Lieber Herr Geheimrath,
Ich bin Ihnen recht vielen und großen Dank schuldig, daß Sie meinen Brief,
und
sich meiner Sache bey meinen Eltern angenommen haben. Sie verlangen
ausdrücklich aber,
Ihnen aufrichtig zu sagen an wem und wofür ich Schulden
habe. Sie haben meine Hoffnung
nicht getäuscht, und so schwehr es mir
ankommt, so will ich Sie auch nicht hintergehen.
Ich traf an einem Tage in
Helmstädt das Mädgen allein an, was mir die Wäsche
brachte, und was wir
thaten läßt sich freilich nicht entschuldigen. Es kam mir
theuer zu stehen.
Nach 9 Monaten kam sie in Wochen. Die Verlegenheit worinn
ich war, und die
Angst daß man es in Braunschweig erfahren würde brachten mich
aufs
äußerste. Ein Herr von Cramm welchem ich noch mehr Verbindlichkeiten | 2 |
habe verschafte mir bey dieser Gelegenheit Geld. Ich reiste selbst
heimlich nach Helmstädt, und brachte alles in Ordnung. Der kleine Junge
starb. Diese Schuld ist der erste und stärkste Artikel in der
Specification meiner Schulden welche hiebey folgt. Das Geld hat Cramm
selbst geborgt. Zweitens 40 rth. Selbige habe ich von dem Herrn Blum
geliehen bekommen als ich von Helmstädt abgieng vorige Ostern:
Herr
Rehbein bekommt 8 rth für den Tisch. Die übrigen Artikel
können mit
Rechnungen und Scheinen belegt werden. Kleine Schulden
habe ich so viel mir
bewust ist alle getilgt. Verspielt habe ich nichts,
aber meinen Eltern
getraue ich mich nicht zu schreiben. Ich bin in
der betrübtesten Lage.
Selbst durch diese Antwort auf Ihren
so gütigen Brief muß ich sie
zurückschrecken sich meiner anzunehmen.
Ich kann mich auch nicht
entschuldigen. Schon fünf Mal habe ich diesen
Brief von vorne angefangen,
aber ich bin so verwirrt und nicht im
Stande anders zu schreiben. Jetzt
habe ich Ihnen mein Schicksal | 3 |
in die Hände gegeben, und werde immer mit Dank das
erkennen was Ihnen
Ihr Gewißen bey meinen Eltern für mich zu
thun erlaubt, und nie aufhören zu
bleiben
Ihr
gehorsamster und ergebenster
C. v. Stein
Göttingen den
Hieher sind die 4teljährigen Ausgaben nicht mitgerechnet
welche
auf Ostern wie gewöhnlich bezahlt werden müßen.
z.B. Tisch, Hausmiethe,
Aufwartung, Wäsche pp.
S. dankt G. dafür, daß er sich seiner Sache bei seinen Eltern angenommen habe. Auf G.s Verlangen, aufrichtig zu sagen an wem und wofür er Schulden gemacht habe, berichtet S. von den vorangegangenen Ereignissen: Ein Mädchen in Helmstedt habe ein - inzwischen verstorbenes - Kind von ihm zur Welt gebracht. Diese Schuld ist der erste und stärkste Artikel in der Specification meiner Schulden [...]. S. nennt seine Gläubiger und gibt eine Aufstellung seiner Schulden.
Lieber Herr Geheimrath,
Ich bin Ihnen recht vielen und großen Dank schuldig, daß Sie meinen Brief, und sich meiner Sache bey meinen Eltern angenommen haben. Sie verlangen ausdrücklich aber, Ihnen aufrichtig zu sagen an wem und wofür ich Schulden habe. Sie haben meine Hoffnung nicht getäuscht, und so schwehr es mir ankommt, so will ich Sie auch nicht hintergehen. Ich traf an einem Tage in Helmstädt das Mädgen allein an, was mir die Wäsche brachte, und was wir thaten läßt sich freilich nicht entschuldigen. Es kam mir theuer zu stehen. Nach 9 Monaten kam sie in Wochen. Die Verlegenheit worinn ich war, und die Angst daß man es in Braunschweig erfahren würde brachten mich aufs äußerste. Ein Herr von Cramm welchem ich noch mehr Verbindlichkeiten| 2 | habe verschafte mir bey dieser Gelegenheit Geld. Ich reiste selbst heimlich nach Helmstädt, und brachte alles in Ordnung. Der kleine Junge starb. Diese Schuld ist der erste und stärkste Artikel in der Specification meiner Schulden welche hiebey folgt. Das Geld hat Cramm selbst geborgt. Zweitens 40 rth. Selbige habe ich von dem Herrn Blum geliehen bekommen als ich von Helmstädt abgieng vorige Ostern: Herr Rehbein bekommt 8 rth für den Tisch. Die übrigen Artikel können mit Rechnungen und Scheinen belegt werden. Kleine Schulden habe ich so viel mir bewust ist alle getilgt. Verspielt habe ich nichts, aber meinen Eltern getraue ich mich nicht zu schreiben. Ich bin in der betrübtesten Lage. Selbst durch diese Antwort auf Ihren so gütigen Brief muß ich sie zurückschrecken sich meiner anzunehmen. Ich kann mich auch nicht entschuldigen. Schon fünf Mal habe ich diesen Brief von vorne angefangen, aber ich bin so verwirrt und nicht im Stande anders zu schreiben. Jetzt habe ich Ihnen mein Schicksal| 3 | in die Hände gegeben, und werde immer mit Dank das erkennen was Ihnen Ihr Gewißen bey meinen Eltern für mich zu thun erlaubt, und nie aufhören zu bleiben
Ihr gehorsamster und ergebenster C. v. Stein Göttingen den
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Hieher sind die 4teljährigen Ausgaben nicht mitgerechnet welche auf Ostern wie gewöhnlich bezahlt werden müßen. z.B. Tisch, Hausmiethe, Aufwartung, Wäsche pp.