Goethes Briefe: GB 2, Nr. 26
An Johann Christian Kestner

〈Frankfurt a. M. , 11. April 1773. Sonntag〉 → 〈Wetzlar〉


den Brief von gestern Abend 1 hab ich gleich zugemacht also auf Euer Pro Mem.

1) die Zugaben tähtet ihr wohl den Arsch dran zu wischen. Wenn ihr die Zeitungen wollt binden lassen was soll das Sauzeug Reichswesen dabey. es war express so eingericht dass man sie wegschmeissen sollt. Auch wird der Band zu dick. doch will ich fragen nach den Nummern.

2) Will der Hℓ. v. Hille einen Merkur für sich allein? ​ 2 und wie stehts mit Falcken, nimmt der jetzo das Exemplar allein was ihr mit teilen wolltet?

3) die Plays sind in meinen händen Heut ists so ein schöner tag dass ich möchte mit euch spazieren gehn.

Adieu, grüsst Hansen.

  1. h ​Abend​ ↑
  2. ⎡allein⎤, ​? ​ ↑

Die Datierung folgt Kestners Empfangsvermerk unter Berücksichtigung des Postweges von gewöhnlich einem Tag (vgl. GB 1 II, Datum und Überlieferung zu Nr 124 ).

H: GSA Weimar, Sign.: 29/264,I,2, Bl. 26. – 1 Bl. 15(–15,3) × 18 (–18,2) cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; S. 1 oben in der Mitte Empfangsvermerk, Tinte: „acc. dℓ 12. Apr. 73.“

E: Goethe und Werther​1 (1854), 156, Nr 66.

WA IV 2 (1887), 77, Nr 140.

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Kestners etwa vom 10. April 1773 (vgl. zu 21,28–29 ). – Der Antwortbrief etwa vom 13. April 1773 (vgl. zu 23,18 ) ist nicht überliefert.

Brief von gestern Abend] Gemeint ist Goethes Brief vom 10. April 1773 ( Nr 25 ).

auf Euer Pro Mem.] Lat. pro memoria: zur Erinnerung. – Hier ist vermutlich ein nicht überlieferter Brief Kestners gemeint, den Goethe demnach also am 11. April 1773 erhalten hätte.

Zugaben] Gemeint sind wahrscheinlich der Anhang zum Jahrgang 1772 der FGA und Teile eines Heftes, die Goethe am 30. Dezember 1772 und am 26. Januar 1773 an Kestner geschickt hatte (vgl. 7,3 sowie GB 1 II, zweite Erläuterung zu 253,8 ).

den Arsch dran zu wischen] Nicht ganz so drastisch formuliert, aber ähnlich gemeint war Goethes Ratschlag für den Umgang mit den FGA vom 26. Januar 1773 (vgl. 7,3 ).

das Sauzeug Reichswesen] Der Anhang zum Jahrgang 1772 der FGA bestand aus 38 Nummern „Rubricae Conclusorum et Sententiarum des Kayserl. Reichshofraths, und des Kayserl. Reichskammergerichts“ (vgl. DjG​2 6, 255, zu Nr 119).

Hℓ. v. Hille] Herr von Hille, offenbar ein Wetzlarer Bekannter Goethes, der sonst nur noch in zwei Briefen an Hans Buff erwähnt wird, und zwar immer im Zusammenhang mit dem „Teutschen Merkur“ (vgl. 37,27 ; 38,11 ).

Merkur] Ein Exemplar von Wielands „Deutschem Merkur“, dessen 1. Band (1.–3. Stück. Januar–März 1773) etwa Anfang April 1773 ausgeliefert wurde (ab dem 2. Band unter dem Titel „Der Teutsche Merkur“).

Falcken] Ernst Friedrich Hektor Falcke, der Sohn von Kestners Vorgesetztem (vgl. GB 1 II, zu 239,21 ).

Plays] Eine Ausgabe englischer Stücke, die Kestner Goethe leihweise überlassen hatte (vgl. 22,15 ). Möglicherweise ist die von Robert Dodsley herausgegebene Sammlung „A select collection of old English plays“ (London 1744) gemeint.

Hansen] Charlotte Kestners Bruder Hans Buff.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 26 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR026_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 21–22, Nr 26 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 47–48, Nr 26 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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