Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 1122
5. Oktober 1786, Donnerstag, Venedig

d. 5. Nach Tische

p. 547.

Heute früh war ich im Arsenal und mir interessant genug, da ich noch kein Seewesen kenne und also auch hier gleichsam die untre Schule besucht habe. Denn freylich sieht es hier sehr nach einer alten Familie aus, die sich noch rührt aber wo die Blüte 1 und die beste Zeit der Früchte vorüber ist.

Da ich auch den Handwerckern nachgehe, hab ich manches merckwürdige gesehn. Ein Schiff von 84 Canonen dessen Gerippe fertig steht hab ich bestiegen.

Ein gleiches ist vor sechs Monaten, ganz fertig, ausgerüstet, an der Riva de Sciavoni, bis auf’s Wasser verbrannt. Die Pulverkammer war nicht sehr gefüllt und da sie sprang that es keinen grosen Schaden. Die Benachbarten Häuser büsten ihre Scheiben ein.

Schönes Eichen 2 Holz aus Istrien hab ich verarbeiten sehn. Ich kann nicht genug sagen, was mir meine sauer erworbnen Kenntniße der natürlichen Dinge 3 die doch 4 der Mensch als Materialien 5 braucht und zu seinem Nutzen verwendet überall helfen 6 und mir die Sachen aufklären. So ist mir die Mineralogische und Oryktologische Kenntniß der Steine, ein großer Vorsprung in der Baukunst.

Auf dieser Reise hoff ich will ich mein Gemüth 7 über die schönen Künste beruhigen, ihr heilig Bild mir recht in die Seele prägen und zum stillen Genuß bewahren. Dann aber mich zu den Handwerckern wenden, und wenn ich zurückkomme, Chymie und Mechanik studiren. Denn die Zeit des Schönen ist vorüber nur die Noth und das strenge Bedürfniß erfordern unsre Tage.

Ich habe schon Vorgedancken und Vorgefühle über das Wiederaufleben der Künste in Italien, in der mittlern Zeit, und wie auch diese Asträa wieder bald die Erde verlies und wie das alles zusammenhängt. Wie mir die Römische Geschichte entgegen steigt! Schade schade meine Geliebte! alles ein wenig spät. O daß ich nicht einen klugen Engländer zum Vater gehabt habe, daß ich das alles allein, ganz allein habe erwerben und erobern müssen, und noch muß.

Es regnet und ich sitze am Camin. wann werd ich dir an dem Meinigen wieder Thee vorsetzen. 8

Da ich dir Caffee von Alexandrien versprach, dachtest du wohl nicht daß ich ihn selbst in Venedig hohlen würde. Ich habe schon an verschiednen Orten gefragt und durch Kundige fragen laßen, noch aber trau ich nicht, ich muß ganz gewiß seyn. Der welchen ich gesehen, sollten 7 ℔ einen Dukaten gelten, das wäre nicht viel. Freylich macht der Transport bis in das mittelländische Thüringen noch etwas aus, genug aber du sollst dessen haben.

Gestern bin ich nicht nach meinem Vorsatz in die Commödie gekommen. Heut hoff ich eine Tragödie zu sehn und bin recht neugierig darauf.

Mit der Baukunst geht es täglich besser. Wenn man ins Wasser kommt lernt man schwimmen. Ich habe mir nun auch die Ordnungen der Säulen rational gemacht und kann das Warum meist schon angeben. Nun behalt ich auch die Maaße und Verhältniße die mir als blos Gedächtnißwerck immer unbegreiflich und unbehaltbar blieben.

Ein Wort vom Bucentaur . Es ist eine Pracht Galeere. Aber ein schöner Gedancke und gut ausgeführt. Ich komme immer auf mein altes zurück wenn der Künstler einen ächten Gegenstand hat; so kann er etwas ächtes machen. Hier war die Aufgabe eine Galeere zu machen die werth wäre die Häupter einer Republick, an dem feyrlichsten Tage zum Sakramente ihrer alt hergebrachten herrschafft zu tragen. Und es ist brav ausgeführt. Ganz Zierath! Also darf mam 9 nicht sagen mit Zierrath 10 überladen. Ganz Schnitzwerk und verguldet, sonst 11 zu keinem Gebrauch, eine wahre Monstranz um dem Volck seine Häupter recht herrlich zu zeigen. Und wir wissen daß das Volk, 12 wie es gern seine Hüte schmückt, auch seine Obern gerne herrlich und geputzt sieht. Es ist ein rechtes Familienstück, 13 woran man sehn kann was die Venetianer waren und sich zu seyn dünckten.

