Ilmenau den
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Hochwohlgebohrener
Insonders HochzuEhrender Herr Geheime Rath
Ich habe geglaubt es möchte Ihnen nicht unangenehm seyn, die hiesigen
Vorfälle eher zu wissen als Sie selbst wie-
der ins Land kämen. Der
vorläufige Begriff davon kan Ihnen dann schon im voraus eine Entschliesung
fassen lassen.
Sie betreffen, erstlich die Stadt, und dann Petern, und das
erste zu mahl, kan fürs hertzogliche Intresse wichtig werden.
Es hat das
Ansehn als wenn der unglückliche Bürgerstreit wieder erregt sey, und zwar
dadurch. Der Rath und Amtmann
lies den so genanten Ammen Groschen von
Denen, die ihn noch nicht bezahlt hatten, einfodern. Ein Schneider, Reichard,
weigerte sich, ihn zu geben,
weil die Bürger ein kayserℓ. decret
für sich hätten keine neue Abgaben bezahlen
zu
dürfen. Er wurde fürs Amt gefodert, und gefragt wo dann dies decret wäre? Der Metzger Heinz solte es haben,
sagte er, dieser
kam auch. Der Amtmann war gantz höflich, fragte ob er denn das decret hätte, er möchte es doch
sehen,
um sich darnach richten zu können. Dieser sagte, er hätte eine Menge Schrifften
zu Haus, er wolte gleich
holen was er hätte, und brachte einen Pack
getragen, das aber lauter Abschrifften waren. Auf Erkundigung
wo dann das
original wäre ? antwortete er, der
Kürschner Schneider hätte es, es wäre wohl
verwahrt, und
würde nicht aus den Händen gegeben. Dieser solte gehohlt
werden, war aber, da er gehört hatte,
Heinz wäre der Sachen halber vorgefodert, schon selbst vor der
Amtsstube, kam hinein und ge-
stand, er hätte das original, gut verwahrt, müste es aber heilig
aufheben um nicht Verant-
wortung bey seinen Mitbürgern zu haben. Der
Amtmann, der es einmahl weg haben wolte, schickte
inzwischen den
Amtscommissair und die Amtsdiener hin, um alle Schrifften, die sich auf die
Sache
bezögen, in des Schneiders Haus
wegzunehmen. Ein klein Pack hatte der Amtscommißair nicht mit-
genommen,
auf Anzeigen des Amtsdiener wurde es aber nachgeholt. Hier war inne, das Decret,
der
Salvus
conductus
und die gantze
Correspondentz. Dem Kürschner wurde bange, daß er
es verabfolgen
lassen, kam also und foderte vom Amtmann des andern Tags ein recepisse daß das
Amt diese Sachen
wieder seinen Willen abholen lassen, um sich bei seinen Mittbürgern zu
rechtfertigen. Dies wurde ihm gegeben. Ich muß dem Amtmann dabey die
Gerechtigkeit wiederfahren | 2 |
lassen, daß er alles aus der besten Meynung für den Herschaftlichen Dienst
gethan, daß er keinem scharf begeg-
net oder ihnen gedrohet, sondern
vielmehr gesagt habe, er wünschte das Andencken des Streits aus ihren
und
ihrer Kinder Gedächtniß zu verbannen, es solte keinen was geschehen pp sein
gegebenes recepisse
zeigt auch schon daß er nicht wieder Gerechtigkeit verfahren wolte. Ich
glaube also, so wie man den
Herschaftlichen Dienst nach den ordinairen Schlendrian nimt, verdient er
keinen Verweis von Hofe,
daß er in denen gewöhnlichen Wegen fortgegangen sey. Der Mann konte, wie die Sachen zu
ge-
hen pflegen und gewohnt sind, nicht anders handeln. Ob ich aber den bis ietz gewönlichen Weg
für den rechten erkennen kan, ist eine andre Frage. Die Bürger sollen sich
beruhigen! – und
doch ist keine ihrer Klagen noch gehoben! 1) Scherf thut keine Rechnung, fodert vielmehr
noch Pension. 2) Hartung begehrt so gar wieder Burgemeister zu werden, und läßt sich die
gezogene deFerte in der Cämmerey Rechnung nichts
anfechten 3) Der Steuer Einnehmer führt
seine Einnahme Rechnungen (die Ausgabe ist durch
die Commißionen mit so vergeblichen
Kosten, untersucht) schon lange Jahre
pro lubitu, ist allen Leuthen schuldig,
schreibt ihnen
das nicht ab, was sie wollen abgeschrieben haben, braucht
vieleicht die Gelder nach Belieben,
und noch ist die Bürgerschafft nicht in
stand, einen Statum, wie ihre Steuer
Schulden
eigentlich stehen, zu bekommen, 4) Der Stadtschreiber befiehlt
nach Gefallen und
nimt es sehr übel wenn man ihn zu seiner Pflicht anhalten
will, publicirt Rescripte
nach seinem Gutdüncken, schlägt unter was er will, läßt consense verfertigen, wie
es ihm gefält,
ohne daß der gantze Rath drum weis, da ist noch keine Bier, noch
keine Korn
Rechnungen, noch keine Kriegsrechnung, nach so vielen Jahren gethan, und
1000 Sachen die ich zu verschiedenen Zeiten weitläuftig angeführt habe. –
Und die Bürger
sollen zufrieden seyn! – wird nicht der Hertzog mit denen
Unterthanen immer | 3 |
mit ruinirt? Alle Registraturen sind in Verwirrung. Hie und da fehlen
Stücke, kein
Mensch weiß wo sie sind. Hospital Rechnung hat der
Stadtschreiber in 5 Jahren nicht abgelegt,
sieht es als was unötiges an,
entschuldigt sich mit der Verwirrung seiner Registratur, die
letzte
Revision hätte es in Unordnung gebracht! So?
