An J. Chr. Kestner 10. 11. 1772 (WA IV 2, 34)
Wetzlar, Friedberg 9./10. 11. 1772
Gestern Abend war ich noch bey euch und ietzo siz ich im leidigen Friedberg und harre auf einen Steindecker, mit dem ich die Reparatur meines verwünschten Schlosses akkordiren will ... Ich wollte ich hätte gestern Abend förmlich Abschied genommen, es war eben so viel und ich kam um einen Kuss zu kurz, den sie mir nicht hätte versagen können. Fast wär ich heute früh noch hingegangen, S[chlosser] hielt mich ab, dafür spiel ich ihm nächstens einen Streich, denn ich will doch nicht allein leiden. Gewiss Kestner es war Zeit dass ich ging. Gestern Abend hatt ich rechte hängerliche und hängenswehrte Gedancken, auf dem Canapee – –
Der Steindecker war da und ich binn so weit als vor her ... Schlosser kommt eben von einer Ambassade wieder, die Liebe giebt ihm die Protokolle ein, er inquirirte in die innersten Höllenwinckel, inzwischen bleibt alles wies ist, und wir richten mit lauffen und treiben grade so viel aus, dass wir einer ansehnlichen Visitations Deputation nicht den Rang ablaufen.