Einen Tag blieb ich länger in Costnitz [Konstanz] als ich dachte. Es ist aber wircklich eins u. das andere sehnswürdige da. Zumahl ist die Gegend Merckwürdig. Wir stiegen auf den Thurm der Domkirche, um selbige zu übersehn ... Das Hauß, wo das Concilium ist gehalten worden, sahn wir, jetz ists eine Rüstkammer. Die Stühle, auf die der Pabst, u. Kayser Sigismund bey dieser Gelegenheit geseßen, wie auch das Zelt, unter dem der Rath den Pabst empfangen, sind noch da. Das Gefühl, welches ich Historisches Gefühl heiße, ist ordentl. angreifend, welches einen an so einen Ort durchläuft, wo ein Theil, gewiß nicht der unintereßanteste, der Welt zusammengekommen, wo der Glauben u. Unglauben von Nationen durcheinandergeworfen, der Saame zu den fürchterlichsten Kriegen gesäät, u. 2 große edle Menschen, wie Johann Huß u. Hieronimuß von Prag verbrant worden; jetz ists nichts als ein elends Nest, welches durch Unfrieden u. Ungeschicklichkeit aus einer freyen Reichsstadt eine Östreichische Landstadt geworden ist. Das Verschlingen der Zeit, daß so viel 1000 Existenzen in den großen Brey gerührt werden, ehe nur einmahl eine hervorleuchtent u. groß wird, u. daß von der unendl. Geschichte nur so wenig Punckte der fühlend u. sehenden Nachwelt übrig bleibt, dieses packt einen an einen solchen Ort, auf den Tummelplatz so vieler großer Figuren, wie ein Löwe an, u. lehrt einen säuberlich mit seiner Existenz umgehn; daß historische Vergeßen nach seinen Tode liegt schwer auf einen. Nach diesen vortrefl. Betrachtungen strichen wir den andern Tag nach Schafhausen längst des untern Sees, u. des Rheines hinunter. Der Regen u. etwas Gestöpper begleiteten uns. In einen Ort, Stein, wo der Rhein aus den Untersee fließt, fütterten wir. Hier liegt ein Schloß, von welchen mit einer Canon geschoßen wird, sobald als mehr als drey Pferde kommen, sowohl beritten als vor einer Kutsche. Diese Ehre wiederfuhr uns auch.