BuG: BuG II, A 336
Weimar 22./25. 2. 1778

Campagne in Frankreich 1792 (WA I 33, 227)

Weimar 22./25. 2. 1778

Ich wüßte nicht wie viel Zeit vorüber gegangen, ohne daß ich etwas weiter von dem jungen Manne [Plessing] gehört hätte, als unerwartet an einem Morgen mir ein Billet in’s Gartenhaus bei Weimar zukam, wodurch er sich anmeldete; ich schrieb ihm einige Worte dagegen, er werde mir willkommen sein. Ich erwartete nun einen seltsamen Erkennungs-Auftritt, allein er blieb hereintretend ganz ruhig und sprach: Ich bin nicht überrascht Sie hier zu finden, die Handschrift Ihres Billets rief mir so deutlich jene Züge wieder in’s Gedächtniß, die Sie, aus Wernigerode scheidend, mir hinterließen, daß ich keinen Augenblick zweifelte jenen geheimnißvollen Reisenden abermals hier zu finden.

Schon dieser Eingang war erfreulich, und es eröffnete sich ein trauliches Gespräch, worin er mir seine Lage zu entwickeln trachtete und ich ihm dagegen meine Meinung nicht vorenthielt. Inwiefern sich seine inneren Zustände wirklich gebessert hatten, wüßt’ ich nicht mehr anzugeben, es mußte aber damit nicht so gar schlimm aussehen, denn wir schieden nach mehreren Gesprächen friedlich und freundlich, nur daß ich sein heftiges Begehren nach leidenschaftlicher Freundschaft und innigster Verbindung nicht erwidern konnte.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_0336 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_0336.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 66 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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