Ich schreibe dir so alles hin daß ich nicht viel zu erzählen haben werde. Wohl kann ich sagen daß ich keinen Gedanken, der mir nur werth dünkt 14 gehabt habe, ohne ihn wenigstens mit einigen Worten anzuzeigen.

Da es noch nicht Komm. Zeit ist ein Wort von Palladio das an die gestrigen paßt. Ich habe an seinen ausgeführten Wercken, besonders den Kirchen, manches tadelns würdige gesehn, neben 15 dem Größten, so daß es mir war als wenn er dabey stünde und mir sagte: das und das hab ich wider willen gemacht, aber doch gemacht, weil ich nur auf diese Weise unter diesen gegebnen Umständen meiner höchsten Idee am nächsten kommen konnte.

Es scheint mir er habe bey Betrachtung eines Platzes, einer Höhe und Breite, einer schon 16 stehenden Kirche, eines älteren Hauses, wozu er Facaden errichten sollte, nur überlegt: 17 wie bringst du hier das Ganze in die größte Form, im einzelnen mußt du eins und das andre verpfuschen, da oder dort wird eine Inkongruität entstehen, aber das mag seyn das Gantze wird einen hohen Styl haben und du wirst dir zur Freude arbeiten. und so hat er das große Bild was er in der Seele hatte auch dahin gebracht wo es nicht ganz paßte, wo er es zerstücken und verstümmeln mußte. Drum ist mir der Flügel in der Carita so werth, weil er da ganz seinem Geiste gefolgt ist. Wäre es fertig; so würde vielleicht kein vollkommner Stück 18 Baukunst jezt auf der Welt existiren.

Dieses |: nämlich wie er gedacht und wie er gearbeitet :| wird mir immer klärer, jemehr ich seine Wercke lese, oder vielmehr sehe wie er die Alten behandelt. Denn er macht wenig Worte sie sind aber alle gewichtig. Es ist das vierte Buch von Antiken Tempeln, das eine rechte Einleitung ist Rom mit Sinn zu sehen.

Recht merckwürdig ist wie andre Baumeister vor und nach ihm, an diesen Schwürigkeiten gekaut haben und wie diese sich mit einer goldnen Mittelmäsigkeit aus der Sache gezogen haben. Ich will das alles noch besser faßen wenn ich nur erst die untern Claßen durchlaufen habe.


Nachts.

Ich komme noch lachend aus der Tragödie auf meine Stube und erzähle dir s vor Schlafengehn. Das Stück war nicht schlimm. Der Verfaßer hatte alle tragische Matadors zusammen gesteckt und die Schauspieler 19 hatten gut spielen. Die meisten Situationen waren bekannt, einige aber neuer und ganz glücklich. Zuletzt blieb nichts übrig als daß die beyden Väter sich erstachen, welches auch glücklich vonstatten ging. Worauf unter grosem Händeklatschen der Vorhang fiel. Aber das Klatschen vermehrte sich nur, es ward fuora gerufen und endlich bequemten sich die zwey Hauptpaare, hinter dem Vorhang hervorzukriechen, ihre 20 Bücklinge zu machen und auf der anderen Seite wieder abzugehn. Das Publikum war noch nicht befriedigt, sondern klatschte fort und rief: i morti! – das dauerte so lang biß die zwey Alten auch herauskamen und sich bückten, da denn einige Stimmen riefen: bravi i morti! Es wurde ihnen viel geklatscht und sie gingen ab.

Es verliert diese Poße viel wenn man nicht das bravo! bravi! das die Italiäner immer im Munde haben, so in den Ohren hat wie ich, und dann auf einmal auch sogar die Todten mit diesem Ehrenwort anrufen hört. Ich habe recht innerlich gelacht. Gute Nacht! Felicissima notte! sagt der Ital.