– revisionen machen anderwärts Ord-
nung, hier Unordnung – aber die Wahrheit ist, der revidirende
Departements Rath hat
die Unordnung
gelassen wie er sie gefunden, seine
diæten genommen und sich um das
Beste des Landes wenig bekümmert, die Herrn nach Gefallen schalten lassen –
und das ist eben
so gut als hätte er die Unordnung selbst gemacht. Damit
solten die Bürger sich nun beru-
higen! Letzens bekam der Amtman ein
Rescript mit
Anfragen die Steuer betrefend
auf einen Bericht der für 5 Jahren von
hier abgegangen ist. Da keine Concepte da liegen
so kan er die Fragen nicht
einmahl beantworten, sondern muß auff den, seit 5
Jahren
in Weimar liegenden Bericht zurückweisen. Wem sollen nun die Hare nicht zu
Berge stehen, wenn er hört daß eine Regierung, in so einer wichtigen Sache
als
Steuer Sachen sind, 5 Jahre lang, Berichte unbeantwortet liegen läßt?
was
für Verwirrung muß da herschen, da es in allen Stücken so ist! und die
Bürger
sollen sich beruhigen! – Viele doppelte Anfragen zeigen daß sie das,
was man
ihnen in Weimar sagt, nicht mit gantzen Augen übersehen, sonst
würden sie nicht
Sachen zweymahl fragen
die schon beantwortet sind. Bey der Amtsregistratur
fehlen ein Haufen
Acten, die ietzo der Amtmann von dem gewesenen Amts Actuario
Michaelis in Weimar fodert, und da er
sie nicht bekommen kan, an höhern Orthe
die Sache angezeigt hat. Da alles
aber schläfrig geht, so ist die Frage was die
Regierung thue, und ob sie
den Mann erhalten wird? Deposita sind theils nur | 4 |
zum theil noch da, kurtz ieder rechtschafene fährt vor der,bisher mit
Consens der obern
hier getriebenen Wirthschafft, zurück. Doch wieder zum
Bürgerstreit.
Die Leuthe, Schneider, Reichard und Heintz, mochten dem Dinge nach gedacht haben, daß ihnen nun
der
Salvus
conductus
genommen sey. Sie kanten die Arth zu verfahren,
von ihren Mitbürgern
die durch Soldaten aus denen Betten ins Zuchthaus
geführt worden und theils darin ge-
storben sind, indessen die Personen über welche sie klagen
und
Untersuchung und Gerechtigkeit
verlangen, mit erhobenen Haupt
ungestrafft
hier he-
rum gehen, nach Gefallen mit Bürger
Gelder wirthschafften, und noch
Pensiones fodern, eine
Sache die
die Bürger sehr aufgebracht hat. Von ohngefehr kamen den Tag drauf, wie
dies
geschehen war, 2 Husaren von Weimar hieher, kaum erblickteten sie
solche, als ihnen
einfiel, (dies mahl wohl mit Unrecht, denn ich glaube
nicht daß der ietzige Amtmann es
würde gethan haben) man wolte sie
vieleicht, wie ehmahls nun mit Gewalt hohlen,
und sie sich also aus dem
Staube machten. Noch mehr hatte zu diesen Verdacht
anlas gegeben, daß der Amtmann dem Schneider bey schwerer
Strafe untersagt
hatte, seinen
Mitbürgern zu sagen, daß er ihm den Salvum
Conductum und
das Decret
abgenommen hätte. Nun sollen
diese Leuthe wieder nach Wetzlar
gegangen seyn, und der Streit kan, wenn
ietzo nicht behutsam verfahren
wird, aufs neue so starck wie ie ausbrechen.
Solte nun auch der Hertzog denen
Bürgern, die aus Mangel des Geldes oft
nicht scharf genug solchen treiben
können, etwas abgewinnen, schadet er
sich dann nicht selbst, wenn seine Untertha-
nen verderben? Verdienen, die
Leuthe über die die Untersuchung begehrt | 5 |
wird, wohl, daß man, ihrer Familie und aus Partheylichkeit und Gunst
halber, das Land auf-
opfere? Haben sie recht, so wird es ia die
Untersuchung ausweisen, das Verfahren des
Steuer Einnehmers aber ist
ofenbahr unrecht, was thut es, daß er Vetter von Cantzler und
Ekard ist?
Ist das Beste des Landes oder diese mehr und von wem lebt der Hertzog?
So
mit dem andern. Welchen Ruhm würde sich der Hertzog machen, wenn er, was am
Ende geschehen kan, der Untersuchung einer kayserℓ. Commißion, durch selbst
befohlene
neu angestelte ernstliche Untersuchungen aller Unordnungen
zuvorkäme? Den
Streit zwischen ihm als Lands Herrn, wegen mancher
Geldfoderung in Steuern würden
alsdann die Bürger gern niederschlagen, wenn
sie sonst nur Gerechtigkeit gegen
die
Personen, die so unrecht haben bekämen und bessre Leuthe angesetzt und künf-
tige Ordnung sähen. Die Folge wird lehren was die 3 oben benanten Personen
in Wetzlar thun werden. Mich deucht
aber, ietzo ist der Zeit Punckt entweder
das Land vollends zu verderben,
oder zu retten. Bis ich alles das, was ge-
schehen
muß, gethan hätte, hätte ich denen Bürgern den
Salvum Conductum
und das Decret
ruhig in Besitz gelassen, da sie immer einen neuen wiederbekommen
können. Ich
würde aber inzwischen das viele übel, von dem ich so lange und viel schon
geschrieben untersucht und gehoben haben, da es das Beste des Landes selbst
er-
fodert, dann würde der ietzige Umstand nicht haben vorfallen können,
und die
Bürger hätten mir wohl freywillig die Schrifften ausgeliefert, und die Sache wäre
zu
Ende gewesen. Jetzt konte fast der Amtmann (da alles in statum quo geblie- | 6 |
ben war) nicht anders handeln als denen Leuthen, die sich auf ein Decret beriefen,
das ihnen neue Auflagen
zu geben untersagte, solches wegnehmen. Mit welcher
äuserster Behutsamkeit
die Sache ietzo zu behandeln sey, und dass erzeigende Ge-
rechtigkeit bey
denen billigen Klagen und Bestrafung der Ungerechten ohne
Ansehung der Person, das beste Mittel fürs Land und dem Herrn sey, glaube
ich
daß die Untersuchung, durch unpartheyische Hände, nicht durch Verwandte, noch
durch den
Departements
Rath geschehen müße, wenn sie helfen soll, versteht sich
von
selbst. Der neue Amtmann scheint mir sonst ein würdiger Mann und brauch-
bar, wenn er nur alles erst in Ordnung findet, da die Unordnungen überall
zu gros sind, als daß er solche
allein verbessern könne.
