BuG: BuG II, A 693
Kassel 16. 9. 1779

Tagebuch 16. 9. 1779 (WA III 1, 99)

Kassel 16. 9. 1779

Früh das Kunstkabinet, die Antiken, die Statue des Landgrafen unter Nahls Händen. Gegessen. Weggefahren um 12 Uhr. nach Wabern von da geritten auf Insberg. angek. um 8 Uhr.

J. G. Forster an J. R. Forster 24. 10. 1779 (Huber2 1, 229)

B2 197b

Kassel 14. 9. 1779 und 16. 9. 1779

Göthe ist ein gescheuter, vernünftiger, schnellblickender Mann, der wenig Worte macht; gutherzig, einfach in seinem Wesen. Pah! Männer, die sich aus dem großen Haufen auszeichnen, sind nicht zu beschreiben. Der Charakter eines Mannes von hohem Genius ist selten wetterleuchtend und übertrieben, er besteht in einigen wenigen Schattirungen, die man sehen und hören muß, aber nicht beschreiben kann. Der Herzog ist ein artiger kleiner Mann, der ziemlich viel weiß, sehr einfach ist und gescheute Fragen thut ... Ich speiste einmal mit ihnen zu Abend, ohne daß ich den Herzog kannte, der sich für einen Oberforstmeister von Wedel ausgab; daher sprach ich unbefangener als ich sonst gethan hätte, und ohne Zweifel war ihnen das lieb. Des andern Tages sah ich sie nicht, sie besuchten den Weißenstein, wohin ich sie, Geschäfte wegen, nicht begleiten konnte. Den folgenden Morgen sahen wir das Museum zusammen, und ich aß mit ihnen zu Mittag. Dann reisten sie nach Darmstadt ab.

J. G. Forster an F. H. Jacobi 10. 10. 1779 (Huber2 1, 225)

Kassel 14. 9. 1779 und 16. 9. 1779

Vor vier Wochen war Göthe, nebst dem Kammerherrn von Wedel und dem Oberforstmeister von Wedel bei mir. Ich soupirte mit ihnen, ohne zu wissen, daß der letztgenannte der Herzog von Weimar wäre. Zum Glück bewahrte mich mein guter Genius, daß ich ihm keine Sottise sagte, wiewohl ich von großen Herren überhaupt mit großer Freimüthigkeit sprach. Ich wette, es hat Göthe’n Mühe gekostet, bei einigen Gelegenheiten über meine Treuherzigkeit nicht loszupruschen. Den Tag darauf besahen sie den Garten zu Weißenstein; ich sollte die Partie mitmachen, allein ich war zu sehr beschäftigt. In der Zwischenzeit erfuhr ich, daß der Herzog in der Gesellschaft sey. Den andern Morgen kam Göthe wieder zu mir, und der Kammerherr bald hernach, wir gingen zusammen nach dem landgräflichen Cabinet der Alterthümer und der Kunstkammer, wohin der Herzog sich nachher auch begab. Ich mußte bei ihnen bleiben und mit ihnen speisen, und gleich nach frühe eingenommenem Mittagsmahl reisten sie davon. Da sich Göthe anfangs nicht genannt hatte, so kannte ich ihn nicht, und – erkundigte mich nach ihm, – bei ihm selbst. Sie kennen ihn, und wissen, was es für ein Gefühl seyn kann, ihn kaum eine Stunde lang zu sehen, nur ein paar Minuten lang allein zu sprechen und als ein Meteor wieder zu verlieren. Sagen läßt sich das nicht. Von Ihnen haben wir viel gesprochen, er bat mich, Sie recht herzlich zu grüßen. Ist mir recht, so haben Sie bei ihm eine Antwort zu gut. Der Herzog hat mir gefallen. Er frug sehr viel, und doch keinmal albern; gewiß, das heißt alles mögliche prästiren.

J. G. Forster an F. H. Jacobi 2. 11. 1779 (Huber2 1, 232)

B2 197

Kassel 14. 9. 1779 und 16. 9. 1779

Ich habe Göthe’n gesehen, aber nicht genug, um ihn zu kennen. Sein Freund Berisch in Dessau hat mir seine ausgelassene Laune nicht verhehlt, ich aber habe ihn nicht darin gefunden. Hier [Kassel] war er ernsthaft, machte wenig Worte, frug mich wegen der Südländer, über deren Einfalt er sich freute, und hörte die meiste Zeit zu, da mich der Herzog befragte, in dessen Gegenwart wir uns fast immer nur gesehen haben. Hätte ich vermuthen können, ja nur geahndet, daß Göthe Ihnen, mein Bester, so lieblos und ungerecht begegnen könnte, ich hätte doch auf meine und seine Worte besser Acht gegeben. Allein ich habe auch nichts gemerkt, das Unbilligkeit gegen Sie verrathen hätte. Als ich Ihnen schrieb, wir hätten viel von Ihnen gesprochen, sollte ich eigentlich gesagt haben, ich habe viel von Ihnen gesprochen; ich sprach von der Art, wie wir bekannt wurden, wie sich Ihr Herz mir öffnete, wie lange ich bei Ihnen blieb und wie ungern ich Sie verließ. Es war, indem wir aus des Landgrafen Antiquitätensammlung in den Gasthof zurückgingen. Der Herzog war mit jemand andern einige Schritte voraus. Göthe hörte mir mit Theilnehmung und in Gedanken zu. Ich erzählte, daß Sie mir aus Woldemar vorgelesen hätten, und sagte, was mein Herz mir eingab. Ganz lakonisch gab er zuweilen ein „ja“ drauf, welches meinem Urtheil seinen Beifall zu ertheilen schien. „Der erste Theil ist nunmehr gedruckt“ sagte er. Auch sind, erwiederte ich, vom zweiten Theile Bruchstücke im Museum erschienen. – „Daß er doch nicht hat warten können!“ rief er aus; „warum Bruchstücke? Konnt’ ers nicht ersparen, bis der zweite Theil ganz fertig gewesen wäre?“ – Ich sagte etwas gleichgültiges dazu, mich dünkt, daß doch manchem die Stücke schon viel Freude gemacht hätten. Wir hatten eben den Gasthof erreicht. – Er hatte nur noch Zeit, zu fragen, ob ich kürzlich Briefe gehabt, und bald an Sie schreiben würde? Ich sollte Sie doch von ihm grüßen. Nun speisten wir mit dem Herzoge, und kaum war das Mittagsessen verzehrt, so fuhren sie ab. Fast sein Letztes war, den Gruß an Sie zu wiederholen. Er nannte Sie noch immer Fritz.

Eintragung in das Besucherbuch des Museum Fridericianum in Kassel (Ztschr. Verein hess. Gesch. 67, 153)

Kassel 16. 9. 1779

Regierungs Rath Goethe. 16. 9. 1779 Zusammen mit

Cammerherr von Wedel und Oberforstmeister v. Wedel aus Eisenach.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_0693 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_0693.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 137 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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