  1. blute > Blüte  ↑
  2. Eichen erg  ↑
  3. nach Dinge get und Materialien  ↑
  4. doch erg  ↑
  5. als Materialien erg  ↑
  6. hilft > helfen  ↑
  7. nach Gemüth get hoff ich  ↑
  8. vorsezen > vorsetzen  ↑
  9. gemeint man  ↑
  10. Zierrah > Zierrath  ↑
  11. str → sonst  ↑
  12. nach Volk Komma erg  ↑
  13. Familienstuck > Familienstück  ↑
  14. dünke > dünkt  ↑
  15. mit > neben  ↑
  16. ste → schon  ↑
  17. Doppelpunkt erg  ↑
  18. stuck > Stück  ↑
  19. C > Schauspieler  ↑
  20. vor ihre get und  ↑

H: GSA 27/9


Das Tagebuch ist durchweg von Goethe eigenhändig geschrieben, mit unterschiedlich kräftiger schwarzer und blasserer, bräunlicher Tinte. Es besteht aus fünf »Stücken«, vergilbten Quartblättern von leicht differierender Größe: ca 142–170 × 207–215 mm.

Jedes »Stück« ist foliiert. Lose am Ende beiliegend zwei Blätter: der zum »Dritten Stück« gehörende Vergleichungs Kreis der italiänischen und teutschen Uhr (siehe S. 220) und ein Entwurf dazu.

Nicht enthalten sind bei den fünf »Stücken« die Zeichnungen, die Goethe auf Extrablättern anfertigte und teilweise im Tagebuch, anfangs mit Nummern versehen, angab; siehe den Abschnitt: Zum »Reise-Tagebuch 1786« gehörige separate Zeichnungen (S. 568–569).

Wie alle Freunde Goethes war zwar auch Charlotte von Stein über sein Reisevorhaben uninformiert geblieben, aber ihr allein wandte er sich im »Reise-Tagebuch« zu, das er ihr ausdrücklich widmete (siehe S. 175, 23) und am 18. September 1786 erstmals brieflich ankündigte (WA IV 8, 23): Ich habe ein treues Tagbuch geführt und das Vornehmste was ich gesehn was ich gedacht aufgeschrieben und nach meiner Rechnung kannst du es in der Mitte Oktbr. haben. 〈…〉 Sag aber niemanden etwas von dem was du erhältst. Es ist vorerst ganz allein für dich. Der geschätzte Empfangstermin deutet darauf hin, daß Goethe zunächst »Stück« 1 und 2 des Tagebuchs übersenden wollte. Dann scheint er sich anders besonnen und es erst aus Venedig, ergänzt um »Stück« 3 und 4, abgeschickt zu haben (siehe Tgb 13. Oktober; S. 286, 8–10). Am 14. Oktober 1786 beauftragte er seinen Diener Philipp Friedrich Seidel brieflich (WA IV 8, 36): Sage der Frau von Stein: das versprochene Tagebuch würde später kommen, weil es nicht mit der Post, sondern mit Fuhrleuten ginge. Diese Sendung aus Venedig stand jedoch am Jahresende versehentlich noch ungeöffnet in Goethes Haus (vgl seinen Brief an Philipp Friedrich Seidel vom 30. Dezember 1786), so daß seine Absicht, Frau von Stein schnellstmöglich eingehend zu informieren, verfehlt wurde, und er bereute (Brief vom 17.–20. Januar 1787; WA IV 8, 139): Warum schickt ich dir nicht das Tagebuch von jeder Station! Das fünfte und letzte »Stück« sandte Goethe am 12. Dezember aus Rom (siehe S. 318, 12–15), nachdem sich sein Vorhaben, das Tagebuch dort fortzuführen, nicht hatte verwirklichen lassen (an Charlotte von Stein, 7.–11. November 1786; WA IV 8, 47): 〈…〉 hier ⟨in Rom⟩ wollt ich es fortsetzen allein es ging nicht. Auf der Reise rafft man auf was man kann, jeder Tag bringt etwas und man eilt auch darüber zu dencken und zu urtheilen. Hier kommt man in eine gar große Schule, wo Ein Tag soviel sagt und man doch von dem Tage nichts zu sagen wagt. Und nochmals an Charlotte von Stein (17.–20. Januar 1787; WA IV 8, 139–140): In Rom konnt ich nicht mehr ⟨Tagebuch⟩ schreiben. Es dringt zu eine grose Masse Existenz auf einen zu, man muß eine Umwandlung sein selbst geschehen laßen, man kann an seinen vorigen Ideen nicht mehr kleben bleiben, und doch nicht einzeln sagen worinn die Aufklärung besteht.

