BuG: BuG II, A 403
Potsdam - Berlin - Potsdam 16./20. 5. 1778

An Charlotte v. Stein 19. 5. 1778 (WA IV 3, 225)

Berlin 16./20. 5. 1778

So viel kann ich sagen ie gröser die Welt desto garstiger wird die Farce und ich schwöre, keine Zote und Eseley der Hanswurstiaden ist so eckelhafft als das Wesen der Grosen Mittlern und Kleinen durch einander.

An Merck 5. 8. 1778 (WA IV 3, 239)

Berlin 16./20. 5. 1778

Dem alten Fritz bin ich recht nah worden, da ich hab sein Wesen gesehn, sein Gold, Silber, Marmor, Affen, Papageien und zerrissene Vorhänge, und hab über den großen Menschen seine eignen Lumpenhunde räsonniren hören. Einen großen Theil von Prinz Heinrichs Armee, den wir passirt sind, Manoeuvres und die Gestalten der Generale, die ich hab halb dutzendweis bei Tisch gegenüber gehabt, machen mich auch bei dem jetzigen Kriege gegenwärtiger. Mit Menschen hab ich sonst gar Nichts zu verkehren gehabt und hab in preußischen Staaten kein laut Wort hervorgebracht, das sie nicht könnten drucken lassen. Dafür ich gelegentlich als stolz etc. ausgeschrieen bin.

J. G. Forster an F. H. Jacobi 23. 4. 1779 (Huber2 1, 204)

Berlin 16./20. 5. 1778

Das sonderbarste ist, daß die Berliner durchaus diese Biegsamkeit des Charakters (wodurch der Mensch so leicht zum Schurken und Spitzbuben wird) von einem Fremden fordern. Was Wunder also, daß Göthe dort so sehr allgemein mißfallen hat, und seinerseits mit der verdorbenen Brut so unzufrieden gewesen ist!

F. Münter, Tagebuch 1. 9. 1782 (Andreasen 2, 44)

Berlin 16./20. 5. 1778

[In Berlin] Zu Prof[essor] Engel ... von Göthe. er hat gesagt in Berlin sein keine Kraftleute. Engel sagte ein Unterofficier hätte ihn das besser gelehrt.

Gleim an Caroline Herder 14. 2. 1787 (Düntzer7 1, 128)

B2 187

Berlin 16./20. 5. 1778

Wer, um Gotteswillen, beste Schwester, hat das einzige Berlin ... wer ... hat so garstig von Berlin mit Ihnen gesprochen? Wars Goethe, so hat er sich gröblich versündigt; denn er urtheilte nicht unparteiisch. Den Berlinern kam er stolz vor, und wurde deswegen nicht eben überall gut aufgenommen. Sie wissen, daß er einst mir auch so vorkam. Also mögen die Berliner nicht ganz unrecht haben.

J. E. Graf v. Goertz an Caroline Gräfin v. Goertz 22. 5. 1778 (GRFA)

Berlin 16./20. 5. 1778

Il est singulier comme le D[uc] a reussi auprès des P[rince]sses tant aupres de la Reine, que surtout la P[rinces]se Amelie, laquelle surem[ent] en fera les eloges au Roi. Je suis curieux quel effet cela fera. Chez les hommes et les autres femmes il n’a pas autant reussi. Il s’est trouvé encore des folles qui ont été coeffes de G. En revanche celui là est tombé a plat chez les hommes, et il a eu le dernier jour une leçon laquelle Vous fera rire, mais n’en parlés pas a W[eimar] pas meme a la C[omte]sse [Gianini] car on ne peut etre trop circonspect.

Varnhagen, Gespräche mit Goethe von J. P. Eckermann (Varnhagen5 1, 495)

B2 2121a

Berlin 16./20. 5. 1778

Die Fürstin [von Hohenzollern] fragte ihn [1823], ob er denn noch nicht in Berlin gewesen sei? Er verneinte es. Nachher war aber von Wilhelm von Humboldt die Rede und von seiner jetzt sehr verschönerten Besitzung in Tegel: „Ach ja, meinte Goethe, da haben wir einst einen frohen Tag verlebt.“ Die Fürstin rief aus: „So? da waren Sie denn doch wohl auch in Berlin?“ worauf Goethe ganz gelassen und lächelnd erwiederte: „Da sehen Sie, wie man sich doch zuweilen verschnappt!“ Er wurde dann aber sehr ernst, und brach das Gespräch ab; man sah wohl, daß er an jene Anwesenheit nicht erinnert sein wollte. – Er war allerdings in früherer Zeit in Berlin, wohin er den Herzog begleitet hatte ... Friedrich der Große jedoch wollte von ihm nichts wissen und sprach auch gar nicht mit ihm, weil er ihn als Verfasser des Werther und des Götz von Berlichingen nur für einen Förderer des Ungeschmacks hielt. Die Gelehrten aber zu besuchen, fiel Göthe’n gar nicht ein; was hätte er mit den Nicolai, Ramler, Engel, Zöllner, Gedike, Erman, Castilhon, und so weiter, für Gespräch und Ausbeute haben können? ... Humboldt besuchte er in Tegel, aber dieser war noch ein junger Mann, und zählte noch nicht unter die Notabilitäten. Diese aber, in ihrem Stolze gekränkt, daß der geniale Dichter sie vorüberging, spürten ihm nun eifersüchtig seine andren Wege nach, und verbitterten ihm durch üble Nachrede den kurzen Aufenthalt in Berlin vollends. Daher seine Abneigung, dies Andenken hervorzurufen und zu besprechen.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_0403 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_0403.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 81 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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