BuG: BuG I, A 158
Straßburg 24. 11. 1770

Dichtung und Wahrheit XI (WA I 28, 47)

Straßburg 24. 11. 1770

Genähert habe ich mich diesem vorzüglichen Manne [Johann Daniel Schoepflin] niemals als in einer Nacht, da wir ihm ein Fackelständchen brachten. Den mit Linden überwölbten Hof des alten Stiftgebäudes erfüllten unsere Pechfeuer mehr mit Rauch, als daß sie ihn erleuchtet hätten. Nach geendigtem Musikgeräusch kam er herab und trat unter uns; und hier war er recht an seinem Platze. Der schlank und wohl gewachsene heitere Greis stand mit leichtem freiem Wesen würdig vor uns und hielt uns werth genug eine wohlgedachte Rede, ohne Spur von Zwang und Pedantismus, väterlich liebevoll auszusprechen, so daß wir uns in dem Augenblick etwas dünkten, da er uns wie die Könige und Fürsten behandelte, die er öffentlich anzureden so oft berufen war. Wir ließen unsere Zufriedenheit überlaut vernehmen, Trompeten- und Paukenschall erklang wiederholt, und die allerliebste hoffnungsvolle akademische Plebs verlor sich mit innigem Behagen nach Hause.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0158 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0158.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 167 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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