Die Intention, die in Weimar verbliebene Empfängerin des Tagebuchs fortlaufend zu informieren, verband Goethe damit, sich selbst Aufzeichnungen für spätere Verwendungszwecke zu machen. Deshalb gab er Charlotte von Stein kund (14. Oktober 1786; WA IV 8, 30–31): Anfangs gedacht ich mein Tagebuch allgemein zu schreiben, dann es an dich zu richten und das Sie zu brauchen damit es kommunikabel wäre, es ging aber nicht es ist allein für dich. Nun will ich dir einen Vorschlag thun. / Wenn du es nach und nach abschriebst, in Quart, aber gebrochne Blätter, verwandeltest das Du in Sie und liesest was dich allein angeht, oder du sonst denckst weg; so fänd ich wenn ich wiederkomme gleich ein Exemplar in das ich hinein korrigiren und das Ganze in Ordnung bringen könnte. Umfassend redigiert wurde das »Reise-Tagebuch 1786« erst zwischen Ende 1813 und 1815 für den Abdruck innerhalb der Autobiographie »Aus meinem Leben. Zweyter Abtheilung Erster Theil: Italienische Reise. Auch ich in Arkadien« (Stuttgart, Tübingen 1816; der Titel »Italiänische Reise« erst in: Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Bd 27. Stuttgart und Tübingen 1829). Nach der Rückkehr von Italien benutzte Goethe es teilweise als Quelle für seine Artikelserie »Auszüge aus einem Reisejournal«, die 1788–1789 anonym in Wielands Zeitschrift »Der Teutsche Merkur« erschien.

Eine nach Goethes brieflichem Vorschlag angefertigte oder eine andersartige Abschrift muß zustande gekommen sein, denn er verweigerte sie Herder, der sie für seine Italienreise erbeten hatte: Die Abschrift meines Reise Journals gäbe ich höchst ungerne aus Händen, meine Absicht war sie ins Feuer zu werfen. (Ende Juli/Anfang August 1788; WA IV 9, 8) Diese Absicht wurde wohl später noch verwirklicht, denn vom »Reise-Tagebuch 1786« ist keine Abschrift überliefert. Caroline Herder konnte es »nach 1791« lesen (HB 6, 311); ob abschriftlich oder original, läßt sich nicht ausmachen. Auch wann und wie Goethe seine Handschrift von Charlotte von Stein zurückerhalten hat, ist nicht mehr zu rekonstruieren.

Die fünf »Stücke« des Tagebuchs sind bis zum Herbst 1996 (bis zur Verfilmung für den unter D genannten Faksimiledruck) eingebunden gewesen in einem ca 3 mm dicken braun-beige marmorierten Pappeinband. In Golddruck steht auf dem Rücken des nun lose beiliegend aufbewahrten Einbandes, zwischen horizontalen Zierleisten, auf schwarzem Untergrund: »Italiänische / Reise. / 1786.« Genaues Alter des Einbandes und des Aufdrucks sind unbestimmbar. Sie scheinen aus der zweiten Hälfte des 19. Jh herzurühren. Die Innenseiten des Einbandes bestehen aus leicht grauem, gröberem Papier. Auf dem Nebenblatt der vorderen Innenseite steht rechts oben mit Rötel der Vermerk: 24.


Erstes Stück:

33 Quartblätter, ca 170 × 210 mm, einschließlich des Titelblatts. Vergilbtes Schreibpapier, am rechten Rand meist etwas ungerade beschnitten. Vertikal auf Mitte gebrochen.

Die Zählung, mit Bleistift und jeweils Vs rechts oben, beginnt nach dem Titelblatt und überspringt das folgende, unbeschriebene Blatt. Außerdem sind unbeschrieben: Titelblatt Rs, Bl 23 Rs (letztes Blatt der Note a), Bl 27 (zwischen Note c und Note d), Bl 31 Rs (Schlußblatt).

Auf ganzer Breite beschrieben ist Bl 18 (d. 9 Sept. 86 Abends. bis G; siehe S. 175,20–176,6). Ansonsten wurde zunächst nur die rechte Hälfte der gebrochenen Blätter beschrieben und die linke dann für Ergänzungen genutzt. Die Ergänzung d 6. S. (S. 169,9) wurde erst mit Bleistift geschrieben und dann mit Tinte nachgezogen.

