Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 1079
3. September 1784, Freitag, Brocken

d. 3. Sept. Von der Messingshütte 1 ab. den Arendsberg hinauf. Zuerst findet sich viel Geschiebe in der Dammerde. Wie wir in gewisse Höhe kamen lies ich mich durch die Angabe verführen als ob Schiefer und Granit abwechseln. Ich sah den Scheidungs Punckt nicht genau und sah balde 2 darauf daß der Berg aus einer Gesteinart bestehe die völlig quarzhafft ist, sich aber wie der Härtere 3 Schiefer Rhombisch und keilförmig trennt. No. 1. 4 Floz und Gang Klüffte 5 sind gleich 6 sichtbar. Das Streichen der Hauptklüffte konnte ich nicht recht unterscheiden. Es ist dieses Gestein gar sehr zerklüfftet und die kleinsten Ablosungen braun beschlagen, desswegen man es leicht für den Schiefer halten kann. Der Granit schien mir hier als verwitterter Sand von der Obern Höhe des Bergs herabgeschlemmt, ich konnte ihn nicht anstehn 7 finden. Auf einer Wiese, gegen das Kuhlager zu, wo sich das Gebürg wendet findet sich eine schwarzgrauliche Gesteinart No. 2. 8 der 9 ich keinen Nahmen geben mag. Sie schlägt am Stahle nicht Feuer und ist näher zu untersuchen. Den Weg weiter hin gegen den Sandbrincken steht diese Gestein Art fest im Wege an. 10

Klüffte hor 6 und 3.

Granit. Dann die Quarz art wieder.

Klüffte hor 9–10 durchschneidende 12 11

Oben auf dem Sandbrincken beym Eingang einer Hohle die lincke Seite anstehender Granit, die rechte schwarzraul. 12 Gestein. Auch an dessen seite Granit die Gränzen sehr verwittert

Uber dem Wildenplatz Drachthal. Das schwarze Gestein No 2 wenig verändert 13 nach 14 und nach geht es in den Jaspisschiefer über, die Lerchenköpfe hinauf kommt es wieder, sodann das Quarzige No 1. wieder das endlich in die Steinart der Hanskühnenburg übergeht. das auch wieder mit etwas thonigem abwechselt

das Eckerthal das den Quitschenberg und den kleinen Brocken scheidet streicht hor. 1.

Die Richtung welche die Klippen oben auf dem Brocken nehmen. ist hor 12. 15

  1. Messingshütte > Messinghütte A  ↑
  2. balde > bald J 2 in A  ↑
  3. K → Härtere  ↑
  4. No. 1. mit Bleistift erg, auch in A  ↑
  5. Floz und Gang Klüffte > Floz- und GangKlüffte A  ↑
  6. gleich > gleichfalls J 2 in A  ↑
  7. anstehn > anstehend A  ↑
  8. No. 2. mit Bleistift erg, fehlt in A  ↑
  9. von → der  ↑
  10. in festen Felsen Klippen an. > fest im Wege an.  ↑
  11. 11. > 12  ↑
  12. schwarzraul. > schwarz graulich J 2 in A  ↑
  13. sehr verand > wenig verändert  ↑
  14. verändert nach > verändert. Nach A  ↑
  15. ist hor 12. erg  ↑

H: UB Leipzig, Bibliotheca Albertina, Slg. Hirzel B 165


Das foliierte Tagebuch umfaßt fünf vergilbte gerippte Doppelblätter und ein halbiertes (ca 160 × 197 mm), jeweils Vs rechts oben eigenhändig paginiert (1–11). Es ist auf ganzer Blattbreite, nur links einen schmalen Rand lassend, eigenhändig mit brauner und schwarzer Tinte beschrieben; Bl 11 Rs ist unbeschrieben. Einzelne Korrekturen und Ergänzungen wurden mit Bleistift vorgenommen.

