BuG: BuG I, A 143
Reise ins untere Elsaß 22./24. 6. 1770

Dichtung und Wahrheit X (WA I 27, 323)

Unteres Elsass 22./24. 6. 1770

Mit zwei werthen Freunden und Tischgenossen, Engelbach und Weyland, beide aus dem untern Elsaß gebürtig, begab ich mich zu Pferde nach Zabern... Der Anblick des bischöflichen Schlosses erregte unsere Bewunderung ...

Nachdem wir uns nun an diesem geistlichen Vorposten einer königlichen Macht erfreut ... gelangten wir früh den andern Morgen zu einem öffentlichen Werk, das höchst würdig den Eingang in ein mächtiges Königreich eröffnet. Von der aufgehenden Sonne beschienen erhob sich vor uns die berühmte Zaberner Steige, ein Werk von unüberdenklicher Arbeit. Schlangenweis, über die fürchterlichsten Felsen aufgemauert, führt eine Chaussee, für drei Wagen neben einander breit genug, so leise bergauf, daß man es kaum empfindet ... So gelangt man allmählich nach Pfalzburg, einer neueren Festung ... Den Ort selbst fanden wir, wie sich’s für eine Festung geziemt, regelmäßig, von Steinen gebaut, die Kirche geschmackvoll. Als wir durch die Straßen wandelten – es war Sonntags früh um Neun – hörten wir Musik; man walzte schon im Wirthshause nach Herzenslust, und da sich die Einwohner durch die große Theurung, ja durch die drohende Hungersnoth, in ihrem Vergnügen nicht irre machen ließen, so ward auch unser jugendlicher Frohsinn keineswegs getrübt, als uns der Bäcker einiges Brot auf die Reise versagte und uns in den Gasthof verwies, wo wir es allenfalls an Ort und Stelle verzehren dürften.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0143 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0143.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 134 f. (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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