Mit ist der Amtmann auf den Bürgerstreit aufmercksam geworden, weil wegen
der für andre darin vorgeschossenen und
nicht erstatteten Kosten, ein gewisser
Sander
andre verklagt hatte.
Diese Leuthe haben sich inzwischen wieder verglichen, da sie nun den
allgemeinen
Feind, wieder aufwachen sehen, und Sander rühmt sich schon wieder 200 Bürger
auf seiner Seite zu haben.
Möchte doch Gott Ew. Hochwohlgebℓ Gehör beyden Lands Fürsten und Nachdruck
und Krafft in Worten geben
um diese, so schädliche Sachen, so wie es Gerechtigkeit und das Beste des
Fürstens und Landes erfodert, auszumachen. Welchen Ruhm, festen, wahren,
nicht
flitternden Schein-Ruhm würden Sie sich erwerben, und welche inre Zufrieden-
heit! Seegen über unglückliche Bürger wiedergebracht, und die Macht | 7 |
der Ungerechten zerbrochen zu haben! Ich kan mir nichts größeres dencken,
als
Friedensstiffter zwischen Herrn und Unterthanen, Ausrotter der
Ungerechtigkeit,
und Seegen der Völcker zu seyn! Wie viel fühlt meine Seele
bey diesen
Gedancken! – – Ihnen, ehe Sie ins Land kämen, davon Nachricht zu
geben,
hielt ich für Pflicht. Zumahl da ich den Brief, allen hier
unbemerckt, da
die Riethin noch in Bamberg ist, fortbringen kan. Denn
solche
Sachen werde ich von hier, weder mit
der
Post, noch dem Amts Bothen
schreiben, sondern durch einen besondern
Bothen. Daß Dieselben durch
diese Nachrichten ins Land zurück
geruffen werden würden, glaube ich
gewiß.
Nun auch noch was von Petern. Wie ich ihn behandle habe ich letzthin
weitläuftig
geschrieben. Wenn dies nicht fruchtet, so fruchtet ewig nichts.
Letzthin aber kamen der
Wildmeister, und bald drauf in vorbeygehen der Hℓ.
Cammerherr selbst zu mir, und
klagten beyde auserordentlich starck über
Petern. Der Wildmeister sagte, er könte mir
versichern daß niemals ein Jäger aus ihm werden würde, daß er nichts
[sic] das geringste davon
verstünde, noch zu lernen Lust hätte, noch
behielte, wann man es ihm sagte, daß er in
allen Sachen wiederspänstig
wäre, grob gegen die Pursche und Hausgesind, liederlich
in seinen Sachen
und Aufführung, ohngeweckt für 10 Uhr nicht aufstünd (eine Probe gab
er mir
davon da er ihn den andern Tag ungeweckt schlaffen lies, und Peter richtig erst
um 10 Uhr aufstund, und sich nach 1/4stunde bey mir sehen ließe) er klagte
über seinen | 8 |
Hochmuth, daß er sich drauf verlies er hätte 6000 rℓ, niemand hätte ihn was
zu befehlen und
er brauchte nichts zu lernen, daß er mit Gewalt Hℓ. v. Lindau wolte genant seyn, daß
er in
den Wirthshäusern abends herumzög und mit iedermann Karten spielte,
so daß
er ihm öfters aussperren müßte, daß er seine Sachen heimlich ver-
kauffte
und verschenckte und ohne toback nicht leben könte ppp. Der Hℓ. Cammerherr
sagte ein gleiches, wie auch daß er ihn
schon selbst hier und da zu abrichten wollen,
aber daß er entweder nicht
gekommen oder nicht achtung drauf gegeben hätte,
daß er oft allen Wohlstand
aus den Augen setzte, nichts von der Jagd
lernte
und nichts lernen würde. Er wolte ihm selbst einmahl aus den Wirthshäusern
hohlen und den Leuthen es untersagen ihn zu beherbergen. Auch lief er oft
lie-
derlichen Menschern nach pp. Ich
erstaunte und betrübte mich von Hertzen über
dies alles. Manches muß wahr
seyn. Seine Unachtsamkeit, Vergeßenheit pp
mercke ich täglich und habe solche öfters berührt. Sein Stoltz ist mir auch sicht-
bahr genug,
und ich arbeite immer mit Gründen ihn zu
dämpfen. Wer dem iungen
Menschen hat mercken lassen, er hätte
Vermögen, ist an vielen Unglück das ihm
wieder-
fahren kan, Schuld. Solche iunge rohe Leuthe können diese Käntniß
nicht brauchen,
misbrauchen sie viel mehr, eben so als wenn man gar zu schöne mit ihnen thut. Er
sagte
mir einstmahl selbst. Er hätte
so viel Geld
daß er nichts
zu lernen
brauchte als was ihm beliebte, er hätte und müße auch noch ein Guth von
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seinen Vater bekommen, wären doch mehr
Leuthe in der Welt, die gute und grose
Dienste hätten und könten noch wohl weniger
als er. Alles, Früchte des ihm zu
zeitig beygebrachten Stoltzes.
Gegen mich hat er Liebe und nimt sich immer in acht, sich
nichts
unanständiges mercken zu lassen, seitdem ich mich gewöhnt, mit ihm über die
Dinge in der Welt pp zu räsoniren. Mir folgt er, und wiederspricht
nie, bekent
sich auch, wenn er gefehlt hat, gleich schuldig. Freylich wird
sich niemand die Mühe
mit ihm geben, die ich mir, um Ew Hochwohlgebohrn
halber, gäbe. An der Arth, wie
er behandelt wird, liegt auch wohl viel. Bey
mir hört er zu allem Gründe, ich selbst
gebe ihm die Regel, nichts ohne Grund
vorzunehmen, oder zu thun. Gerecht gegen
ieden
zu seyn p. Wie die Arth der
Behandlung beym Wildmeister sey, weiß ich nicht.
