BuG: BuG I, A 35
Offenbach 8. 7. 1764

K. Schweitzer an L. Ysenburg v. Buri 10. 7. 1764 (Allg. Zeitg. Beil. 81, 9. 4. 1902, 61)

Offenbach 8. 7. 1764

Meine Noth und Plagen die hier dulden muß sind wahrhaftig ohnzehlbar. Ach dencken Sie der bewuste Freund Herr W. Göthe ist zu Offenbach bey unserm Andre gewesen und dieses vorgestern. Was sagen Sie dazu, mir ist Angst und Bange denn wenn Herr Andre von bewuster Begebenheit nichts weis so hat er ihm mit seinen hochtrabenden Reden so sehr eingenommen, daß es zum erstaunen ist; So gar hat ihm Herr André gesagt, Sie würden bald nach Offenbach kommen. Da will er Sie sprechen. Was wirds noch geben, schreiben Sie doch so bald als möglich an Hrn. André, denn es ist noth. Er kann nicht beschreiben was Ihm Herr André so wohl begegnet. Was er von Ihnen und U[nsrer] G[esellschaft] gesprochen weis ich nicht, er will nicht mit der Sprache raus!

J. André an L. Ysenburg v. Buri 18. 7. 1764 (Allg. Zeitg. Beil. 81, 9. 4. 1902, 61)

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Offenbach 8. 7. 1764

Herr Göthe ist vorige Woche ohngefähr ¼ Stunde bey mir gewesen. Er brachte mir ein Compliment von Herrn Alexis [Karl Schweitzer], aber das Compliment war erfunden, wie mich Alexis gestern versichert hat. Ich wußte nicht, was ich mit ihm reden sollte; ich fragte ihn, wie er hieß. Er nannte sich und sagte, Herr Alexis wäre sein vertrauter Freund, so wie er dann auch meine Oprette bey demselben gesehen hätte. Er fing nun an das Stück zu loben. – Kann ich Ihnen mit einer Schale Thee, oder mit einem Glase Wein aufwarten, unterbrach ich ihn, weil ich ihn zu jung für einen Kunstrichter hielt – ich bin Ihnen für alles gehorsamst verbunden, antwortete er mir. Hierauf sagte er mir weiter, er wäre bei Herrn Mannskopf zum Besuch und fing darauf an von der Comödie zu sprechen, die wir bey Ihnen aufgeführt haben; er lobte sie sehr: Herr Alexis hätte sie ihm höchstens angerühmt; ich konnte ihm nicht gänzlich beyfallen. Von unserer Comödie kamen wir auf die Frankfurter Comödie und Opera, und das war unser ganzes Gespräch. Er hat mir also kein Wort von Gesellschaftsangelegenheiten gesagt. Nach Ihnen hat er sich erkundiget und mir ein Compliment an Sie aufgetragen ... Schließlich bat er mich, ihn zu besuchen. Ich sagte es ihm so zu, wie man etwas wider Willen zusagt. Warum ich aber keine Neigung zu ihm trug, ist blos, daß er mir zu jung schien. Er mag 15 Jahr oder 16 alt seyn, im übrigen hat er mehr ein gutes Plapperwerk als Gründlichkeit.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0035 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0035.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 54 f. (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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