Innerhalb des Textes auf Bl 26 Rs Zeichnung: Fig 1 und 2, 80 × 50 mm, Feder mit schwarzer Tinte (S. 180; Corpus V B, Nr 50).


Zweytes Stück:

35 Quartblätter, einschließlich des Titelblatts. Papier, Format und Brechung wie im »ersten Stück«.

Die Zählung, mit Bleistift und jeweils Vs rechts oben, beginnt auf dem Titel und dann neu auf dem Blatt mit dem Eintrag Trent d. 10 Sept. (S. 187). Dieses Blatt, wie auch das folgende, trägt zweifache Paginierung: 1 und 5 bzw. 2 und 6. Unpaginiert sind das Schlußblatt und je ein unbeschriebenes Blatt vor Bl 21 (vor Note a; S. 200) und vor Bl 24 (vor Note d; S. 202). Letzteres ist zudem am oberen Rand unaufgeschnitten.

Ferner sind unbeschrieben: Titelblatt Rs, Bl 2 Rs (Vs: Übersicht der Stationen) und Bl 3–4 der ersten Zähleinheit.

Auf ganzer Breite beschrieben ist Bl 26, Verzeichniß der Gebirgsarten (S. 204). Ansonsten überwiegend nur rechtsseitig beschrieben, in der linken Hälfte gelegentliche Ergänzungen. Bl 15 Vs Ergänzung mit Bleistift: unter dem 45 Gr. 50 Min (S. 196,25).

Innerhalb des Textes, auf der linken Hälfte von Bl 3 Rs (der zweiten Zähleinheit) stark verblaßte Zeichnung mit Bleistift (ca 100 × 75 mm; Faksimile auf S. 189; Corpus VI A, Nr 273, dazu der Vermerk: »Nicht reproduzierbar.«; auch in WA III 1 nicht abgebildet), zur Veranschaulichung des Satzes (S. 188,14–16): Uber lange niedrige Lauben sind die Stöcke gezogen und die blauen Trauben hängen gar zierlich und reich von der Decke herunter.


Drittes Stück:

53 paginierte Kleinquartblätter und unpaginiertes Titelblatt; geripptes Papier, auf voller Breite beschrieben, nur schmaler linksseitiger Rand. Format bis Bl 29: ca 153 × 215 mm; ab Bl 30: ca 142 × 207 mm.

Die Paginierung, mit Bleistift und jeweils Vs rechts oben, springt von 15 auf 17. Das unpaginierte Bl 16 (150 × 217 mm) mit der inkorrekten, nicht eigenhändigen Bleistiftaufschrift »gehört zu pag 66 Rückseite« und mit dem Vergleichungs Kreis der italiänischen und teutschen Uhr (S. 220) »fand sich, nebst einem ⟨mittels Bleistift ausgeführten⟩ Entwurf auf grauem Packpapier ⟨ca 210 × 270 mm⟩, lose in einem kleinen dies Thema umfassenden Convolut vor« (WA III 1, 366). Der mit Zirkel und Tinte gezogene Vergleichungs Kreis hat einen Durchmesser von 49 mm, der handgezeichnete unregelmäßige Entwurfskreis von ca 85 mm. Die Stundenangaben im Kreis und die darüber bzw darunter stehenden Worte Mittag und Mitternacht sind mit Bleistift eingetragen. Der Entwurf ist stark vergilbt und liegt zusammen mit Bl 16 der Handschrift zum »Reise-Tagebuch 1786« am Ende gesondert bei.

Unbeschrieben sind Titelblatt Rs, Bl 15 Rs (nach: Ein Caligula pp. ⟨S. 219,15⟩), Bl 20 Rs (nach: und wird in der Zukunft dienen. ⟨S. 225,4–5⟩), Bl 21 Rs (nach Nr 35 im Verzeichniß der mitgenommen Steine. ⟨S. 225,19⟩) und am Ende Bll 47 Rs bis 53.

Auf Bl 17 Vs mit Bleistift die Ergänzung in der ietzigen Jahrszeit (S. 221,25).

Innerhalb des Textes auf Bl 33 Vs Zeichnung, 35 × 37 mm, Feder mit schwarzer Tinte (S. 233; Corpus VI A, Nr 118).


