Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 9
Von Johann Kaspar Lavater

14. August 1773, Zürich

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Wenn ich Herrn Hofrat Deinet recht verstanden
habe, so empfange ich durch Ihn von Ihnen, mein
verehrenswürdiger Herr Doctor, den Götz mit der
eisernen Hand. Sie werden sich vorstellen, mit
welcher Freüde ich dieß Merkmal Ihrer Gütigkeit
von Ihnen empfangen und – – verschlungen
habe. Gewiß nicht den Zwanzigsten Theil von dem,
was ich Ihnen sagen mögte, darf ich Ihnen sagen, um
nicht das Ansehen zu haben, daß ich Ihnen schmeicheln
wolle, welches doch gewiß meine Sache nicht ist.


Es ist eine traurige Sache, daß Menschen – Menschen
nicht sagen dürfen, was sie denken.


Ich darf die Bitten nicht unmittelbar wiederhohlen,
die Herr Hofrath, bereits in meinem Namen an
dieselben gethan hat, und dennoch .... die Gefällig-
keit ist viel größer, als Sie sichs vorstellen können.


.... Thun Sie, was Ihr gutes Herze Sie thun heißt.
     Freüdenmachen – sollte Ihnen doch so schwer
nicht ankommen.


Ich will nichts beyfügen als: Schreiben Sie, was
Sie immer schreiben wollen. Sie werden immer der | 2 |
Einzige in Ihrer Art seyn; immer – unaussprechlich
viel nützen, und, unter allen Ihren Lesern, keinen
aufmerksamern, keinen wärmern haben, als mich.


   
    Johann Caspar Lavater


S: Zentralbibliothek Zürich  D: Briefe HA Nr. 5  B: -  A: -  V: Abschrift 

Dank für den über J. K. Deinet von G. erhaltenen "Götz von Berlichingen". Gewiß nicht den Zwanzigsten Theil von dem, was ich Ihnen sagen mögte, darf ich Ihnen sagen [...]. - Hinweis auf seine bereits durch Deinet vermittelte Bitte (um G.s Bildnissilhouette und/oder um eine Zeichnung vom Profil des Christuskopfes nach G.s Vorstellung). Thun Sie, was Ihr gutes Herze Sie thun heißt. - Schreiben Sie, was Sie immer schreiben wollen. Sie werden [...] keinen aufmerksamern, keinen wärmern Leser haben, als mich.

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 Wenn ich Herrn Hofrat Deinet recht verstanden habe, so empfange ich durch Ihn von Ihnen, mein verehrenswürdiger Herr Doctor, den Götz mit der eisernen Hand. Sie werden sich vorstellen, mit welcher Freüde ich dieß Merkmal Ihrer Gütigkeit von Ihnen empfangen und – – verschlungen habe. Gewiß nicht den Zwanzigsten Theil von dem, was ich Ihnen sagen mögte, darf ich Ihnen sagen, um nicht das Ansehen zu haben, daß ich Ihnen schmeicheln wolle, welches doch gewiß meine Sache nicht ist.

 Es ist eine traurige Sache, daß Menschen – Menschen nicht sagen dürfen, was sie denken.

 Ich darf die Bitten nicht unmittelbar wiederhohlen, die Herr Hofrath, bereits in meinem Namen an dieselben gethan hat, und dennoch .... die Gefälligkeit ist viel größer, als Sie sichs vorstellen können.

 .... Thun Sie, was Ihr gutes Herze Sie thun heißt.    Freüdenmachen – sollte Ihnen doch so schwer nicht ankommen.

 Ich will nichts beyfügen als: Schreiben Sie, was Sie immer schreiben wollen. Sie werden immer der| 2 | Einzige in Ihrer Art seyn; immer – unaussprechlich viel nützen, und, unter allen Ihren Lesern, keinen aufmerksamern, keinen wärmern haben, als mich.

    Johann Caspar Lavater

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 9, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0009_00010.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 9.

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