〈Druck〉
Sie haben lange nichts von mir selbst, wohl aber gewiß von Lenz, und einigen Fremden allerley von mir gehört. Ich treibe immer das Getreibe ; die Plaut. Comödien fangen an sich heraus zu machen. Lenz soll mir doch schreiben. Ich habe was für ihn aufm Herzen.
Wenn Sie das Exemplar Berlichingen noch haben, so schicken Sies nach Sessenheim unter Aufschrift an Msll ...., ohne Vornahmen.
Die arme Friderike wird einigermaßen sich getröstet finden, wenn der Untreue vergiftet wird. Sollte das Exemplar fort seyn, so besorgen Sie wohl ein anders.
Ich möchte wohl wieder einmal hören wie's Ihnen geht, was das Camin macht u. s. w.
Meine Schwester heurathet nach Carlsruh.
G.
Es wird erwähnt, dass Goethes Schwester Cornelia heiraten werde (vgl. 50,15 ). Die Hochzeit fand am 1. November 1773 statt. Der vorliegende Brief könnte demnach im Oktober 1773 geschrieben worden sein.
H: Kriegsverlust; bis 1870 Bibliothèque Municipale Strasbourg. – Egh., mit Paraphe. Vgl. GB 1 II, Überlieferung zu Nr 81 .
h: Verbleib unbekannt (= h1; vgl. GB 1 II, Überlieferung zu Nr 81 ).
E: Christian Moritz Engelhardt: Einige Briefe Goethes aus der Zeit seines Aufenthalts zu Straßburg und gleich darauf. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Nr 38 vom 13. Februar 1838, S. 149 (unvollständig?, vgl. 50,14 ) (nach H).
D1: Stöber (1853), 57 f., Nr 12 (unvollständig?, vgl. 50,13–14 und die Überlieferungsvarianten) (nach H?, vgl. GB 1 II, Überlieferung zu Nr 81 ).
D2: WA IV 2 (1887), 108 f., Nr 171 (nach D1, Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 208).
D3: DjG2 3 (1910), 57 f., Nr 172 (nach E und D1).
Textgrundlage: E. – Ein Vergleich der Textzeugen E (nach H) und D1 (möglicherweise nach H) zeigt, dass E der Handschrift näher steht als D1; vgl. GB 1 II, Überlieferung und Überlieferungsvarianten zu Nr 82 und 85 sowie WA IV 50, 210, zu Nr 267.
Lenz,] Lenz D1 Fremden] Freunden D1 die] denn D1 Vornahmen.] kein Absatz D1 Friderike] Friederike D1 einigermaßen] einigermassen D1
Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.
lange nichts von mir selbst] Der letzte vorangegangene überlieferte Brief Goethes an Salzmann stammt vom 6. März 1773 ( Nr 15 ).
Lenz] Jakob Michael Reinhold Lenz; über Goethes Straßburger Bekanntschaft mit Lenz vgl. die erste Erläuterung zu 13,5 .
die Plaut. Comödien] Vgl. die erste Erläuterung zu 13,5 .
fangen an sich heraus zu machen] Die Bemerkung bezieht sich auf den Fortgang des Drucks. Lenz' Plautus-Übersetzung wurde in Darmstadt gedruckt, vermutlich wegen Problemen mit der Straßburger Zensur, und von Weygand in Leipzig in Verlag genommen.
Exemplar Berlichingen] Ende 1771 war binnen kurzer Zeit die erste Fassung des „Götz“, der so genannte ‚Ur-Götz‘, entstanden, der erst nach Goethes Tod gedruckt wurde. Von Januar bis März 1773 hatte Goethe eine weniger ‚shakespearisierende‘ Fassung hergestellt, die im Juni 1773 anonym und im Selbstverlag erschienen war: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. Ein Schauspiel. Offenbar hatte Goethe Salzmann ein Exemplar des Buches geschickt.
Msll . . . .] Gemeint ist Friederike Brion. Vgl. auch GB 1 II, einleitende Erläuterung zu Nr 81 .
der Untreue] Weislingen aus dem „Götz“, mit dem sich Goethe hier identifiziert. In „Dichtung und Wahrheit“ nennt Goethe dies eine poetische Beichte und die Figur des Weislingen ein Resultat solcher reuigen Betrachtungen (AA DuW 1, 431 und 432 [12. Buch]).
was das Camin macht u. s. w.] Möglicherweise ist der Brief in E unvollständig wiedergegeben (vgl. GB 1 II, Überlieferung zu Nr 81 , zu D1).
das Camin] Über das Genus des Wortes heißt es bei Adelung (2, 1476): „In einigen Oberdeutschen Gegenden ist es ungewissen Geschlechtes, das Kamin.“ – Der Platz am Kamin war offenbar ein Lieblingsplatz Salzmanns (vgl. 145,19–20 ).
Meine Schwester heurathet] Cornelia Goethe heiratete am 1. November Johann Georg Schlosser, zu dieser Zeit markgräflich badischer Hof- und Regierungsrat in Karslruhe.