Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 38
Von Marie Sophie von La Roche

17. Oktober 1774, Ehrenbreitstein bei Koblenz

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Göthe mein Freund! warum so gar nichts
von Ihnen – gar nichts – sind Sie so
glüklich das die Zufriedenheit Ihrer
Freunde überfluß wird – oder so übel
gestimmt – das auch alles was ich für Sie
denke u – bin unnüzes Zeug für Sie ist
schiken Sie doch dem la Roche – u – dem
Regierungs Presidenten von Gemingen in
Stutgardt einen Werther ich bitte Sie
Hℓ. v. Hohenfeldt dankt Ihnen sehr das
Sie ihn geschrieben haben – Er nimt einen
ohnendlichen antheil an dem ganzen – u – hat
den gang Ihrer Seele – schritt vor schritt mit
gemacht – Sie sind ihm ohnendlich werth gewor-
den – u – mir Göthe! was denken Sie mir
zu seyn? Boie von Göttingen war bey mir
wir haben viel von Ihnen geredt – der Mann
   gefiel mir – sagen | 2 |
Sie wie gefiel ich u – meine treuherzig-
keit ihm = Er weiß einen Göthe zu lieben
ich dank ihm nicht dafür – aber ich schäze
ihn als einen Mann der Seele hat –


adieu – was macht Ihre Schwester? wird
diese nicht durch Klopstoken eine Schadloß-
haltung erlangen = von andrem Guten so
ihrem Geist u – Herzen durch ihre
verpflanzung entgangen ist –


meine gute Max ist in Bonn mit Dumeiz
Bolz u – Compagnie – indessen sind ein paar
Haußtyrannen Briefe an sie eingelofen
die mir ihre abreiße fürchterlich machen
O – Göthe – wohin ach wohin – hat mich der Aber
glaube – an Freundschaft – an edelmüthigkeit
u – Tugend geführt – die bestättigte vergifftung
deß Pabsts – hat mich wünschen machen – das der Ehrgeiz-
zige – dem das arme Kind im Weeg zu seyn schien
   auch eher dieses mittel | 3 |
möchte ergrifen haben – ehe das unglükliche
band von den händen geknüpft wurde die meine
Max elend – u – meine andren Kinder umso viel
ärmer machten – u – mir zuerst – dann noch
dem la Roche das Herz brach – u – Dumeizs
bezeugen – O Göthe – Gift ist ein labtrunk
dagegen – ruhe u -­ Glük meines
Herzens ist ermordet – u – ich kan
La Roche nicht sagen – Päte non dol[et]
verzeyhen Sie mir all dieses – heute laag
einganz schweeres – schwarzes gewicht auf
mir – ich mußte die pressung meines
Herzens – über der Hand eines Freunds auß
weinen – mißgönnen Sie mirs nicht – und
zürnen Sie nicht das ich Sie wählte – adieu.



   An
Herrn Doctor Göthe
   in
   Frankfort
   am Mayn
auf dem
Hirschgraben
franco

S:  Goethe-Museum Düsseldorf  D:  Briefe HA Nr. 28  B? : 1774 September 19 (WA IV 2, Nr. 251); 1774 Oktober Anfang (WA IV 2, Nr. 256)  A : 1774 Oktober 21 (WA IV 2, Nr. 258) 

Bedauern über G.s Schweigsamkeit. G. möge G. M. F. von La Roche und E. F. von Gemmingen "Die Leiden des jungen Werthers" senden. C. P. W. von Hohenfeld nehme ohnendlichen antheil an G.; H. C. Boie, der einen Göthe zu lieben wisse, habe sie besucht. - Frage nach dem Ergehen von G.s Schwester und sorgenvolle und schmerzliche Ausführungen über das Schicksal ihrer Tochter M. E. Brentano; Erwähnung von F. D. Dumeiz und der Vergiftung des Papstes Clemens XIV.

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 Göthe mein Freund! warum so gar nichts von Ihnen – gar nichts – sind Sie so glüklich das die Zufriedenheit Ihrer Freunde überfluß wird – oder so übel gestimmt – das auch alles was ich für Sie denke u – bin unnüzes Zeug für Sie ist schiken Sie doch dem la Roche – u – dem Regierungs Presidenten von Gemingen in Stutgardt einen Werther ich bitte Sie Hℓ. v. Hohenfeldt dankt Ihnen sehr das Sie ihn geschrieben haben – Er nimt einen ohnendlichen antheil an dem ganzen – u – hat den gang Ihrer Seele – schritt vor schritt mit gemacht – Sie sind ihm ohnendlich werth geworden – u – mir Göthe! was denken Sie mir zu seyn? Boie von Göttingen war bey mir wir haben viel von Ihnen geredt – der Mann  gefiel mir – sagen| 2 | Sie wie gefiel ich u – meine treuherzigkeit ihm = Er weiß einen Göthe zu lieben ich dank ihm nicht dafür – aber ich schäze ihn als einen Mann der Seele hat –

 adieu – was macht Ihre Schwester? wird diese nicht durch Klopstoken eine Schadloßhaltung erlangen = von andrem Guten so ihrem Geist u – Herzen durch ihre verpflanzung entgangen ist –

 meine gute Max ist in Bonn mit Dumeiz Bolz u – Compagnie – indessen sind ein paar Haußtyrannen Briefe an sie eingelofen die mir ihre abreiße fürchterlich machen O – Göthe – wohin ach wohin – hat mich der Aber glaube – an Freundschaft – an edelmüthigkeit u – Tugend geführt – die bestättigte vergifftung deß Pabsts – hat mich wünschen machen – das der Ehrgeizzige – dem das arme Kind im Weeg zu seyn schien  auch eher dieses mittel| 3 | möchte ergrifen haben – ehe das unglükliche band von den händen geknüpft wurde die meine Max elend – u – meine andren Kinder umso viel ärmer machten – u – mir zuerst – dann noch dem la Roche das Herz brach – u – Dumeizs bezeugen – O Göthe – Gift ist ein labtrunk dagegen – ruhe u -­ Glük meines Herzens ist ermordet – u – ich kan La Roche nicht sagen – Päte non dol[et] verzeyhen Sie mir all dieses – heute laag einganz schweeres – schwarzes gewicht auf mir – ich mußte die pressung meines Herzens – über der Hand eines Freunds auß weinen – mißgönnen Sie mirs nicht – und zürnen Sie nicht das ich Sie wählte – adieu.


   An
Herrn Doctor Göthe
   in
   Frankfort
   am Mayn
auf dem
Hirschgraben
franco

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 38, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0038_00040.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 38.

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