Freylich wohl nicht so,
als wenn ich Wildmeister wäre. Oft mag man
auch mit
ihm Haseliren und zu familiær seyn, dann auf einmahl ihn anfahren
und streng
seyn, dies ist bey ihm wohl der falsche Weg. Was das meiste ist,
so scheint er
alles Vertrauen zu seinen Lehrern hier in der Jägerey
verlohren zu haben, ich be-
mühe mich es wieder zu erwecken, weis aber
nicht ob es mir gelingen wird.
Für das, daß er Jägerey hier lerne,
stehe ich nicht, und glaube es kaum. Er müßte
aus aller Connexion hier und
in Hände kommen, die ihm von Anfang an, egal, und
seinem Temprament gemäß behandelten, wenn er noch ein würcklicher Jäger
werden solte.
Wie er den Tag drauf zu mir kam, hielt ich ihm alles vor. Sagte ihm es
thäte mir in
Hertzen weh, daß ich so viel schlechtes von ihm hörte, da ich
angefangen hätte, seitdem
er seine Fehler selbst einsähe und bekendte vor
ihm gute Hofnung zu haben. Ich
zeigte ihm weitläuftig das unschickliche des stoltzes überhaubt, und des seinigen
insbesondere, daß 6000 rℓ kein Capital wären, davon man bey einer
schlechten
Wirthschafft leben und zeitlebens müsig gehen könte, daß niemand
Leuthe
achtete die grose Stellen und doch keine Verdienste hätten als ihre Untergebene,
daß er noch nicht einmahl unter die gehörte, die ohne Verdienste befördert würden
da seine
Gönner zu rechtschafne
Leuthe wären und zu viel Gewissen hätten es
zu
thun, daß so lange sein Geld währte er Schmeichler aber wann es bald
alle,
dann keinen Helfer haben würde, daß nun das Glück und Unglück seines
Lebens in seiner Hand sey, er vorzüglich für viel 1000 Gelegenheit hätte
was zu lernen, und er sonst ein Taugenichts werden und von ieden dafür
erkandt werden müßte. Was das für Ehre wäre. Daß wir nur von
andern
Achtung erhielten, wenn wir uns darnach
betrügen, nicht durch stoltzes
pochen. Dass man in der Welt gefällig gegen
ieden seyn müßte und die
goldene Regel nicht aus den Augen lassen, was du
nicht wilst, thue den Leuthen
auch nicht. Kurz ich müßte 24 Bogen
schreiben, wenn ich alles das berühren | 11 |
wolte, was und wie ich es ihm sagte. Ich lies keine Falte
seines Hertzens unange-
tastet, er schien gerührt, gab sich in vielen
schuldig, erkandte daß ich es volkommen
gut mit ihm meynte, in Allen recht
hätte, aber daß ihm niemand wie ich behandelte.
Klagte über den Wildmeister
und Cammerherrn in manchen Stücken. Falsch wäre
es gewesen wenn ich ihm
recht gegeben. Ich wies ihm zur Folgsamkeit, Geduld,
Beharrlichkeit im
Guten, Gefälligkeit, wenn auch andre ungefällig wären
und nicht in seinen
Pflichten müde zu werden, an, wies ihm an, um das verges-
sene selbst zu
fragen, schlechte Geselschafften zu meiden, Kartenspiel zu
lassen, die
Meynung zu verlernen, er könne ohne Verdienste als ein
groser Herr von
seinen Geldern leben, ein nützliches und nicht unbrauch-
bares Glied der
Welt zu werden, und die wahre Ehre kennen zu
lernen
in seinen Wald, Holtz, Wild, Flinte, Hunde, Pferde, sich auch in den
ge-
ringsten Kleinigkeiten zu bekümmern, sagte daß ich ia nicht müde würde
ihm zu lernen und nie aufführe, so müßte er nie müde werden Gefällig-
keiten andern zu erzeigen, wenn sie es auch nicht gleich erkandten.
Er klagte die Pursche wären darüber böse, daß er ihnnen nicht aufwarten
wolte, das manchmahl ihm was gesagt, dann wieder nichts gesagt
würde,
daß er in einen Bett mit iedem neuen Jungen schlafen müßte, dann | 12 |
oft unwülig sey, daß die Pursche ihn anführen, und sein Wildmeister ihn
nicht eben alzeit mit Sanftmuth behandelte ppp. Ich habe ihm alles was
man nur drauf sagen kan, gesagt,
und daß er ietzt alles übersehen und
neu lernen müßte, es sey von wem es
wolle, Gefälligkeiten aller Hertzen
endlich gewönnen und seine
Aufführung ihm Achtung erwerben müßte, wenn
er welche wolte. Was es nun
haften wird, wird die Zeit lehren. In meiner
Stube, und so lang ich um ihm
bin, kan ich alles mit ihm anfangen.
Was kan ich mehr als ihm überzeugen,
ihm selbst gestehen machen, wo
er recht und unrecht, ihn die Mittel zum
rechten Weg zu zeigen, von ihm
hören er verstehe sie und wolte ihnen
folgen? Gehen andre andre Wege,
so kan ich es nicht hindern. Gut wäre es, wenn man ihm beybringen
könte, er hätte sein vermögen
verlohren, wie in dem jeune homme a
l'epreuve in
Destouches.
Die Post will fort, ich mus schliessen. Da ich hoffe bald von Ihnen selbst
was
zu hören, so will ich, was im Bürger Krieg und mit Petern sonst noch
vorgehen
möchte versparen, bis ich von Ihnen Nachricht habe, sonst möchten
meine Briefe
Sie verfehlen. Das grose Packet vom 14ten
octbr. das ich nach Frckfurth
geschickt,werden
Sie auch erhalten haben, es sind viele auf den
Bürgerstreit zielende Sachen drinnen. Von
mir sage
ich ietzo nichts als
daß ich bin,
Ew Hochwohlgeboℓ
verbundenster Diener,
Krafft.
