〈Abschrift〉
Ich wollt Ihnen eben schreiben liebe Mama, und unter bedingungen zusagen, Sie zu holen, da krieg ich einen Brief von lavater, der wird kommen, und ich hab schon lang ihm versprochen ihm entgegen zu gehn das werd ich also thun. – Und so kommts |:wenn sie unterdess keine andre Einrichtung treffen:| auf die Zeit an da die Kutsche von hier ab soll; kann ich in Rücksicht des obigen dann so komm ich gewiß kann ich nicht so seh ich Sie hier! wo sie wollen – Einen einzigen plaz ausgenomen. Ich binn immer der
Ihrige Göthe
Der vorliegende Brief muss vor dem Brief Goethes an Sophie La Roche vom 16. Juni 1774 ( Nr 119 ) entstanden sein, in welchem als Tag der Ankunft Lavaters in Frankfurt der 20. Juni genannt wird (vgl. 92,11 ). Dieser Termin war zur Zeit der Niederschrift des vorliegenden Briefes noch nicht bekannt (vgl. 91,19–92 ,2). Zudem antwortete Goethe mit dem Brief vom 16. Juni auf einen nicht überlieferten Brief Sophie La Roches, der sich auf den vorliegenden Brief bezieht (vgl. zu 92,13–14 ). Da anzunehmen ist, dass die Antworten jeweils umgehend erfolgten, kommt unter Berücksichtigung des Postweges zwischen Frankfurt und Ehrenbreitstein von höchstens zwei Tagen als Datierung für den vorliegenden Brief der Zeitraum zwischen dem 11. und 13. Juni 1774 in Frage.
H: Verbleib unbekannt.
h1: The Pierpont Morgan Library, New York, Misc. Heineman, H Goethe-Bettina, MSS 1. – Abschrift von Bettine Brentano vom 2. oder 3. Juni 1806 (= ha; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 ); Adresse: nach Coblenz
h2: The Pierpont Morgan Library, New York, Misc. Heineman, H Goethe-Bettina, MSS 1. – Abschrift von Bettine Brentano (= hb; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 ); Adresse: Nach Coblenz im Thal
h3: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 10721–10732. – Abschrift von Johann Friedrich (Fritz) Schlosser (= hc; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 ).
h4: GSA Weimar, Sign.: 29/294,III. – Abschrift von fremder Hd (= hd; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 ).
E: Frese (1877), 150, Nr 16 (nach h3).
WA IV 2 (1887), 166, Nr 226 (nach Goethe-La Roche, 49 [dort vermutlich nach einer nicht überlieferten Abschrift von h3]).
Textgrundlage: h1. – Vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 .
wollt] wollte h2 bedingungen] Bedingungen h2 lavater] Lavater h2 gehn] gehn, h2 sie] Sie h2 unterdess] underdess h2 andre] andere h2 soll;] soll h2 obigen] Obigen h2 dann] dann; h2 gewiß] gewiß, h2 sie] Sie h2 plaz] Plaz h2 ausgenomen.] ausgenommen, h2 immer der] kein Absatz h2
Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. Datierung) ist nicht überliefert.
Sie zu holen] Goethe wollte Sophie La Roche zu einem Besuch in Frankfurt aus Ehrenbreitstein abholen.
Brief von lavater] Nicht überliefert.
ihm entgegen zu gehn] Nach Lavaters Tagebuch geschah dies nicht; vielmehr traf Lavater von Karlsruhe kommend am Abend des 23. Juni in Frankfurt ein und suchte Goethe in dessen Elternhaus auf (vgl. Goethe-Lavater3, 281).
Einen einzigen plaz ausgenomen.] Es dürfte das Haus Brentano gemeint sein. Goethe unterhielt eine freundschaftliche Beziehung zu Sophie La Roches Tochter Maximiliane Brentano, die von deren Mann Peter Anton Brentano mit Eifersucht beobachtet wurde. Aus Nr 119 geht hervor, dass Goethe das Haus mied (vgl. 92,15–20 ). Vgl. darüber auch Nr 122 . Zuvor hatte Goethe am Schluss von Nr 98 von seiner Liebe zu Maximiliane (vgl. 77,26–28 ) gesprochen; aus Nr 99 ist eine warnende Antwort der Mutter zu erschließen (vgl. 78,5–6 ).