher > näher J 2 in A  ↑
  11. Fusen → Fuse  ↑
  12. schwärzl. Quarzgestein > schwärzlicher Quarzstein J 2 in A  ↑
  13. oder > und J 2 in A  ↑
  14. oder > und J 2 in A  ↑
  15. oder > und J 2 in A  ↑
  16. oder > und J 2 in A  ↑
  17. abhange > Abhange  ↑
  18. das Th → eine  ↑
  19. nach auch get sich  ↑
  20. w → viel  ↑
  21. gängen > ganz J 2 in A  ↑
  22. beymischung > Beymischung  ↑
  23. unregelmäsigkeit > Unregelmäsigkeit  ↑
  24. danach Rest des Blattes, ca drei Zeilen, unbeschrieben  ↑

H: UB Leipzig, Bibliotheca Albertina, Slg. Hirzel B 165


Das foliierte Tagebuch umfaßt fünf vergilbte gerippte Doppelblätter und ein halbiertes (ca 160 × 197 mm), jeweils Vs rechts oben eigenhändig paginiert (1–11). Es ist auf ganzer Blattbreite, nur links einen schmalen Rand lassend, eigenhändig mit brauner und schwarzer Tinte beschrieben; Bl 11 Rs ist unbeschrieben. Einzelne Korrekturen und Ergänzungen wurden mit Bleistift vorgenommen.

Innerhalb des Textes zwei Gesteinszeichnungen: auf Bl 2 Rs, 45 × 70 mm, Feder mit brauner Tinte (S. 145; nicht im Corpus); auf Bl 7 Vs, 30 × 50 mm, Feder mit schwarzer Tinte (S. 151; nicht im Corpus).



h: GSA 26/LVII,14


Es handelt sich um eine Abschrift von Johann August Friedrich John, angefertigt im Oktober 1820 (Tgb 5. Oktober 1820: Mundum der Harzreise von 1784.). Sie befindet sich in einem Umschlag von derberem, vergilbt grauem Konzeptpapier (ca 210 × 350 mm), der mit schwarzer und brauner Tinte von zwei verschiedenen Schreiberhänden beschriftet ist: »Mineralogie und Geologie / enthaltend / a. Geologische Reise v. J. 1784 durch / Thüringen. / b. Den Dornburger Schlossberg betr. / v. J. 1830.«

Die Abschrift besteht aus 6 Doppelbättern (Foliobögen) grauen gerippten Papiers, ca 195 × 320 mm. Jede Doppelblatthälfte ist auf der Vorderseite rechts oben paginiert (1–12). Die Blätter sind vertikal auf Mitte gebrochen und nur rechtshälftig beschrieben; die Zeichnungen aus der Vorlage blieben weg.

Goethe hat die Abschrift eigenhändig mit Bleistift durchkorrigiert. Tgb 7. Oktober 1820: Harzreise von 1784. Tagebuch derselben. Von seinen Korrekturen sind im Variantenverzeichnis diejenigen aufgeführt (mit der Sigle A), die Varianten gegenüber H darstellen, nicht aber diejenigen, die Versehen betreffen und nur den ursprünglichen Text wiederherstellen. Sonstige Varianten der Abschrift (orthographische Abweichungen und abweichende Abkürzungen Johns ausgenommen) werden mit dem Zusatz »J 2 in A« verzeichnet.



Notizen und Entwürfe zu H:

Sie sind beschrieben und gedruckt in LA II 7, 121–126 als Texte 55 (c), (d) und (e) sowie 56; vollständig und mit verbesserten Lesungen gegenüber WA II 9, 409.


D:

WA II 9, 155–168, udT: Geognostisches Tagebuch der Harzreise.

WA bietet eine Mischform von H und h, ohne die beiden Zeichnungen innerhalb des Textes; h ist außerdem berücksichtigt in den Lesarten, WA II 9, 367–371.

Marmor] Oberdevonischer Riffkalk.

Susenburg] Die Felsklippe aus unterdevonischem Quarzit wurde mit Bleistift gezeichnet von Goethe oder Kraus (Corpus V B, Nr 171 Vs; S. 70: »eher G. M. Kraus als Goethe«; von Goethe stammt der Lokalisierungs- und Datierungsvermerk: Susenburg 7. Sept. 84.) und von Kraus (LA I 2, Tafel IX, 1; Verzeichnis 1824, Nr 8).

(a)] Bezug nicht ermittelt; ebensowenig der der nachfolgenden eingeklammerten Buchstaben (b) bis (p).

Abend] Westen.

die Zeichnung] Wohl eine Zeichnung der Susenburg; siehe zu 151,2.

Porphyr Fels bis Granit ähnliches] Lasius (siehe zu 143,19) bemerkt (S. 158): »Nahe um Elbingerode findet sich eine sehr sonderbare Porphyrart, die ich porphyrartigen Sandstein nennen mögte, und die also wohl mit Recht den Namen Pseudoporphyr oder porphyrartiges Gestein verdient. 〈…〉 Auf den ersten Anblick sollte man es fast für einen Granit halten, aber diese Vermuthung wird bey genauerer Beleuchtung des Gesteins selbst, und besonders seiner Lagerstätte, gar bald verschwinden.«

Zeichnung] Nicht identifiziert.

des Flusses] Bode.

Gestein das wir suchten] Basaltisches Ganggestein.

ist] Wohl verschrieben für: in.

Schiefer art] Wissenbacher Schiefer des Mitteldevons.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 7.9.1784 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_1083.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 151–152 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. 562 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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