BuG: BuG I, A 669
Stützerbach/Ilmenau 5. 8. 1776

Tagebuch 5. 8. 1776 (WA III 1, 18)

Stützerbach, Ilmenau 5. 8. 1776

Gekegelt. Ober Marsch[all von Witzleben] kam. Berbisdorf as mit ... Abends die Stein.

An Charlotte v. Stein 23. 2. 1784 (WA IV 6, 246)

Stützerbach, Ilmenau 5. 8. 1776

Ich bin in der Stube wo du mir ehmals mit dem zahmen Vogelgen begegnetest.

Die Leiden des jungen Werther (Zweite Fassung WA I 19, 120)

Stützerbach, Ilmenau 5. 8. 1776

Sie war einige Tage verreis’t, Alberten abzuholen. Heute trat ich in ihre Stube, sie kam mir entgegen und ich küßte ihre Hand mit tausend Freuden.

Ein Canarienvogel flog von dem Spiegel ihr auf die Schulter. – Einen neuen Freund, sagte sie und lockte ihn auf ihre Hand, er ist meinen Kleinen zugedacht. Er thut gar zu lieb! Sehen Sie ihn! Wenn ich ihm Brot gebe, flattert er mit den Flügeln und pickt so artig. Er küßt mich auch, sehen Sie!

Als sie dem Thierchen den Mund hinhielt, drückte es sich so lieblich in die süßen Lippen, als wenn es die Seligkeit hätte fühlen können, die es genoß.

Er soll Sie auch küssen, sagte sie, und reichte den Vogel herüber. – Das Schnäbelchen machte den Weg von ihrem Munde zu dem meinigen, und die pickende Berührung war wie ein Hauch, eine Ahnung liebevollen Genusses.

Sein Kuß, sagte ich, ist nicht ganz ohne Begierde, er sucht Nahrung und kehrt unbefriedigt von der leeren Liebkosung zurück.

Er ißt mir auch aus dem Munde, sagte sie. – Sie reichte ihm einige Brosamen mit ihren Lippen, aus denen die Freuden unschuldig theilnehmender Liebe in aller Wonne lächelten.

Ich kehrte das Gesicht weg. Sie sollte es nicht thun! sollte nicht meine Einbildungskraft mit diesen Bildern himmlischer Unschuld und Seligkeit reizen und mein Herz aus dem Schlafe, in den es manchmal die Gleichgültigkeit des Lebens wiegt, nicht wecken! – Und warum nicht? – Sie traut mir so! sie weiß, wie ich sie liebe!

An J. F. v. Fritsch 5. 8. 1776 (WA IV 3, 92)

Stützerbach, Ilmenau 5. 8. 1776

Es war Ihro Durchlaucht des Herzogs eigenster Gedancke, da er fühlte, sich noch sobald von den Wäldern nicht losmachen zu können, dass auch Sie lieber Herr Geheimderath der guten Jahrszeit geniesen mögten. Er lässt Ihnen also mit dem gnädigsten ad petita, eine glückliche Reise und frohe Brunnenkur anwünschen, und hofft Sie frisch und zufrieden wiederzusehen.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0669 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0669.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 448 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

Zurück zum Seitenanfang