Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 24
Von Johann Kaspar Lavater

Februar oder März 1774, Zürich

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Und welches ist denn das Eine Wort, darinn
wir verschieden sind?
Du sagst: Wir haben einen Meßias; oder,
Es ist ein Meßias.
Ich sage, Jesus von Nazareth ist's.
Laß mich fragen – u: antworte mir.
Wie kannst Eine Gottheit glauben, wen du
nicht an Christum glaubst?
Denselben Augenblick bin ich ein Atheist,
wenn ich kein Christ mehr bin.
Glaub' ich – o wer faßt dieß, als Pf​xx̣x
u: G​x.x? Glaub'ich einen Gott, so bin
ich in Gott ....


Glaub' ich an Christus – so glaub' ich eigent-
lich nur einen Gott. Wenn Jesus Christus
nicht mein Gott ist – so hab' ich keinen
Gott mehr – u: G. u: P. u: L. sind Träumer,
nicht Brüder, nicht Kinder eines Vaters
nicht unsterblich. – So ist Freündschaft nichts, | 2 |
– alles Zauberspiel, keine Existenz p. p.


Ich mag Wahrheit ertragen, Bruder, lade sie
mir auf. – vor dem unvollkommnen
Schattenriß steh' ich, staun' ich – horche, harre
– von dem will ich lernen – aber – Bruder,
gieb mir feste Wahrheit, – nicht wie sie die
Welt giebt – nicht wie sie Apostel Satans –
die sich Christus Diener nennen, geben. Ich
will sie auffaßen; Sie soll mein Ich wer-
den – verhalte sie nicht.


O du Verfaßer des PastorBriefs – u: des
Prologs – du einiger Schmeker u: Seher
des Bibelgeistes wie kannst du zweifeln,
daß Jesus Blut Leben der Welt sey.


Noch einmal deinen Schatten, u: was du
willt. –

   

Z.   


S:  Zentralbibliothek Zürich  D:  Briefe HA Nr. 19  B? : 1774 Februar oder März (vgl. RA 1, Nr. 24)  A : -  V:  Abschrift 

Auseinandersetzung mit G.s Haltung zum Christentum: Und welches ist denn das Eine Wort, darinn wir verschieden sind? Wie könne G., Verfasser des "Briefes des Pastors" und des "Prologs zu den neusten Offenbarungen Gottes", zweifeln, daß Jesus Blut Leben der Welt sey?

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 Und welches ist denn das Eine Wort, darinn wir verschieden sind? Du sagst: Wir haben einen Meßias; oder, Es ist ein Meßias. Ich sage, Jesus von Nazareth ist's. Laß mich fragen – u: antworte mir. Wie kannst Eine Gottheit glauben, wen du nicht an Christum glaubst? Denselben Augenblick bin ich ein Atheist, wenn ich kein Christ mehr bin. Glaub' ich – o wer faßt dieß, als Pf​xx̣x u: G​x.x? Glaub'ich einen Gott, so bin ich in Gott ....

 Glaub' ich an Christus – so glaub' ich eigentlich nur einen Gott. Wenn Jesus Christus nicht mein Gott ist – so hab' ich keinen Gott mehr – u: G. u: P. u: L. sind Träumer, nicht Brüder, nicht Kinder eines Vaters – nicht unsterblich. – So ist Freündschaft nichts,| 2 | – alles Zauberspiel, keine Existenz p. p.

 Ich mag Wahrheit ertragen, Bruder, lade sie mir auf. – vor dem unvollkommnen Schattenriß steh' ich, staun' ich – horche, harre – von dem will ich lernen – aber – Bruder, gieb mir feste Wahrheit, – nicht wie sie die Welt giebt – nicht wie sie Apostel Satans – die sich Christus Diener nennen, geben. Ich will sie auffaßen; Sie soll mein Ich werden – verhalte sie nicht.

 O du Verfaßer des PastorBriefs – u: des Prologs – du einiger Schmeker u: Seher des Bibelgeistes wie kannst du zweifeln, daß Jesus Blut Leben der Welt sey.

 Noch einmal deinen Schatten, u: was du willt. –

   

Z. 

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 24, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0024_00026.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 24.

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