Viertes Stück:

61 Kleinquartblätter, ca 143 × 210 mm. Papier und Zeilenbreite wie »Drittes Stück«.

Die Zählung, mit Bleistift vorgenommen, beginnt nach dem Titelblatt und befindet sich bis Bl 54 rechts oben, dann links unten.

Leer sind Titelblatt Rs, ein unpaginiertes Blatt nach Bl 8 (nach: Schon die drey Tage die ich hier bin; S. 254,11) und Bll 55 Rs, 56 Rs und 57 Rs bis 59. Mit Bleistift ergänzt auf Bl 31 Vs (S. 271,3): (Erygnium maritimum.)

Zeichnungen innerhalb und am Ende des Textes:

Bl 6 Rs (S. 252): Säulen der Kolonnaden des Dogenpalastes in Venedig, 22 × 40 mm, Feder mit schwarzer Tinte; Corpus VI A, Nr 136.

Bl 23 Rs (S. 262): Gebälk vom Tempel des Antoninus und der Faustina in Rom, ca 165 × 143 mm, durchkopierte Umrißzeichnung nach Palladio (siehe Erläuterung 263,7–8) mit Bleistift, stark verblichen; Corpus VI A, Nr 132 (mit dem Vermerk: »Nicht reproduzierbar.«); auch in WA III 1 nicht abgebildet.

Bl 55 Vs (S. 287): Avocato Reccaini. Ca 210 × 143 mm, Bleistift und Feder mit Tusche und Bister; mit Tinte betitelt, mit Bleistift der Zusatz ad pag. 15. (= S. 258,20–24); Corpus VI A, Nr 119; in WA III 1 nicht abgebildet.

Bl 56 Vs (S. 288): Profil der Mauern bey Palestrina. 60 × 143 mm, gezeichnet und betitelt mit Feder und Bister; mit Bleistift der Zusatz ad pag. 43. (= S. 278,33–279,4); Corpus VI A, Nr 137; in WA III 1 nicht abgebildet.


Fünftes Stück:

36 Kleinquartblätter, einschließlich des Titelblatts, bis Bl 26 ca 146 × 214 mm, ab Bl 27 ca 143 × 210 mm. Papier und Zeilenbreite wie »Drittes Stück«. Paginierung mit Bleistift und jeweils Vs links unten.

Unbeschrieben sind Titelblatt Rs, Bl 2 (gleich auf das Titelblatt folgend), Bl 34 Rs (nach dem letzten Tgb-Eintrag), Bl 35 Rs (nach Gesteinsverzeichnis) und Bl 36.

Auf Bl 16 Vs mit Bleistift erg 8 und NB auch findet sich reiner Gypsspat 9 (S. 303,11). Außerdem im gesamten »Stück« zahlreiche Korrekturen mit Bleistift.


Notizen und Entwürfe zu H:

Auswahlweise mitgeteilt innerhalb der Paralipomena zu IR 1 in WA I 30, 297–300. Zu ihnen gehört auch der unter »Drittes Stück« angeführte Entwurf zum (S. 220 abgebildeten) Vergleichungs Kreis der italiänischen und teutschen Uhr.


D:

Friedrich Wilhelm Riemer: Mittheilungen über Goethe. Aus mündlichen und schriftlichen, gedruckten und ungedruckten Quellen. Bd 2. Berlin 1841. S. 208–213 und 219 (zitathafte Auszüge)

SchrGG, Bd 2: Tagebücher und Briefe Goethes aus Italien an Frau von Stein und Herder. Mit Beilagen. Hrsg von Erich Schmidt. Weimar 1886. S. 9–214 (vollständiger Erstdruck, aber ohne die zum »Reise-Tagebuch 1786« gehörigen separaten Zeichnungen)

WA III 1, 143–331, udT: Tagebuch der Italiänischen Reise für Frau von Stein. (ohne die dazugehörigen Gesteinsverzeichnisse und separaten Zeichnungen)

Johann Wolfgang Goethe: Reise-Tagebuch 1786 (Italienische Reise). Bd 1–2. Hrsg von Konrad Scheurmann und Jochen Golz mit Transkription von Wolfgang Albrecht. Mainz 1997 (Faksimiledruck von H ohne die separaten Zeichnungen und ein Beiheft, lose beiliegend das Blatt mit dem Vergleichungs Kreis der italiänischen und teutschen Uhr und der Entwurf dazu)