Sehr ausführlicher Bericht über Mißstände in Ilmenau und über das Wiederaufleben des dortigen Bürgerstreites (der durch die seinerzeitige landesherrliche Begünstigung des betrügerischen Bürgermeister H. E. Hartung entstanden war und bis zur Klage der Bürger beim Reichskammergericht in Wetzlar geführt hatte) mit nachdrücklicher Parteinahme für die Bürger. Mit welcher äuserster Behutsamkeit die Sache ietzo zu behandeln sey, und daß erzeigende Gerechtigkeit bey deren billigen Klagen und Bestrafung der Ungerechten ohne Ansehung der Person, das beste Mittel fürs Land und den Herrn sey, glaube ich daß die Untersuchung, durch unpartheyische Hände, nicht durch Verwandte, noch durch den DepartementsRath geschehen müße [...]. - Ausführlicher Bericht über P. Im Baumgartens Verhalten und über K.s gute Versuche der Erziehung durch eine gleichbleibende Behandlung. - Das grose Packet vom 14. Octobris das ich nach Franckfurth geschickt, werden Sie auch erhalten haben, es sind viele auf den Bürgerstreit zielende Sachen drinnen.
Ilmenau den 1 Hochwohlgebohrener Insonders HochzuEhrender Herr Geheime Rath
Ich habe geglaubt es möchte Ihnen nicht unangenehm seyn, die hiesigen Vorfälle eher zu wissen als Sie selbst wieder ins Land kämen. Der vorläufige Begriff davon kan Ihnen dann schon im voraus eine Entschliesung fassen lassen. Sie betreffen, erstlich die Stadt, und dann Petern, und das erste zu mahl, kan fürs hertzogliche Intresse wichtig werden. Es hat das Ansehn als wenn der unglückliche Bürgerstreit wieder erregt sey, und zwar dadurch. Der Rath und Amtmann lies den so genanten Ammen Groschen von Denen, die ihn noch nicht bezahlt hatten, einfodern. Ein Schneider, Reichard, weigerte sich, ihn zu geben, weil die Bürger ein kayserℓ. decret für sich hätten keine neue Abgaben bezahlen zu dürfen. Er wurde fürs Amt gefodert, und gefragt wo dann dies decret wäre? Der Metzger Heinz solte es haben, sagte er, dieser kam auch. Der Amtmann war gantz höflich, fragte ob er denn das decret hätte, er möchte es doch sehen, um sich darnach richten zu können. Dieser sagte, er hätte eine Menge Schrifften zu Haus, er wolte gleich holen was er hätte, und brachte einen Pack getragen, das aber lauter Abschrifften waren. Auf Erkundigung wo dann das original wäre ? antwortete er, der Kürschner Schneider hätte es, es wäre wohl verwahrt, und würde nicht aus den Händen gegeben. Dieser solte gehohlt werden, war aber, da er gehört hatte, Heinz wäre der Sachen halber vorgefodert, schon selbst vor der Amtsstube, kam hinein und gestand, er hätte das original, gut verwahrt, müste es aber heilig aufheben um nicht Verantwortung bey seinen Mitbürgern zu haben. Der Amtmann, der es einmahl weg haben wolte, schickte inzwischen den Amtscommissair und die Amtsdiener hin, um alle Schrifften, die sich auf die Sache bezögen, in des Schneiders Haus wegzunehmen. Ein klein Pack hatte der Amtscommißair nicht mitgenommen, auf Anzeigen des Amtsdiener wurde es aber nachgeholt. Hier war inne, das Decret, der Salvus conductus und die gantze Correspondentz. Dem Kürschner wurde bange, daß er es verabfolgen lassen, kam also und foderte vom Amtmann des andern Tags ein recepisse daß das Amt diese Sachen wieder seinen Willen abholen lassen, um sich bei seinen Mittbürgern zu rechtfertigen. Dies wurde ihm gegeben. Ich muß dem Amtmann dabey die Gerechtigkeit wiederfahren| 2 | lassen, daß er alles aus der besten Meynung für den Herschaftlichen Dienst gethan, daß er keinem scharf begegnet oder ihnen gedrohet, sondern vielmehr gesagt habe, er wünschte das Andencken des Streits aus ihren und ihrer Kinder Gedächtniß zu verbannen, es solte keinen was geschehen pp sein gegebenes recepisse zeigt auch schon daß er nicht wieder Gerechtigkeit verfahren wolte. Ich glaube also, so wie man den Herschaftlichen Dienst nach den ordinairen Schlendrian nimt, verdient er keinen Verweis von Hofe, daß er in denen gewöhnlichen Wegen fortgegangen sey. Der Mann konte, wie die Sachen zu gehen pflegen und gewohnt sind, nicht anders handeln. Ob ich aber den bis ietz gewönlichen Weg für den rechten erkennen kan, ist eine andre Frage. Die Bürger sollen sich beruhigen! – und doch ist keine ihrer Klagen noch gehoben! 1) Scherf thut keine Rechnung, fodert vielmehr noch Pension. 2) Hartung begehrt so gar wieder Burgemeister zu werden, und läßt sich die gezogene deFerte in der Cämmerey Rechnung nichts anfechten 3) Der Steuer Einnehmer führt seine Einnahme Rechnungen (die Ausgabe ist durch die Commißionen mit so vergeblichen Kosten, untersucht) schon lange Jahre pro lubitu, ist allen Leuthen schuldig, schreibt ihnen das nicht ab, was sie wollen abgeschrieben haben, braucht vieleicht die Gelder nach Belieben, und noch ist die Bürgerschafft nicht in stand, einen Statum, wie ihre Steuer Schulden eigentlich stehen, zu bekommen, 4) Der Stadtschreiber befiehlt nach Gefallen und nimt es sehr übel wenn man ihn zu seiner Pflicht anhalten will, publicirt Rescripte nach seinem Gutdüncken, schlägt unter was er will, läßt consense verfertigen, wie es ihm gefält, ohne daß der gantze Rath drum weis, da ist noch keine Bier, noch keine Korn Rechnungen, noch keine Kriegsrechnung, nach so vielen Jahren gethan, und 1000 Sachen die ich zu verschiedenen Zeiten weitläuftig angeführt habe. – Und die Bürger sollen zufrieden seyn! – wird nicht der Hertzog mit denen Unterthanen immer| 3 | mit ruinirt? Alle Registraturen sind in Verwirrung. Hie und da fehlen Stücke, kein Mensch weiß wo sie sind. Hospital Rechnung hat der Stadtschreiber in 5 Jahren nicht abgelegt, sieht es als was unötiges an, entschuldigt sich mit der Verwirrung seiner