BuG: BuG I, A 30
Frankfurt 5. 4. 1764

Dichtung und Wahrheit V (WA I 26, 339)

Frankfurt 5. 4. 1764

Der Hausfreund hatte mir geboten auf meinem Zimmer zu bleiben und mit niemand mein Geschäft zu pflegen, außer den Unsrigen. Es war mir ganz recht, denn ich befand mich am liebsten allein. Meine Mutter und Schwester besuchten mich von Zeit zu Zeit, und ermangelten nicht mir mit allerlei gutem Trost auf das kräftigste beizustehen; ja sie kamen sogar schon den zweiten Tag, im Namen des nun besser unterrichteten Vaters mir eine völlige Amnestie anzubieten, die ich zwar dankbar annahm, allein den Antrag, daß ich mit ihm ausgehen und die Reichsinsignien, welche man nunmehr den Neugierigen vorzeigte, beschauen sollte, hartnäckig ablehnte, und versicherte, daß ich weder von der Welt, noch von dem Römischen Reiche etwas weiter wissen wolle, bis mir bekannt geworden, wie jener verdrießliche Handel, der für mich weiter keine Folgen haben würde, für meine armen Bekannten ausgegangen. Sie wußten hierüber selbst nichts zu sagen und ließen mich allein. Doch machte man die folgenden Tage noch einige Versuche, mich aus dem Hause und zur Theilnahme an den öffentlichen Feierlichkeiten zu bewegen. Vergebens! weder der große Galatag, noch was bei Gelegenheit so vieler Standeserhöhungen vorfiel, noch die öffentliche Tafel des Kaisers und Königs, nichts konnte mich rühren.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0030 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0030.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 52 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

Zurück zum Seitenanfang