Johann Wolfgang Goethe: Tagebücher

Historisch-kritische Ausgabe

Eine „tägliche […] Buchführung mit sich selbst“ war für Goethe von großer Bedeutung, wie er 1827 gegenüber Kanzler Friedrich von Müller formulierte. Seine überlieferten Tagebücher machen rund zehn Prozent seines literarischen Nachlasses aus und erstrecken sich über einen Zeitraum von 57 Jahren. Einigermaßen kontinuierliche Aufzeichnungen beginnen 1775 während Goethes erster Schweizer Reise. Ab März 1817 werden die Tagebücher so gut wie ununterbrochen geführt. Sie enden wenige Tage vor Goethes Tod im März 1832.

Die seit 1797 überwiegend diktierten Diarien sind, abgesehen von frühen Aufzeichnungen, keine ausführlichen Beschreibungen von innerem Erleben und Empfinden, sondern vor allem Dokumentation eines überaus reichen und tätigen Lebens. Mit den Jahren werden sie tendenziell immer sachlicher und konzentrierter. Das liegt auch darin begründet, dass Goethe seine Journale als Arbeitsmaterialien, zum Beispiel zur Abfassung von autobiographischen Schriften, benutzt. Nicht zuletzt in der Knappheit der Einträge und in der Vielseitigkeit von Goethes Interessen, Tätigkeiten und Beziehungen liegt der hohe Kommentierungsbedarf der Texte begründet.

Im Unterschied zur Weimarer Ausgabe von Goethes Werken, in der seine Tagebücher zwischen 1888 und 1903 erstmals vollständig publiziert, aber so gut wie nicht erläutert wurden, werden die Texte in der neuen historisch-kritischen Edition ohne Eingriffe durch die Herausgeber nach den Handschriften, die fast vollständig im Goethe- und Schiller-Archiv aufbewahrt werden, wiedergegeben. Die Edition bietet einen heutigen Standards entsprechenden Apparat, der sämtliche zeitgenössische Korrekturen und Ergänzungen sowie die Wechsel der Schreiber verzeichnet. Ein umfangreiches Register der direkt und indirekt im Tagebuch genannten Personen, Werke und Orte sowie ein Register zu Goethes Werken erschließen den Text. Ein ausführlicher Kommentar erläutert und kontextualisiert die in vielen Fällen nur angedeuteten Vorgänge.

Von den geplanten dreizehn Doppelbänden der Ausgabe (inklusive eines Supplementbandes) sind seit 1998 die von Jochen Golz, Wolfgang Albrecht, Andreas Döhler, Sebastian Mangold, Ariane Ludwig und Edith Zehm verantworteten Doppelbände 1 bis 8 erschienen. Der aktuell in Arbeit befindliche Band 9 wird im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar/Goethe- und Schiller-Archiv sowie in Verbindung mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur von Margrit Glaser, Johannes Korngiebel und Ariane Ludwig herausgegeben.