Registratur, die letzte Revision hätte es in Unordnung gebracht! So? – revisionen machen anderwärts Ordnung, hier Unordnung – aber die Wahrheit ist, der revidirende Departements Rath hat die Unordnung gelassen wie er sie gefunden, seine diæten genommen und sich um das Beste des Landes wenig bekümmert, die Herrn nach Gefallen schalten lassen – und das ist eben so gut als hätte er die Unordnung selbst gemacht. Damit solten die Bürger sich nun beruhigen! Letzens bekam der Amtman ein Rescript mit Anfragen die Steuer betrefend auf einen Bericht der für 5 Jahren von hier abgegangen ist. Da keine Concepte da liegen so kan er die Fragen nicht einmahl beantworten, sondern muß auff den, seit 5 Jahren in Weimar liegenden Bericht zurückweisen. Wem sollen nun die Hare nicht zu Berge stehen, wenn er hört daß eine Regierung, in so einer wichtigen Sache als Steuer Sachen sind, 5 Jahre lang, Berichte unbeantwortet liegen läßt? was für Verwirrung muß da herschen, da es in allen Stücken so ist! und die Bürger sollen sich beruhigen! – Viele doppelte Anfragen zeigen daß sie das, was man ihnen in Weimar sagt, nicht mit gantzen Augen übersehen, sonst würden sie nicht Sachen zweymahl fragen die schon beantwortet sind. Bey der Amtsregistratur fehlen ein Haufen Acten, die ietzo der Amtmann von dem gewesenen Amts Actuario Michaelis in Weimar fodert, und da er sie nicht bekommen kan, an höhern Orthe die Sache angezeigt hat. Da alles aber schläfrig geht, so ist die Frage was die Regierung thue, und ob sie den Mann erhalten wird? Deposita sind theils nur| 4 | zum theil noch da, kurtz ieder rechtschafene fährt vor der,bisher mit Consens der obern hier getriebenen Wirthschafft, zurück. Doch wieder zum Bürgerstreit.
Die Leuthe, Schneider, Reichard und Heintz, mochten dem Dinge nach gedacht haben, daß ihnen nun der Salvus conductus genommen sey. Sie kanten die Arth zu verfahren, von ihren Mitbürgern die durch Soldaten aus denen Betten ins Zuchthaus geführt worden und theils darin gestorben sind, indessen die Personen über welche sie klagen und Untersuchung und Gerechtigkeit verlangen, mit erhobenen Haupt ungestrafft hier herum gehen, nach Gefallen mit Bürger Gelder wirthschafften, und noch Pensiones fodern, eine Sache die die Bürger sehr aufgebracht hat. Von ohngefehr kamen den Tag drauf, wie dies geschehen war, 2 Husaren von Weimar hieher, kaum erblickteten sie solche, als ihnen einfiel, (dies mahl wohl mit Unrecht, denn ich glaube nicht daß der ietzige Amtmann es würde gethan haben) man wolte sie vieleicht, wie ehmahls nun mit Gewalt hohlen, und sie sich also aus dem Staube machten. Noch mehr hatte zu diesen Verdacht anlas gegeben, daß der Amtmann dem Schneider bey schwerer Strafe untersagt hatte, seinen Mitbürgern zu sagen, daß er ihm den Salvum Conductum und das Decret abgenommen hätte. Nun sollen diese Leuthe wieder nach Wetzlar gegangen seyn, und der Streit kan, wenn ietzo nicht behutsam verfahren wird, aufs neue so starck wie ie ausbrechen. Solte nun auch der Hertzog denen Bürgern, die aus Mangel des Geldes oft nicht scharf genug solchen treiben können, etwas abgewinnen, schadet er sich dann nicht selbst, wenn seine Unterthanen verderben? Verdienen, die Leuthe über die die Untersuchung begehrt| 5 | wird, wohl, daß man, ihrer Familie und aus Partheylichkeit und Gunst halber, das Land aufopfere? Haben sie recht, so wird es ia die Untersuchung ausweisen, das Verfahren des Steuer Einnehmers aber ist ofenbahr unrecht, was thut es, daß er Vetter von Cantzler und Ekard ist? Ist das Beste des Landes oder diese mehr und von wem lebt der Hertzog? So mit dem andern. Welchen Ruhm würde sich der Hertzog machen, wenn er, was am Ende geschehen kan, der Untersuchung einer kayserℓ. Commißion, durch selbst befohlene neu angestelte ernstliche Untersuchungen aller Unordnungen zuvorkäme? Den Streit zwischen ihm als Lands Herrn, wegen mancher Geldfoderung in Steuern würden alsdann die Bürger gern niederschlagen, wenn sie sonst nur Gerechtigkeit gegen die Personen, die so unrecht haben bekämen und bessre Leuthe angesetzt und künftige Ordnung sähen. Die Folge wird lehren was die 3 oben benanten Personen in Wetzlar thun werden. Mich deucht aber, ietzo ist der Zeit Punckt entweder das Land vollends zu verderben, oder zu retten. Bis ich alles das, was geschehen muß, gethan hätte, hätte ich denen Bürgern den Salvum Conductum und das Decret ruhig in Besitz gelassen, da sie immer einen neuen wiederbekommen können. Ich würde aber inzwischen das viele übel, von dem ich so lange und viel schon geschrieben untersucht und gehoben haben, da es das Beste des Landes selbst erfodert, dann würde der ietzige Umstand nicht haben vorfallen können, und die Bürger hätten mir wohl freywillig die Schrifften ausgeliefert, und die Sache wäre zu Ende gewesen. Jetzt konte fast der Amtmann (da alles in statum quo geblie| 6 |ben war) nicht anders handeln als denen Leuthen, die sich auf ein Decret beriefen, das ihnen neue Auflagen zu geben untersagte, solches wegnehmen. Mit welcher äuserster Behutsamkeit die Sache ietzo zu behandeln sey, und dass erzeigende Gerechtigkeit bey denen billigen Klagen und Bestrafung der Ungerechten ohne Ansehung der Person, das beste Mittel fürs Land und dem Herrn sey, glaube ich daß die Untersuchung, durch unpartheyische Hände, nicht durch Verwandte, noch durch den Departements Rath geschehen müße, wenn sie helfen soll, versteht sich von selbst. Der neue Amtmann scheint mir sonst ein würdiger Mann und brauchbar, wenn er nur alles erst in Ordnung findet, da die Unordnungen überall zu gros sind, als daß er solche allein verbessern könne.
