Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 134
Von Johann Kaspar Lavater

etwa 10. Februar 1781, Zürich

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Lies, lieber, dieß Billiet an Knebel
u: mach's zu, u: giebs's ihm, wenn
du's nach Lesung dieser Zeilen gut
findest – Bey leisester Furcht eines
möglichen Schiefansehens gieb es
nicht; Ich beschwöre dich.


Der Schlüßel zum Räthsel ist dieser:
Knebel hat mit zwey N: Thalern
in einer Lotterie hier die Hahnische
astronomische Uhr gewonnen, die 30.
Louis d'or werth ist.


Er ist beynahe der einzige Fremde, der
eingelegt. Der Zweck war eigentlich,
daß sie in Zürich bleiben solle, we-
nigstens in der Nähe von Zürich.
Ich red'aus dem Herzen aller Mitbür- | 2 |
ger, u: besonders der Naturforschendℓ
Gesellschaft, wenn ich's, obgleich mit schwe-
rem Herzen wage, den Gedanken
mitzutheilen – "Wie! Wenn er sie der
Gesellschaft schenkte!" – Ich will aller
Folgen dieser Großmuth nicht geden-
ken, du siehst sie. Aber, was wahr ist,
u: was allein mich determinirt, die-
sen rasend indiskreten Gedanken an
dich hinzugeben, ist – der sehr kostbare,
beynah' unmögliche, allemal gefähr-
liche Transport dieser Uhr. Um mei-
nen Mitbürgern jeden Gedanken
abzuschneiden, daß diese Uhr in Zürich
bleiben werde, will ich sie zu mir ins
Haus hohlen laßen, u: sag' Ihnen, "es
sey für den Prinz Constantin, der | 3 |
sey Erzliebhaber – u. s. w." So, daß du
ganz frey, nach deinem Willen agirℓ
kannst.


Findest du ganz gut, was ich wünschen
darf, so gieb das Billiet an Knebeln,
wo nicht, zerreiß' es u: sag ihm münd-
lich, daß er die Uhr gewonnen – u: daß
ich alles abgefertigt habe – – u: frag
ihn, wie der Transport geschehen soll.


   Denk, Lieber, ich war vor 14. Tagℓ
in Straßburg; sahe die personifizir-
te Güte in Br., die personifizirte
Kraft in Calliastro, u: ein personi-
fizirt Genie in einem Pariser, der
mir dort einen Rendevous gab –
Von dir ward viel gesprochen mit
der erzguten. Die Razenhausen | 4 |
sah' ich auch, u: lächelte ihrem Chanoi-
neßenstolze. Die Schweighaüser grüßℓ
Knebeln. Adieü, ich kann nicht mehr.


   


S:  Zentralbibliothek Zürich  D:  GL Nr. 93  B : -  A : 1781 Februar 19 (WA IV 5, Nr. 1128)  V:  Abschrift 

L. erläutert ausführlich seine Bitte an Knebel, dieser möge die in Zürich auf ein Los gewonnene astronomische Uhr der dortigen Naturforschenden Gesellschaft schenken. Falls G. seinen Wunsch ganz gut finde, möge er das beigefügte Billett Knebel geben; wo nicht, zerreiß' es u. sag ihm mündlich, daß er die Uhr gewonnen [...]. - Über L.s Begegnung mit M. A. von Branconi, Graf Cagliostro, dem Theosophen Duchanteau und Fräulein von Rathsamhausen in Straßburg; J. G. und K. S. Schweighäuser ließen Knebel grüßen.

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 Lies, lieber, dieß Billiet an Knebel u: mach's zu, u: giebs's ihm, wenn du's nach Lesung dieser Zeilen gut findest – Bey leisester Furcht eines möglichen Schiefansehens gieb es nicht; Ich beschwöre dich.

 Der Schlüßel zum Räthsel ist dieser: Knebel hat mit zwey N: Thalern in einer Lotterie hier die Hahnische astronomische Uhr gewonnen, die 30. Louis d'or werth ist.

 Er ist beynahe der einzige Fremde, der eingelegt. Der Zweck war eigentlich, daß sie in Zürich bleiben solle, wenigstens in der Nähe von Zürich. Ich red'aus dem Herzen aller Mitbür| 2 |ger, u: besonders der Naturforschendℓ Gesellschaft, wenn ich's, obgleich mit schwerem Herzen wage, den Gedanken mitzutheilen – "Wie! Wenn er sie der Gesellschaft schenkte!" – Ich will aller Folgen dieser Großmuth nicht gedenken, du siehst sie. Aber, was wahr ist, u: was allein mich determinirt, diesen rasend indiskreten Gedanken an dich hinzugeben, ist – der sehr kostbare, beynah' unmögliche, allemal gefährliche Transport dieser Uhr. Um meinen Mitbürgern jeden Gedanken abzuschneiden, daß diese Uhr in Zürich bleiben werde, will ich sie zu mir ins Haus hohlen laßen, u: sag' Ihnen, "es sey für den Prinz Constantin, der| 3 | sey Erzliebhaber – u. s. w." So, daß du ganz frey, nach deinem Willen agirℓ kannst.

 Findest du ganz gut, was ich wünschen darf, so gieb das Billiet an Knebeln, wo nicht, zerreiß' es u: sag ihm mündlich, daß er die Uhr gewonnen – u: daß ich alles abgefertigt habe – – u: frag ihn, wie der Transport geschehen soll.

  Denk, Lieber, ich war vor 14. Tagℓ in Straßburg; sahe die personifizirte Güte in Br., die personifizirte Kraft in Calliastro, u: ein personifizirt Genie in einem Pariser, der mir dort einen Rendevous gab – Von dir ward viel gesprochen mit der erzguten. Die Razenhausen| 4 | sah' ich auch, u: lächelte ihrem Chanoineßenstolze. Die Schweighaüser grüßℓ Knebeln. Adieü, ich kann nicht mehr.

 

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 134, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0134_00147.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 134.

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