BuG: BuG II, A 735
Lac de Joux - Nyon 25. 10. 1779

An Charlotte v. Stein 25. 10. 1779 (WA IV 4, 95)

Le Brassus, Dent de Vaulion 25. 10. 1779

Wir haben heute einen delizieusen Tag gehabt, die Tour vom Thal zu machen, auf die Dent de Vaulion zu steigen und uns von da in alle Welt umzusehen.

An Charlotte v. Stein 28. 10. 1779 (WA IV 4, 100)

Le Brassus, Le Sentier, Le Lieu, Le Pont, Dent de Vaulion 25. 10. 1779

Den 25. Morgens ... gegen achte ritten wir ab ... Das erste [Dorf], wodurch wir kamen, war le sentier. Wir sahen von weitem die dent du vaulion, über einem Nebel der auf dem See stand hervorsehen, das Thal wird breiter, wir kamen hinter einen Felsgrat, der uns den See verdekte, durch ein ander Dorf le lieu genannt ... Das Wetter klärte sich völlig auf und wir kamen gegen den Fus der dent de vaulion und trafen hier an’s nördliche Ende des grossen Sees ... An dem westlichen Ende ist eine merkwürdige Mühle ... das Wasser läuft durch Schleussen auf die Räder, es stürzt sich von da in Felsrizen, wo es eingeschlukt wird und erst eine Stunde von da in Valorbe hervorkommt, wo es wieder den Namen des Orbeflusses führet. Diese Abzüge, (entonnoirs) müssen rein gehalten werden, sonst würde der See steigen, die Kluft wieder ausfüllen und über die Mühle weggehen, wie es schon mehr geschehen ist, sie waren stark in der Arbeit begriffen, den morschen Kalchfelsen, theils wegzuschaffen, theils zu befestigen. Wir ritten zurük über die Brüke nach Pont, nahmen einen Weegweiser auf la dent ... Im Aufsteigen wurde von der grossen Streke Landes und den Herrschaften die man oben unterscheiden könnte, gesprochen und in solchen Gedancken betraten wir den Gipfel [Dt. de Vaulion] ... Gegen viere langten wir in unserm Wirthshaus an, und fanden ein Essen, wovon uns die Wirthin versicherte, dass es um Mittag gut gewesen sei, aber auch übergar treflich schmekte.

Dass ich noch einiges, wie man mir es erzählt, hinzufüge. Wie ich eben erwähnte, soll ehedem das Thal an Mönche gehört haben, die es denn wieder vereinzelt, und zu Zeiten der Reformation mit den übrigen ausgetrieben worden, iezo gehört es zum Canton Bern und sind die Gebürge umher die Holzkammer von dem païs de vaud. Die meisten Hölzer sind Privatbesizungen, werden unter Aufsicht geschlagen und so ins Land gefahren. Auch werden hier die Dauben zu fichtenen Fässern geschnitten, Eimer, Bottge und allerlei hölzerne Gefäse verfertiget. Die Leute sind gut gebildet und gesittet, neben dem Holzverkauf treiben sie die Viehzucht, sie haben kleines Vieh und machen gute Käse, sie sind geschäftig und ein Erdschollen ist ihnen viel werth, wir fanden einen, der die wenige aus einem Gräbgen aufgeworfene Erde mit Pferd und Karren in einige Vertiefungen eben der Wiese führte, die Steine legen sie sorgfältig zusammen und bringen sie auf kleine Haufen. Es sind viele Steinschleifer hier, die für Genfer und andere Kaufleute arbeiten, womit auch die Frauen und Kinder sich beschäftigen ... Über alles ... muss man die schöne Weege preissen, für die, in diesen entfernten Gegenden, der Stand Bern, wie durch den ganzen übrigen Canton sorgt.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_0735 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_0735.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 162 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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