Mit ist der Amtmann auf den Bürgerstreit aufmercksam geworden, weil wegen der für andre darin vorgeschossenen und nicht erstatteten Kosten, ein gewisser Sander andre verklagt hatte. Diese Leuthe haben sich inzwischen wieder verglichen, da sie nun den allgemeinen Feind, wieder aufwachen sehen, und Sander rühmt sich schon wieder 200 Bürger auf seiner Seite zu haben.
Möchte doch Gott Ew. Hochwohlgebℓ Gehör beyden Lands Fürsten und Nachdruck und Krafft in Worten geben um diese, so schädliche Sachen, so wie es Gerechtigkeit und das Beste des Fürstens und Landes erfodert, auszumachen. Welchen Ruhm, festen, wahren, nicht flitternden Schein-Ruhm würden Sie sich erwerben, und welche inre Zufriedenheit! Seegen über unglückliche Bürger wiedergebracht, und die Macht| 7 | der Ungerechten zerbrochen zu haben! Ich kan mir nichts größeres dencken, als Friedensstiffter zwischen Herrn und Unterthanen, Ausrotter der Ungerechtigkeit, und Seegen der Völcker zu seyn! Wie viel fühlt meine Seele bey diesen Gedancken! – – Ihnen, ehe Sie ins Land kämen, davon Nachricht zu geben, hielt ich für Pflicht. Zumahl da ich den Brief, allen hier unbemerckt, da die Riethin noch in Bamberg ist, fortbringen kan. Denn solche Sachen werde ich von hier, weder mit der Post, noch dem Amts Bothen schreiben, sondern durch einen besondern Bothen. Daß Dieselben durch diese Nachrichten ins Land zurück geruffen werden würden, glaube ich gewiß.
Nun auch noch was von Petern. Wie ich ihn behandle habe ich letzthin weitläuftig geschrieben. Wenn dies nicht fruchtet, so fruchtet ewig nichts. Letzthin aber kamen der Wildmeister, und bald drauf in vorbeygehen der Hℓ. Cammerherr selbst zu mir, und klagten beyde auserordentlich starck über Petern. Der Wildmeister sagte, er könte mir versichern daß niemals ein Jäger aus ihm werden würde, daß er nichts [sic] das geringste davon verstünde, noch zu lernen Lust hätte, noch behielte, wann man es ihm sagte, daß er in allen Sachen wiederspänstig wäre, grob gegen die Pursche und Hausgesind, liederlich in seinen Sachen und Aufführung, ohngeweckt für 10 Uhr nicht aufstünd (eine Probe gab er mir davon da er ihn den andern Tag ungeweckt schlaffen lies, und Peter richtig erst um 10 Uhr aufstund, und sich nach 1/4stunde bey mir sehen ließe) er klagte über seinen| 8 | Hochmuth, daß er sich drauf verlies er hätte 6000 rℓ, niemand hätte ihn was zu befehlen und er brauchte nichts zu lernen, daß er mit Gewalt Hℓ. v. Lindau wolte genant seyn, daß er in den Wirthshäusern abends herumzög und mit iedermann Karten spielte, so daß er ihm öfters aussperren müßte, daß er seine Sachen heimlich verkauffte und verschenckte und ohne toback nicht leben könte ppp. Der Hℓ. Cammerherr sagte ein gleiches, wie auch daß er ihn schon selbst hier und da zu abrichten wollen, aber daß er entweder nicht gekommen oder nicht achtung drauf gegeben hätte, daß er oft allen Wohlstand aus den Augen setzte, nichts von der Jagd lernte und nichts lernen würde. Er wolte ihm selbst einmahl aus den Wirthshäusern hohlen und den Leuthen es untersagen ihn zu beherbergen. Auch lief er oft liederlichen Menschern nach pp. Ich erstaunte und betrübte mich von Hertzen über dies alles. Manches muß wahr seyn. Seine Unachtsamkeit, Vergeßenheit pp mercke ich täglich und habe solche öfters berührt. Sein Stoltz ist mir auch sichtbahr genug, und ich arbeite immer mit Gründen ihn zu dämpfen. Wer dem iungen Menschen hat mercken lassen, er hätte Vermögen, ist an vielen Unglück das ihm wiederfahren kan, Schuld. Solche iunge rohe Leuthe können diese Käntniß nicht brauchen, misbrauchen sie viel mehr, eben so als wenn man gar zu schöne mit ihnen thut. Er sagte mir einstmahl selbst. Er hätte so viel Geld daß er nichts zu lernen brauchte als was ihm beliebte, er hätte und müße auch noch ein Guth von | 9 | seinen Vater bekommen, wären doch mehr Leuthe in der Welt, die gute und grose Dienste hätten und könten noch wohl weniger als er. Alles, Früchte des ihm zu zeitig beygebrachten Stoltzes. Gegen mich hat er Liebe und nimt sich immer in acht, sich nichts unanständiges mercken zu lassen, seitdem ich mich gewöhnt, mit ihm über die Dinge in der Welt pp zu räsoniren. Mir folgt er, und wiederspricht nie, bekent sich auch, wenn er gefehlt hat, gleich schuldig. Freylich wird sich niemand die Mühe mit ihm geben, die ich mir, um Ew Hochwohlgebohrn halber, gäbe. An der Arth, wie er behandelt wird, liegt auch wohl viel. Bey mir hört er zu allem Gründe, ich selbst gebe ihm die Regel, nichts ohne Grund vorzunehmen, oder zu thun. Gerecht gegen ieden zu seyn p. Wie die Arth der Behandlung beym Wildmeister sey, weiß ich nicht. Freylich wohl nicht so, als wenn ich Wildmeister wäre. Oft mag man auch mit ihm Haseliren und zu familiær seyn, dann auf einmahl ihn anfahren und streng seyn, dies ist bey ihm wohl der falsche Weg. Was das meiste ist, so scheint er alles Vertrauen zu seinen Lehrern hier in der Jägerey verlohren zu haben, ich bemühe mich es wieder zu erwecken, weis aber nicht ob es mir gelingen wird.
