Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 31
Von Helene Elisabeth Jacobi

nach 21. Juli 1774, Vaels bei Aachen

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   Antwort


Freylich, Herr Doctor, konte ich keinen Brief von Ih-
nen noch weniger aus D. datirt erwarten. Mein Er-
staunen darüber war so groß, daß ich in einem Herr
jeminee ausbrach, welches meiner Mutter die Brille von
der Nase fallen machte. "Was habt ihr, Tochter?"
O nichts Mama, G. ist in D. u. ich just no "Wer ist
Herr Goethe? Ach – –. nun kratzte ich mich hinter die
Ohren, antwortete aber, ein guter Beckannter aus Fr.
Die Antwort war nicht hinlängℓ.; die guten Alten fra-
gen gerne, u. hätte ich no gesagt, Sie wären ein ge-
schickter advocat, so hätte sie meine obige exclamation ver-
üblet. Ein Poeten Herr Doctor steht hier in jämmerlichen Ansehen.
Daß es mir ind. leyd thut daß ich no mit Ihnen in un-
serer schönen gallerie herumwandre ist wahr, und daß es
Ihnen ebenfals leyd thut daß ich no dorten bin, will
ich zu meinem vergnügen glauben. Wäre ich, u. alles was
ich liebe in D. gewesen, so solte unsere altdeutsche ehr-
liche Bewirthung Ihnen no misvergn. haben
abreisen laßen. Sind Sie oder sind Sie nicht mehr
daselbst. Wo Sie sind, folge Ihnen Glück, Freude,
und vergnügen das wünschet von gantzen Hertzen



    Betti Jacobi


S:  GSA 51/II,12,1 Bl. 8  D:  GJa Nr. 11  B : 1774 Juli 21 (WA IV 2, Nr. 235)  A? : 1774 Juli Ende (WA IV 2, Nr. 236) 

J.s große Überraschung, von G. einen Brief aus Düsseldorf zu erhalten, habe das Interesse ihrer Mutter (H. M. von Clermont) hervorgerufen. J. habe erklären müssen, G. sei ein geschickter advocat, da ein Poet hier in jämmerlichen Ansehen stehe. Wäre sie (J.) in Düsseldorf gewesen, so hätte ihre altdeutsche ehrliche Bewirthung G. nicht misvergn. haben abreisen laßen.

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  Antwort

 Freylich, Herr Doctor, konte ich keinen Brief von Ihnen noch weniger aus D. datirt erwarten. Mein Erstaunen darüber war so groß, daß ich in einem Herr jeminee ausbrach, welches meiner Mutter die Brille von der Nase fallen machte. "Was habt ihr, Tochter?" O nichts Mama, G. ist in D. u. ich just no "Wer ist Herr Goethe? Ach – –. nun kratzte ich mich hinter die Ohren, antwortete aber, ein guter Beckannter aus Fr. Die Antwort war nicht hinlängℓ.; die guten Alten fragen gerne, u. hätte ich no gesagt, Sie wären ein geschickter advocat, so hätte sie meine obige exclamation verüblet. Ein Poeten Herr Doctor steht hier in jämmerlichen Ansehen. Daß es mir ind. leyd thut daß ich no mit Ihnen in unserer schönen gallerie herumwandre ist wahr, und daß es Ihnen ebenfals leyd thut daß ich no dorten bin, will ich zu meinem vergnügen glauben. Wäre ich, u. alles was ich liebe in D. gewesen, so solte unsere altdeutsche ehrliche Bewirthung Ihnen no misvergn. haben abreisen laßen. Sind Sie oder sind Sie nicht mehr daselbst. Wo Sie sind, folge Ihnen Glück, Freude, und vergnügen das wünschet von gantzen Hertzen

  Betti Jacobi

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 31, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0031_00033.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 31.

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