BuG: BuG II, A 2521
Irrtümliches und Zweifelhaftes 13. 9. 1782

W. Bode (Bode3 S. 162)

13. 9. 1782

Prinz August von Gotha, der jüngere Bruder des Herzogs Ernst, kam oft und gern nach Weimar; er liebte den Verkehr mit Herder, Wieland und Goethe, die dann auch ihrerseits ihm einen guten Tag einrichteten. Einmal bereitete Goethe ein Mittag- oder Abendessen vor, zu dem er den Prinzen und mehrere muntere Damen der Gesellschaft laden wollte.

„Morgen führe ich die Mädchen an und den Prinzen dazu,“ schrieb er seiner Freundin v. Stein; „wenn’s gelingt, gibt’s eine Geschichte auf Zeitlebens.“

Das Essen fand im Zeughause statt, wo an den Wänden die alten Ritterrüstungen aufgestellt waren. Als man anfing, recht fröhlich zu werden, hörte der Prinz ein Rasseln hinter sich; erstaunt blickte er um sich – es war wohl eine Täuschung gewesen. Dann schrie eine der Fräulein auf: jener Ritter dort drüben habe sich bewegt! Sogleich ertönte ein Husten aus einer andern Ecke, aus einem Harnisch und Visier heraus. Und nun klappte ein vierter Eisenmann sein Visier auf, stieg heraus und sprach: „Die Herrschaften werden entschuldigen ...“

Goethe hatte vier Soldaten in diese Rüstungen gesteckt; sie mußten sich mausestill verhalten, bis er ihnen das Zeichen gab, das sie zum Leben erweckte.


Da Bode als Quelle nur Goethes Brief an Charlotte v. Stein nennt, ist die Anekdote vermutlich aus diesem und der derauf bezüglichen Anmerkung F. v. Steins (vgl. Zeugnis zum 13. 9. 1782) herausgesponnen. So allein lassen sich die Abweichungen der beiden hier abgedruckten Fassungen erklären.

W. Bode (Bode4 5, 133)

13. 9. 1782

Einmal lud er ihn [Prinz August v. Gotha] und mehrere Andere, besonders junge Damen, zu einem Frühstück im Zeughause ein. An den sonderbarsten Stellen Mahlzeiten einzunehmen, gehörte ja zum höfischen Zeitvertreib: warum nicht einmal inmitten der aufgestellten Ritter-Rüstungen? Der Spaß aber, auf den es Goethe abgesehen hatte und der auch nicht ausblieb, war dieser: während man aß, bemerkte Jemand, daß sich einer der Gepanzerten ein wenig bewegte, und schrie auf: Man kann sich das Weitere denken. Goethe hatte in eine Rüstung einen Kerl gesteckt, der sich zuweilen bewegen und dann wieder mäuschenstill halten mußte. Vielleicht waren es auch mehrere belebte Eisenmänner an verschiedenen Stellen des halbdunkeln Saals. „Morgen führe ich die Mädchen an und den Prinzen dazu“ schrieb er am 12ten September an Frau von Stein; „wenn’s gelingt, gibt’s eine Geschichte auf Zeitlebens“.


Da Bode als Quelle nur Goethes Brief an Charlotte v. Stein nennt, ist die Anekdote vermutlich aus diesem und der darauf bezüglichen Anmerkung F. v. Steins (vgl. Zeugnis zum 13. 9. 1782) herausgesponnen. So allein lassen sich die Abweichungen der beiden hier abgedruckten Fassungen erklären.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_2521 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_2521.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 565 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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