BuG: BuG I, A 246
Frankfurt 5./11. 2. 1773

Dichtung und Wahrheit XIII (WA I 28, 200)

Frankfurt 5./11. 2. 1773

Als ich nun mancherlei Vorschläge, wie ich dieß [eine Umarbeitung des Gottfried von Berlichingen] anzufangen gedächte, Mercken vorzutragen anfing, spottete er mein und fragte, was denn das ewige Arbeiten und Umarbeiten heißen solle? Die Sache werde dadurch nur anders und selten besser; man müsse sehn, was das eine für Wirkung thue, und dann immer wieder was Neues unternehmen. – „Bei Zeit auf die Zäun’, so trocknen die Windeln!“ rief er sprüchwörtlich aus; das Säumen und Zaudern mache nur unsichere Menschen. Ich erwiderte ihm dagegen, daß es mir unangenehm sein würde, eine Arbeit, an die ich so viele Neigung verwendet, einem Buchhändler anzubieten; und mir vielleicht gar eine abschlägliche Antwort zu holen: denn wie sollten sie einen jungen namenlosen und noch dazu verwegenen Schriftsteller beurtheilen? Schon meine Mitschuldigen, auf die ich etwas hielt, hätte ich, als meine Scheu vor der Presse nach und nach verschwand, gern gedruckt gesehn; allein ich fand keinen geneigten Verleger.

Hier ward nun meines Freundes technisch mercantilische Lust auf einmal rege. Durch die Frankfurter Zeitung hatte er sich schon mit Gelehrten und Buchhändlern in Verbindung gesetzt, wir sollten daher, wie er meinte, dieses seltsame und gewiß auffallende Werk auf eigne Kosten herausgeben, und es werde davon ein guter Vortheil zu ziehen sein; wie er denn, mit so vielen andern, öfters den Buchhändlern ihren Gewinn nachzurechnen pflegte, der bei manchen Werken freilich groß war, besonders wenn man außer Acht ließ, wie viel wieder an anderen Schriften und durch sonstige Handelsverhältnisse verloren geht. Genug, es ward ausgemacht, daß ich das Papier anschaffen, er aber für den Druck sorgen solle; und somit ging es frisch an’s Werk, und mir gefiel es gar nicht übel, meine wilde dramatische Skizze nach und nach in saubern Aushängebogen zu sehen.

Eckermann, Gespräche 9. 11. 1824 (Houben1 S. 98)

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Frankfurt 5./11. 2. 1773

Dagegen muß ich den Merk loben, sagte ich, daß er Sie trieb den Götz drucken zu lassen.

„Das war freylich ein wunderlicher bedeutender Mensch, erwiederte Goethe. „ „Laß das Zeug drucken! sagte er; es taugt zwar nichts, aber laß es nur drucken!“ “ Er war nicht für das Umarbeiten und er hatte Recht.“

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0246 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0246.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 231 f. (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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