BuG: BuG II, A 187
Weimar 24. 8. 1777

Tagebuch 24. 8. 1777 (WA III 1, 44)

Weimar 24. 8. 1777

Nach Ettersb[urg]. Hahnen schlagen viel getanzt.

Chr. F. Koch (Deetjen2 S. 22)

Weimar 24. 8.(?) 1777

Aus den nahe gelegenen Ortschaften kamen alle junge Leute hier zusammen, so daß es gegen 200 Paare waren, welche den Schloßhof [von Ettersburg] füllten. Im Schloßhofe waren zwey Baumstämme gelegt, auf denen ein großes Stück Faß Wein und 6 große Fässer Bier ruheten. Ehe die Frau Herzogin mit höchst Ihro beyden Prinzen und der adlichen Begleitung aus dem Schlosse trat – wurde das Landvolk mit Wein und Bier erfrischet. Als nun die Herrschaft kam, so wendete sich Herr von Schardt an einen Bauern Pursch, damit er ihm ein schmuckes Bauernmädchen bringen möchte, mit welcher er vortanzen wollte; während dies geschah, führte Herr von Schardt diesem Bauer Purschen ein stattliches Fräulein zum Tanzen zu. Diesem Beyspiele folgten nun auch alle andern, und so mengten sich schnell die verschiedenartigen Stände. Unter den adlichen Tänzern waren Herr v. Staff, Hr. v. Knebel, Hr. v. Hendrich und sogar die beyden Prinzen, unser gnädigster Großherzog (Carl August) und Prinz Constantin.

Frau Herzogin Amalia nahm auf Stühlen vor dem Schlosse mit älteren Damen und untanzlustigen Herrens Platz, wohin Frau Geheime Räthin von Fritsch, Hr. Cammerrath von Lyncker, Hr. v. Göthe pp. gehörten. Vor dem Sitze der Frau Herzogin war ein Loch in den Hof gegraben, welches wohl 15 Ellen im Durchmesser hielt und sich in flachen Ufern endigte. Dieses Loch war mit Wasser angefüllt, – so daß das Wasser in der Mitte die Tiefe von einer reichlichen Elle hatte.

Der Tanz begann mit einer Polonaise, wo man erst in mancherley Figuren im Hofe sich herumschwenkte, und dann gieng mit einem male der Tanz mitten durch das Loch. Die Fräuleins sträubten sich freylich sehr, ins Wasser zu gehen, doch wurden sie mit Gewalt von den rüstigen Bauernpurschen hinein gerissen. Nach diesem Auftritt gewann trotz den durchnässeten und besudelten Kleidungsstücken der Tanz mehr Ordnung und dauerte bis zur späten Nacht fort, wo sich alles nach und nach verlor.

Die Erzählung von diesem Fest hat mir der alte Schwarz von Ettersburg gemacht, der sich noch mit Freude und Ehre erinnert, mit dem Fräulein von Göchhausen durchs Wasser getanzet zu haben.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_0187 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_0187.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 29 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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