Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 736
13. Juli 1779, Dienstag, Weimar

13 Ging Merck früh fort. und ich ritten herein. erzählte mir seine Unterred mit Knebeln. as bei . nach Tisch schrieb die Aphorismen an K. und ein Zettelgen an den Prinzen.

Gute Würckung auf mich von Mercks Gegenwart, sie hat mir nichts verschoben, nur wenige dürre Schaalen abgestreifft und im alten Guten mich befestigt. Durch Erinnerung des Vergangnen und seine Vorstellungs Art, mir meine Handlungen in einem wunderbaaren Spiegel gezeigt. da er der einzige Mensch ist der ganz erkennt 1 was ich thu und wie ich’s thu, 2 und es doch wieder anders sieht wie ich, von anderem Standort, so giebt das schöne Gewissheit.

Auch dünckt mich sey mein Stand mit Cronen fester und besser. Aber auch ausser dem Herzog ist niemand im Werden, die andern 3 sind fertig wie Dresselpuppen, wo hochstens noch der Anstrich fehlt.

  1. erz > erkennt  ↑
  2. thu. → thu,  ↑
  3. andern erg  ↑

H: GSA 27/5


Das Tagebuch ist von Goethe eigenhändig geschrieben. (Zusätze von fremder Hand siehe unten.) Die Eintragungen befinden sich auf Durchschußblättern (165/170 × 200/210 mm) und auf einem eingelegten, zweifach gefalteten Doppelblatt (185 × 280 mm) in einem vorgedruckten Kalender mit dem Titel: »Verbesserter / Calender 〈…〉 Auf das Jahr Christi / 1779. 〈…〉 Leipzig, / 〈…〉

Gotthelf Albrecht Friedrich Löper.« Vgl zu 1778.

Druckseiten des Kalenders: 62 (unpaginiert)

Durchschuß- und Einlageblätter insgesamt: 32

Beschriebene Blätter: 20


Der Kalender (175 × 210 mm) am Rücken eingebunden, der Rückeneinband (25 × 210 mm) aus gemustertem zinnoberrotem Kartonpapier. Auf dem Titelblatt achteckiges Titelschild mit der Aufschrift 1779 von Goethes Hand. Vorder- und Rückseite (Titelblatt und letzte Druckseite) stark vergilbt, tintenfleckig, stark abgegriffen. Die bedruckten Kalenderseiten aus holzhaltigem Druckpapier, die Durchschuß- und Einlageblätter zumeist aus stark vergilbtem Schreibpapier, die Ränder unbeschnitten, gewellt. Bl 17–20, 23–24 aus festem, leicht vergilbtem Schreibpapier, die Ränder beschnitten. Fadenheftung.


Zum Inhalt des »Calenders« 1779 siehe zu 1778.


Schreibmaterial und Zusätze von fremder Hand:

Schwarze, zum Teil ins Bräunliche verblaßte Tinte.

Einzeichnung runder Klammern, mit Bleistift (Kanzler von Müller?):

2. Januar: (Volgst. bis hoher Mond.)

13. Januar: Klammer nach die heilsamste Diät.

30. Januar: (Clauer bis bewundern.) (Die Geschichte bis vergessen.)

14. Februar: (Mit Friz bis gessen)

1.–9. März: (1. bis N. Robling Einfügungszeichen)

9.–11. März: (besehen bis allein)

12. März: (gedacht bis Saukram.)

13. März: (Glauers Arb. bis hübsch.)

14. März: (14. bis Gessen.)

14. Juli: (Machte bis nach Hause) spitze Klammer nach Kr. Casse

18.–20. Juli: (18) bis närrisch.)

25. Juli: (Meine Idee bis schmerzen mich.)

26. Juli: (Der Herzog bis von Erfurt.)

30.–31. Juli: (Projeckt bis imitirt.)

22. August: Klammer vor Zeichnete

26. August: (Er erzählte bis mit Knebeln.)

28.–30. August: (d. 28 bis und Nacht.)

3. September: (d. 3 bis im Garten,)

Korrekturen und Ergänzungen, mit Bleistift (Kanzler von Müller?):

5. Januar: nach und nach Punkt ergänzt; nach korr zu »Nach«; im Leerraum nach auf weniges eingefügt: »vom 6.–10.«

10. Januar: nach Verhältnisse, sind und benuzen Komma ergänzt; Endets korr zu »Endet’s«

13. Januar: Gotter korr zu »Götter«

30. Januar: nach 30 Punkt ergänzt

1. Februar: nach Fr. senkrechter Strich ergänzt

Auf den beschriebenen Durchschußblättern Bleistiftpaginierung von unbekannter Hand jeweils Vs rechts bzw Rs links oben.

Bleistiftvermerke: auf dem Titelblatt rechts oben »26 Bl.« (»26« korrigiert aus »20«), rechts unten der Signaturvermerk »5«, auf Bl 5 Vs rechts unten »(Tagebuch 1779, März)«, auf Bl 6 Vs rechts oben »a«.