Für das, daß er Jägerey hier lerne, stehe ich nicht, und glaube es kaum. Er müßte aus aller Connexion hier und in Hände kommen, die ihm von Anfang an, egal, und seinem Temprament gemäß behandelten, wenn er noch ein würcklicher Jäger werden solte.
| 10 |Wie er den Tag drauf zu mir kam, hielt ich ihm alles vor. Sagte ihm es thäte mir in Hertzen weh, daß ich so viel schlechtes von ihm hörte, da ich angefangen hätte, seitdem er seine Fehler selbst einsähe und bekendte vor ihm gute Hofnung zu haben. Ich zeigte ihm weitläuftig das unschickliche des stoltzes überhaubt, und des seinigen insbesondere, daß 6000 rℓ kein Capital wären, davon man bey einer schlechten Wirthschafft leben und zeitlebens müsig gehen könte, daß niemand Leuthe achtete die grose Stellen und doch keine Verdienste hätten als ihre Untergebene, daß er noch nicht einmahl unter die gehörte, die ohne Verdienste befördert würden da seine Gönner zu rechtschafne Leuthe wären und zu viel Gewissen hätten es zu thun, daß so lange sein Geld währte er Schmeichler aber wann es bald alle, dann keinen Helfer haben würde, daß nun das Glück und Unglück seines Lebens in seiner Hand sey, er vorzüglich für viel 1000 Gelegenheit hätte was zu lernen, und er sonst ein Taugenichts werden und von ieden dafür erkandt werden müßte. Was das für Ehre wäre. Daß wir nur von andern Achtung erhielten, wenn wir uns darnach betrügen, nicht durch stoltzes pochen. Dass man in der Welt gefällig gegen ieden seyn müßte und die goldene Regel nicht aus den Augen lassen, was du nicht wilst, thue den Leuthen auch nicht. Kurz ich müßte 24 Bogen schreiben, wenn ich alles das berühren| 11 | wolte, was und wie ich es ihm sagte. Ich lies keine Falte seines Hertzens unangetastet, er schien gerührt, gab sich in vielen schuldig, erkandte daß ich es volkommen gut mit ihm meynte, in Allen recht hätte, aber daß ihm niemand wie ich behandelte. Klagte über den Wildmeister und Cammerherrn in manchen Stücken. Falsch wäre es gewesen wenn ich ihm recht gegeben. Ich wies ihm zur Folgsamkeit, Geduld, Beharrlichkeit im Guten, Gefälligkeit, wenn auch andre ungefällig wären und nicht in seinen Pflichten müde zu werden, an, wies ihm an, um das vergessene selbst zu fragen, schlechte Geselschafften zu meiden, Kartenspiel zu lassen, die Meynung zu verlernen, er könne ohne Verdienste als ein groser Herr von seinen Geldern leben, ein nützliches und nicht unbrauchbares Glied der Welt zu werden, und die wahre Ehre kennen zu lernen in seinen Wald, Holtz, Wild, Flinte, Hunde, Pferde, sich auch in den geringsten Kleinigkeiten zu bekümmern, sagte daß ich ia nicht müde würde ihm zu lernen und nie aufführe, so müßte er nie müde werden Gefälligkeiten andern zu erzeigen, wenn sie es auch nicht gleich erkandten.
Er klagte die Pursche wären darüber böse, daß er ihnnen nicht aufwarten wolte, das manchmahl ihm was gesagt, dann wieder nichts gesagt würde, daß er in einen Bett mit iedem neuen Jungen schlafen müßte, dann| 12 | oft unwülig sey, daß die Pursche ihn anführen, und sein Wildmeister ihn nicht eben alzeit mit Sanftmuth behandelte ppp. Ich habe ihm alles was man nur drauf sagen kan, gesagt, und daß er ietzt alles übersehen und neu lernen müßte, es sey von wem es wolle, Gefälligkeiten aller Hertzen endlich gewönnen und seine Aufführung ihm Achtung erwerben müßte, wenn er welche wolte. Was es nun haften wird, wird die Zeit lehren. In meiner Stube, und so lang ich um ihm bin, kan ich alles mit ihm anfangen. Was kan ich mehr als ihm überzeugen, ihm selbst gestehen machen, wo er recht und unrecht, ihn die Mittel zum rechten Weg zu zeigen, von ihm hören er verstehe sie und wolte ihnen folgen? Gehen andre andre Wege, so kan ich es nicht hindern. Gut wäre es, wenn man ihm beybringen könte, er hätte sein vermögen verlohren, wie in dem jeune homme a l'epreuve in Destouches.
Die Post will fort, ich mus schliessen. Da ich hoffe bald von Ihnen selbst was zu hören, so will ich, was im Bürger Krieg und mit Petern sonst noch vorgehen möchte versparen, bis ich von Ihnen Nachricht habe, sonst möchten meine Briefe Sie verfehlen. Das grose Packet vom 14ten octbr. das ich nach Frckfurth geschickt,werden Sie auch erhalten haben, es sind viele auf den Bürgerstreit zielende Sachen drinnen. Von mir sage ich ietzo nichts als daß ich bin,
Ew Hochwohlgeboℓ verbundenster Diener, Krafft.