BuG: BuG I, A 761
Weimar vor 12. 11. 1776

Wieland an Bürger 12. 11. 1776 (Strodtmann 1, 355)

B2 162

Weimar vor 12. 11. 1776

Ihr Brief über Homer in Jamben ist im October des T[eutschen] M[erkur] und also schon vor 14 Tagen abgedruckt. Er hat Herders, Göthe’s und meinen völligsten Beyfall ... Die kleine Abänderung in der Aufschrift, und die Substitution des Buchstabens A. an die Stelle meines Nahmens, fand unser Freund Göthe nöthig um Ihrent und Meinetwillen. Ich hoffe Sie werden Ihm hierinn Beyfall geben.

Daß Graf Leopold Stollberg den Homer auch übersetzen, in Hexameter übersetzen will, soll sich Bürger nicht kümmern lassen, sondern seinen edeln mannhaften trutzsen Gang fortgehen – sagen seine Freunde zu Weimar einmüthig. Wir wollen die Leopoldische Probe sehen – aber sie falle aus wie sie wolle, Sie ... sollen Ihre jambische Übersetzung vollenden! So wie wir solche aus den mitgetheilten Rhapsodien kennen und ahnden, so wie die Ilias aus Ihrem Geist, in dem Homer sich so klar abspiegelt, durch das medium ihrer starken, kräftigen, ächtteutschen Heldensprache, reflectirt werden wird, wird Ihr teutscher Homer immer verdienstlich um die Nation und dauerndes Monument, ja classisches Buch für unsre Sprache seyn und bleiben ... Wenn es Ihnen für den Moment zu einiger Freude seyn kan, daß Ihre hiesige Freunde – und brauch’ ich Ihnen unsern, nun auch ganz meinen Herder, und unsern Göthe zu nennen? – mit warmen Eyfer sich für Ihre Übersetzung interessiren, so versichere ich Sie dessen hiemit aus vollem Herzen.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0761 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0761.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 462 f. (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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