Zählung und Anordnung der Handschrift:

Bl 1–2 (zwischen Ks 6 und 7):

Tgb-Eintr Januar

Bl 3–4 (zwischen Ks 8 und 9)

Bl 3 und 4 Rs:

Tgb-Eintr Februar

Bl 4 Vs leer

Bl 5–6 (zwischen Ks 10 und Bl 7 eingelegtes Doppelbl)

Bl 5 leer

Bl 6 Vs:

Tgb-Eintr März: Dornb. 79

Bl 6 Rs:

Tgb-Eintr März: Apolda.

Bl 7–8 (zwischen Ks 10 und 11)

Bl 7 Vs–8 Vs:

Tgb-Eintr März

Bl 8 Rs leer

Bl 9–10 (zwischen Ks 12 und 13)

Bl 9 Vs und 10 Vs:

Tgb-Eintr April

Bl 9 Rs und 10 Rs leer

Bl 11–12 (zwischen Ks 14 und 15)

Bl 11:

Tgb-Eintr Mai

Bl 12 leer

Bl 13–14 (zwischen Ks 16 und 17)

Bl 13:

Tgb-Eintr Juni

Bl 14 leer

Bl 15–20 (zwischen Ks 18 und 19)

Bl 15 Vs–18 Vs:

Tgb-Eintr Juli

Bl 18 Rs–20 leer

Bl 21–24 (zwischen Ks 20 und 21)

Bl 21 Vs–24 Vs:

Tgb-Eintr August

Bl 24 Rs leer

Bl 25–26 (zwischen Ks 22 und 23)

Bl 25:

Tgb-Eintr September

Bl 26 leer

Bl 27–28 (zwischen Ks 24 und 25) leer

Bl 29–30 (zwischen Ks 26 und 27) leer

Bl 31–32 (zwischen Ks 28 und 29) leer


D:

Friedrich Wilhelm Riemer: Mitteilungen über Goethe. Aus mündlichen und schriftlichen, gedruckten und ungedruckten Quellen. Bd 2. Berlin 1841. S. 79–100 passim (Auszüge) Carl August Hugo Burkhardt: Goethe’s Tagebuch 1779. In: Die Grenzboten 33 (1874), 2. Semester, 3. Bd, Nr 27. S. 18–26 (Auszüge)

Robert Keil: Goethe’s Tagebuch aus den Jahren 1776–1782. Leipzig 1875. S. 175–203 WA III 1, 76–98, udT: 1779.

Ging Merck früh fort] Johann Heinrich Merck hielt sich vom 31. Mai bis 12./13. Juli 1779 in Ettersburg und Weimar auf. Siehe Merck an Christoph Friedrich Nicolai, 1. August 1779 (BG 2, 124). Siehe Johann Heinrich Merck, Reisetagebuch, 13. Juli 1779 (BG 2, 125): »Er [Merck] hatte die fünf Wochen über sichs herzlich wohl sein lassen 〈…〉. Es war ihm auch ein grausames Herz schuld gegeben, wie er so mit kaltem Blute, einige sagen mit innigem Vergnügen, einige Executionen mit beygewohnt 〈…〉«; vgl Merck an Carl August, 18. Mai 1784 (BG 2, 126). Im Sommer 1779 vollzog Goethe die öffentliche Verdammung und Annagelung von Friedrich Heinrich Jacobis Roman »Woldemar. Eine Seltenheit aus der Naturgeschichte. Erster Band« (1779). – Siehe Merck an Anna Amalia, 2. Januar 1780 (BG 2, 125): »Bey seiner Ministerschafft in Weimar ist er ⟨Goethe⟩ mir vergangnen Sommer offt mit einer Trokenheit und Kälte begegnet, als ob ich aus seinem alten Freunde ein Subalterner Diener und ein Supplicant ⟨Bittsteller⟩ geworden wäre.« Vgl Merck an Wieland, Ende Januar 1780 (WB 7.1, 258).

herein] Nach Weimar.

Unterred mit Knebeln] Karl Ludwig von Knebel war Erzieher, Vertrauter und Haushaltsverwalter des Prinzen Constantin. Der Prinz wurde am 8. September 1779 volljährig. Siehe die Erläuterung zu 14. Februar 1778 und die zweite Erläuterung zu 14. Juli 1779.

Aphorismen an K.] Nicht überlieferte Sendung an Karl Ludwig von Knebel, Äußerung in aphoristischer Form wohl über Constantin.

Zettelgen an den Prinzen] Nicht überlieferte Sendung an Prinz Constantin.

Mercks Gegenwart] Johann Heinrich Merck weilte vom 31. Mai bis 12./13. Juli 1779 in Ettersburg und Weimar.

dürre Schaalen] Bildlich für Erinnertes; siehe Tgb 7. August 1779.

Stand mit Cronen] Siehe Tgb 10. Januar 1779.

Dresselpuppen] Gedrechselte Puppen, Holzpuppen.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 13.7.1779 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_0736.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 81–82 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. 481–482 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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