BuG: BuG II, A 449
Weimar 22. 8. 1778

An F. H. v. Einsiedel o. Dat. (WA IV 3, 245)

Weimar 22. 8. (?) 1778

Heute früh als ich eben nach Tiefurt schicken wollte kam der Bediente der Herzoginn, der mich dahin einlud. Ich entschuldigte mich und trug dem Bedienten auf meine Einladung auf heute Abend zu übernehmen.

Wieland an Merck 27. 8. 1778 (Wagner2 S. 158)

B2 189

Weimar 22. 8. 1778

Verwichenen Sonnabend fuhren wir zu Göthen, der die Herzogin auf den Abend in seinen Garten eingeladen hatte, um sie mit allen den Poëmen, die er in ihrer Abwesenheit an den Ufern der Ilm zu Stande gebracht, zu regalieren. Wir speiseten in einer gar holden kleinen Einsideley, und da fand sich, daß casu quodam der siebente Stuhl an einer Tafelrunde, woran wir saßen, leer war. Dies brachte in allen einmüthig den Wunsch hervor, daß es der deinige seyn möchte; und da wir denn doch nicht Enthusiasten genug sind, uns einzubilden, daß du würklich dasitzest, so thaten wir uns, jedes nach seiner Weise, desto mehr mit der Erinnerung der Tage und Stunden, die wir mit dir gelebt hatten, und mit der Hoffnung, daß du mit der Frau Aja kommenden Winter oder Frühling zu uns kommen werdest, eine Güte. Göthen besonders wurde gar wohl um’s Herz, die Herzogin so von dir reden zu hören, wie Eine, die den Werth der ganzen Total-Summe deiner Individualität fühlt. Wir tranken auf deine und Frau Ajas und Freund Bölling, des Kornhändlers, Gesundheit eine Flasche Johannisberger 60er aus, und wie wir nun aufgestanden waren und die Thüre öfneten, siehe, da stellte sich uns, durch geheime Anstalt des Archi-Magus, ein Anblick dar, der mehr einer realisirten dichterischen vision als einer Naturscene ähnlich sah. Das ganze Ufer der Ilm, ganz in Rembrands Geschmack, beleuchtet – ein wunderbares Zaubergemisch von Hell und Dunkel, das im Ganzen einen Effect machte, der über allen Ausdruck geht. Die Herzogin war davon entzückt, wie wir alle. Als wir die kleine Treppe der Einsideley herabstiegen und zwischen den Felsenstücken und Buschwerken längs der Ilm gegen die Brücke, die diesen Plaz mit einer Ecke des Sterns verbindet, hingiengen, zerfiel die ganze Vision nach und nach in eine Menge kleiner Rembrandtischer Nachtstücke, die man ewig hätte vor sich sehen mögen, und die nun durch die dazwischen herumwandelnden Personen ein Leben und ein Wunderbares bekamen, das für meine poetische Wenigkeit gar was Herrliches war. Ich hätte Göthen vor Liebe fressen mögen.

Anna Amalia an Elisabeth Goethe 29. 8. 1778 (Keil1 S. 114)

Weimar 22. 8. 1778

Die lezt verfloßene Woche hat der Herr Docter Wolff mir ein Soupée im Stern gegeben wo die neuen Anlagen gemacht sind welche gar lieblich und herlich sind; nach den Abend Eßen wahr eine kleine Illumination ganz in dem Rembranschen geschmack veranstaltet wo nichts als licht und Schatten würkte; Wieland, Einsiedel, die Stein und Thusel [Luise v. Göchhausen] genoßen es mit es wahr ein vergnügter guter Abend für uns.

Literaturverweis/Erläuterung

Weimar 22. 8. 1778

Session; vgl. AS 1, LXXII

An F. H. v. Einsiedel 21. 8. 1778 (WA IV 3, 219; Vulpius, JbGG NF 27, 146)

Weimar 22. 8. 1778

Ich wünsche dass du es einrichtest dass ihr morgen Abend nach Sechsen zu mir in Garten kommt. Nachher wollt’ ich der Herzoginn die Spässe drüben über dem Stern gradatim zeigen.

An F. H. v. Einsiedel o. Dat. (WA IV 3, 244)

Weimar 22. 8. 1778

Sage der Herzoginn wenn sie einen dieser Abende wollte das niedrige Thal mit ihrer Gegenwart beglücken, würden die Geister desselben sie aus allen Büschen heraus tubend bewillkommen ... Wäre Wieland bey euch so brächtet ihr ihn mit.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_0449 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_0449.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 94 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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