Innerhalb des Textes zwei Gesteinszeichnungen: auf Bl 2 Rs, 45 × 70 mm, Feder mit brauner Tinte (S. 145; nicht im Corpus); auf Bl 7 Vs, 30 × 50 mm, Feder mit schwarzer Tinte (S. 151; nicht im Corpus).



h: GSA 26/LVII,14


Es handelt sich um eine Abschrift von Johann August Friedrich John, angefertigt im Oktober 1820 (Tgb 5. Oktober 1820: Mundum der Harzreise von 1784.). Sie befindet sich in einem Umschlag von derberem, vergilbt grauem Konzeptpapier (ca 210 × 350 mm), der mit schwarzer und brauner Tinte von zwei verschiedenen Schreiberhänden beschriftet ist: »Mineralogie und Geologie / enthaltend / a. Geologische Reise v. J. 1784 durch / Thüringen. / b. Den Dornburger Schlossberg betr. / v. J. 1830.«

Die Abschrift besteht aus 6 Doppelbättern (Foliobögen) grauen gerippten Papiers, ca 195 × 320 mm. Jede Doppelblatthälfte ist auf der Vorderseite rechts oben paginiert (1–12). Die Blätter sind vertikal auf Mitte gebrochen und nur rechtshälftig beschrieben; die Zeichnungen aus der Vorlage blieben weg.

Goethe hat die Abschrift eigenhändig mit Bleistift durchkorrigiert. Tgb 7. Oktober 1820: Harzreise von 1784. Tagebuch derselben. Von seinen Korrekturen sind im Variantenverzeichnis diejenigen aufgeführt (mit der Sigle A), die Varianten gegenüber H darstellen, nicht aber diejenigen, die Versehen betreffen und nur den ursprünglichen Text wiederherstellen. Sonstige Varianten der Abschrift (orthographische Abweichungen und abweichende Abkürzungen Johns ausgenommen) werden mit dem Zusatz »J 2 in A« verzeichnet.



Notizen und Entwürfe zu H:

Sie sind beschrieben und gedruckt in LA II 7, 121–126 als Texte 55 (c), (d) und (e) sowie 56; vollständig und mit verbesserten Lesungen gegenüber WA II 9, 409.


D:

WA II 9, 155–168, udT: Geognostisches Tagebuch der Harzreise.

WA bietet eine Mischform von H und h, ohne die beiden Zeichnungen innerhalb des Textes; h ist außerdem berücksichtigt in den Lesarten, WA II 9, 367–371.

Geschiebe] Durch Gletscher oder Wasser losgerissene, fortbewegte und rundlich abgeschliffene Gesteinsstücke.

Dammerde] Humusartige Erdschicht über Fels und Gesteinen.

Berg] Adenberg.

No. 1.] Bezug nicht ermittelt.

No. 2.] Bezug nicht ermittelt.

Sandbrincken] Die Sandbrink-Klippen südwestlich des Brockens. Brink: Hügel.

Wildenplatz] Heute Wildenhagen.

Drachthal] Tragthal, heute Trogtal.

Steinart der Hanskühnenburg] Quarzit.

Quitschenberg] Granitklippen, gezeichnet von Goethe (Bleistiftskizze mit eigh Lokalisierungsvermerk: Auf dem Quitschenberg Granit; Corpus V B, Nr 167a) und von Kraus (LA I 2, Tafel XXIII, 1; Verzeichnis 1824, unter Buchstabe a). Quitsche: Eberesche.

auf dem Brocken] Übernachtung auf der Heinrichshöhe, unmittelbar südwestlich vom Großen Brocken. Eintrag ins Brocken-Fremdenbuch (S. 4; zitiert nach dem Original im Besitz des Goethe-Museums Düsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung):

Quis coelum posset nisi coeli munere nosse

Et reperire Deum nisi qui pars ipse Deorum est.

d. 4. Sept. 1784. Goethe.

Darunter, mit einem Abstand von etwa zwei Zeilen: »den 4 Sept: 1784. G M Kraus.« Goethe zitiert ein Distichon des römischen Schriftstellers Marcus Manilius (1. Jh nChr): »Wer kann den Himmel erkennen, gäbe nicht der Himmel selbst es ihm, / Und wer einen Gott finden, wenn er nicht zu den Göttern gehört?« (»Astronomica«, Buch II.)

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 3.9.1784 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_1079.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 146–147 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. 561 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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