Zum »Reise-Tagebuch 1786« gehörige separate Zeichnungen


Einen Teil der Zeichnungen, die auf der Reise nach Rom entstanden, numerierte Goethe und sandte sie zusammen mit dem »Reise-Tagebuch«, worin sie – meist mit Nummernangabe – erwähnt sind, an Charlotte von Stein. 1788, nach der Heimkehr, vereinigte er die Hauptmasse der in Italien angefertigten Zeichnungen zu einem gehefteten Sammelband (beschrieben von George von Graevenitz in: GJb 1911, S. 12–18), zu dessen erster Abteilung die nachfolgend aufgelisteten Zeichnungen gehört haben. Dieser Sammelband ist dann, zwischen den beiden Weltkriegen, im Zuge von Neuordnungen des Goethe-Nachlasses aufgelöst worden.

Der nachstehenden Abfolge entsprechend finden sich die Zeichnungen, als Abbildung 1–15, nach S. 321 des Textbandes.

Wenn nicht anders angegeben, sind die Beschriftungen eigenhändig mit Bleistift.


No 1 Posthaus Zwota

MSWK: InvNr 145. Corpus II, Nr 1.

174 × 305 mm, blaugraues Papier mit Stockflecken. Bleistift, Kohle. Beschriftung Rs.


No 2 Donau

MSWK: InvNr 146. Corpus II, Nr 5; dort betitelt: Donau bei Regensburg.

186 × 316 mm, weißes Papier. Bleistift (gelöscht), Feder mit Tusche.


No. 2b Donau

MSWK: InvNr 146 Rs. Corpus II, Nr 5; dort betitelt: Kalkfelsen bei Saal a. d. Donau.

Auf No. 2 Rs. Bleistift.


3. Cochl

MSWK: InvNr 147. Corpus II, Nr 7; dort betitelt: Kochelsee-Ufer.

186 × 307 mm, weißes Papier, stark vergilbt. Bleistift.


No 3b gegen den Cochl. See

MSWK: InvNr 147 Rs. Corpus II, Nr 7; dort betitelt: Kochelsee-Ufer von entfernterem Standpunkt.

Auf No 3 Rs. Bleistift.


No 4 Am Walch See

MSWK: InvNr 148. Corpus II, Nr 9; dort betitelt: Walchensee-Ufer.

174 × 308 mm, blaugraues Papier mit Stockflecken. Bleistift. Beschriftung Vs.


No. 5 Cirl

MSWK: InvNr 149. Corpus II, Nr 10; dort betitelt: Vom Gebirge umschlossenes Tal bei Zirl.

174 × 309 mm, blaugraues Papier mit Stockflecken. Bleistift. Beschriftung Vs.


Brenner

MSWK: InvNr 150. Corpus II, Nr 11; dort betitelt: Gegen den Brenner. (Es ist aber nur noch der Name zu erkennen.)

186 × 305 mm, braunes Papier. Bleistift, Kohle. Beschriftung Vs (Titel) und RS: 6.


Brenner

MSWK: InvNr 152 Rs. Corpus II, Nr 12; dort betitelt: Brennerpaß.

188 × 306 mm, stark vergilbtes, einst weißes Papier. Bleistift. Bei der Beschriftung noch eine unleserliche Zahlenangabe.


Roveredo

MSWK: InvNr 151. Corpus II, Nr 13; dort betitelt: Rovereto a. d. Etsch.

186 × 315 mm, weißes Papier. Bleistift, Feder mit Tusche, Tuschlavierung. Beschriftung Rs (Titel) und Vs: 7. (Rs findet sich ferner die kaum noch erkennbare Skizze einer mehrjochigen Brücke.)


Hafen von Torbole

MSWK: InvNr 156. Corpus II, Nr 15; dort betitelt: Hafen Torbole am Gardasee.

188 × 306 mm, vormals weißes und jetzt stark vergilbtes Papier. Bleistift. Beschriftung Rs (Titel) und Vs: 8.


Lago di Garda

MSWK: InvNr 153. Corpus II, Nr 14; dort betitelt: Gardasee, vom Hafen Torbole gesehen.

