Lieber Goethe,
Über deine Gedanken von
den Mahlereyen werd' ich nichts sagen – –
Historisch ließe sich vielleicht beweisen, daß –
– doch wenn's der unnachahmlich kühne,
große Wurf und Schwung nicht beweist –
was beweist alles andre? – Es thut mir
nur leid, Lieber, daß ich so viel Fracht
verursacht – Ich habe für alles 44 mit
den Pakkösten 45N'Louisd'or bezahlt.
Laß mir dies von meiner Schuld an
den Herzog abschreiben. –
Vorgestern erhielt' ich eine
crayonnirte Zeichnung von einem unbe-
kannten Kopf, der keine gemeine Stirne
hat, – und eine kostbare Büste – die ich
gleich für dein Bild und dein Geschenk – | 2 |
erkannte. Was heißt danken? Freüde
haben an der Wohlthat, und am Wohlthä-
ter – das hab' ich. Ich sage dir keinen
andern Dank –
Und nun meine ersten Empfindun-
gen bey dem Anschauen deines Kopfes.
Wenn ein Erdensohn so wahr geben
und so fein verschönern kann – wirst du,
aller Erdensöhne Bilder – oder Bilderinn –
Gott oder Natur, wie man dich nennen
mag – nicht einst auch mich wahr dar-
stellen und auf's allerdelikateste von
allen Flecken der Erde reinigen kön-
nen? ..
Und die andern – "dieß Gesichte
ist mir theüres, heiliges Pfand der e-
wigen Einzigkeit meines Goethe. Ge-
reinigt einst von jedem Anhauchen des | 3 |
Grimmes – wie wird er niedersehn, an-
bethen und anbethen lehren!" –
Diesmahl kann ich nicht mehr. A-
dieü Lieber! – – Es gehen große Gäh-
rungen in meinem Innern vor. wie
sie sich terminiren werden?!
L.
Bemerkungen zu G.s Gedanken von den Mahlereyen; Angabe der Gesamtkosten (vgl. RA 1, Nr. 136). - Vorgestern erhielt' ich eine crayonnirte Zeichnung von einem unbekannten Kopf [...] - und eine kostbare Büste - die ich gleich für dein Bild und dein Geschenk - erkannte. Wiedergabe von L.s ersten Empfindungen beim Anschauen der Goethe-Büste (von M. G. Klauer).
Lieber Goethe,
Über deine Gedanken von den Mahlereyen werd' ich nichts sagen – – Historisch ließe sich vielleicht beweisen, daß – – doch wenn's der unnachahmlich kühne, große Wurf und Schwung nicht beweist – was beweist alles andre? – Es thut mir nur leid, Lieber, daß ich so viel Fracht verursacht – Ich habe für alles 44 mit den Pakkösten 45N'Louisd'or bezahlt. Laß mir dies von meiner Schuld an den Herzog abschreiben. –
Vorgestern erhielt' ich eine crayonnirte Zeichnung von einem unbekannten Kopf, der keine gemeine Stirne hat, – und eine kostbare Büste – die ich gleich für dein Bild und dein Geschenk –| 2 | erkannte. Was heißt danken? Freüde haben an der Wohlthat, und am Wohlthäter – das hab' ich. Ich sage dir keinen andern Dank –
Und nun meine ersten Empfindungen bey dem Anschauen deines Kopfes.
Wenn ein Erdensohn so wahr geben und so fein verschönern kann – wirst du, aller Erdensöhne Bilder – oder Bilderinn – Gott oder Natur, wie man dich nennen mag – nicht einst auch mich wahr darstellen und auf's allerdelikateste von allen Flecken der Erde reinigen können? ..
Und die andern – "dieß Gesichte ist mir theüres, heiliges Pfand der ewigen Einzigkeit meines Goethe. Gereinigt einst von jedem Anhauchen des| 3 | Grimmes – wie wird er niedersehn, anbethen und anbethen lehren!" –
Diesmahl kann ich nicht mehr. Adieü Lieber! – – Es gehen große Gährungen in meinem Innern vor. wie sie sich terminiren werden?!
L.