188 × 306 mm, vormals weißes und jetzt stark vergilbtes Papier. Bleistift. Beschriftung Rs (Titel) und Vs: 9.


L. d. G.

MSWK: InvNr 152. Corpus II, Nr 12; dort betitelt: Gardasee mit Riva, Monte Brione und Torbole.

188 × 306 mm, weißes Papier mit braunen Farbflecken. Bleistift. Beschriftung Vs: Titel und 10.


Castel di Malsesine al Lago di Garda

MSWK: InvNr 154. Corpus II, Nr 16; dort betitelt: Castell Malcesine am Gardasee.

186 × 309 mm, ursprünglich weißes, vergilbtes Papier. Bleistift. Beschriftung Vs: Titel und 11.


Venedig

MSWK: InvNr 155. Corpus II, Nr 22; mit gleichem Titel.

187 × 314 mm, graubraunes Papier mit Stockflecken. Bleistift, schwarze Kreide. Beschriftung Rs. Laut WA III 1, 364 muß früher noch die Bezifferung erkennbar gewesen sein: 12.

Riva de Sciavoni] Hauptstück des Kais zwischen Arsenal und Dogenpalast.

Oryktologische] Die Mineralspezien betreffende.

Steine bis Baukunst] Über diesen Zusammenhang ein Beitrag in Goethes Artikelserie »Auszüge aus einem Reise-Journal«, betitelt »Baukunst« (1788 anonym im Oktober-Heft des »Teutschen Merkurs« veröffentlicht; WA I 47, 60–64).

mittlern Zeit] Hier die Renaissance als Abschluß des Mittelalters.

Asträa] Göttin der Gerechtigkeit, die nach Herausbildung des kriegerischen oder sogenannten eisernen Zeitalters der Menschheit (das auf das mythische goldene folgte) die Erde verließ und als Sternbild der Jungfrau an den Himmel versetzt wurde.

klugen Engländer] Gebildet aufgrund der zeitgenössischen Sitte einer Europareise. Vgl die Erwähnungen reisender Engländer im Tgb 1786: S. 303,33 und 306,7–8.

versprach] Gesprächsweise vor der Abreise?

eine Tragödie] Siehe erste Erläuterung zu 263,13.

Ordnungen der Säulen rational gemacht] Durch Lektüre Palladios und Vetruvs sowie mittels Bleistift- und Federzeichnungen nach Palladio, vgl Corpus VI A, Nr 131 und 135 (beide unbetitelt, Datierung: Oktober und Dezember 1786).

Bucentaur] Il Bucentoro: das doppelgeschossige Staats- und Repräsentationsschiff des Dogen, vor allem bei der symbolträchtigen Vermählung mit dem Meer; siehe Volkmann, Bd 3, S. 551–552 und 612–613.

Komm. Zeit] Komödien- oder Theater-Zeit.

Inkongruität] Nichtübereinstimmung.

Flügel in der Carita] Siehe zu 257,15.

aus der Tragödie] Im Teatro San Luca.

Das Stück] Siehe erste Erläuterung zu 263,13.

glücklich. Zuletzt] Dazwischen in IR 1 ergänzend: Zwei Väter, die sich hassen, Söhne und Töchter aus diesen getrennten Familien, leidenschaftlich über’s Kreuz verliebt, ja das eine Paar heimlich verheirathet. Es ging wild und grausam zu, und nichts blieb zuletzt übrig 〈…〉 (WA I 30, 122).

fuora] Heraus, hervor.

i morti] Die Toten.

bravi i morti] Beifall den Toten.

sagt der Ital.] IR 1 (WA I 30, 123): Gute Nacht! so können wir Nordländer zu jeder Stunde sagen, wenn wir im Finstern scheiden, der Italiäner sagt: Felicissima notte! ⟨allerglücklichste Nacht⟩ nur einmal, und zwar wenn das Licht in das Zimmer gebracht wird, indem Tag und Nacht sich scheiden, und da heißt es denn etwas ganz anderes. So unübersetzlich sind die Eigenheiten jeder Sprache: denn vom höchsten bis zum tiefsten Wort bezieht sich alles auf Eigenthümlichkeiten der Nation, es sei nun in Charakter, Gesinnungen oder Zuständen.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 5.10.1786 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_1122.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 265–269 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. 602 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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