Goethes Briefe: GB 2, Nr. 99
An Sophie La Roche

〈Frankfurt a. M. , etwa Ende? Februar 1774〉 → 〈Ehrenbreitstein bei Koblenz〉

〈Abschrift〉


Mit herzlichem Danck Ihre briefe zurück, sie wissen das sowas bey mir angewendet ist. Auch hier die andern Dinge: vielleicht wundern sie sich die Farce gedruckt zu sehen und also – wie jener Mühlstein der vom Himmel fiel – leben Sie wohl Ihre lieben hab ich einige Zeit nicht gesehen. Ich hatte mein Herz verwöhnt —— Nein liebe Mama Sie haben meine Hand darauf ich will brav seyn. G —— Das andre Exemplar Wieland ist für Trosson

Die Datierung geht davon aus, dass die Übersendung der Farce „Götter Helden und Wieland“ kurz nach deren Ankündigung im Brief an Johanna Fahlmer erfolgte (vgl. 78,3 ), der auf die zweite Hälfte des Februar 1774 datiert werden kann ( Nr 97 ). Außerdem könnte der vorliegende Brief die Antwort auf einen nicht überlieferten Brief Sophie La Roches sein (vgl. zu 78,6 ), mit dem diese ihrerseits auf Brief Nr 98 geantwortet hatte, der ebenfalls aus der zweiten Hälfte des Februar stammen dürfte.

H: Verbleib unbekannt.

h​1: The Pierpont Morgan Library, New York, Misc. Heineman, H Goethe-Bettina, MSS 1. – Abschrift von Bettine Brentano vom 2. oder 3. Juni 1806 (= h​a; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 ).

h​2: The Pierpont Morgan Library, New York, Misc. Heineman, H Goethe-Bettina, MSS 1. – Abschrift von Bettine Brentano (= h​b; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 ).

h​3: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 10721–10732. – Abschrift von Johann Friedrich (Fritz) Schlosser (= h​c; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 ).

h​4: GSA Weimar, Sign.: 29/294,III. – Abschrift von fremder Hd (= h​d; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 ).

E: Frese (1877), 147, Nr 12 (nach h​3).

WA IV 2 (1887), 152, Nr 212 (nach Goethe-La Roche, 37 [dort vermutlich nach einer nicht überlieferten Abschrift von h​3]).

Textgrundlage: h​1. – Vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47 .

Danck] Dank ​h​2 briefe] Briefe ​h​2 sie] Sie ​h​2 das sowas] daß so was ​h​2 hier] Hier ​h​2 sie] Sie ​h​2 Farce] Farce ​h​2 verwöhnt ——] verwöhnt. —— ​Absatz h​2 seyn.] ​Absatz h​2 G ——] G: ​Unterschrift rechts unter dem Text h​2 Das andre 〈…〉 Trosson] ​als Nachschrift unter der Unterschrift h​2 Trosson] Trosson. ​h​2

1) Manuskript von Sophie La Roches „Freundschaftlichen Frauenzimmer-Briefen“ (vgl. zu 78,1 ).

2) 2 Exemplare von „Götter Helden und Wieland“ (vgl. 78,3 ).

Der Brief beantwortet vermutlich einen nicht überlieferten Brief Sophie La Roches (vgl. Datierung). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

Ihre briefe] Manuskriptteile von Sophie La Roches „Freundschaftlichen Frauenzimmer-Briefen“ (vgl. zu 74,1 ).

angewendet] Hier nuanciert: ,gut, nützlich angewendet‘ (vgl. GWb 1, 750).

die Farce] „Götter Helden und Wieland“ (vgl. zu 76,12 ).

wie jener Mühlstein] Anspielung auf das Märchen vom Machandelboom (niederdt.: Wacholder): Eine böse Stiefmutter, die ihren Stiefsohn umbringt und dem Vater als Essen vorsetzt, wird von einem Vogel, der verwandelten Seele des Ermordeten, getötet, indem er einen Mühlstein auf sie herabfallen lässt. Motive dieses Märchens finden sich in Margarethes Kerkerlied in der frühen Fassung des „Faust“ (vgl. DjG​3 5, 346). – Goethe rechnete mit einer heftigen Antwort Wielands auf seine Farce. Über die unerwartet freundliche Reaktion Wielands vgl. zu 76,14–15 sowie Nr 109 .

Ihre lieben] Maximiliane Brentano und ihre Familie.

ich will brav seyn] Möglicherweise hatte sich Sophie La Roche in ihrem nicht überlieferten Brief mit einer Mahnung an Goethe gewandt, der in Nr 98 geschrieben hatte, er könne nicht von Maximiliane lassen und werde sie immer lieben (vgl. 77,26–28 ). Goethe hatte Sophie La Roches Tochter im April 1772 kennen gelernt und fühlte sich sogleich zu ihr hingezogen. Ihre Heirat mit Peter Anton Brentano hatte er vermutlich mit Bestürzung zur Kenntnis genommen, auch wenn er sich in seinen Briefen den Anschein gab, Freude darüber zu empfinden (vgl. zu 63,25–26 ; zu 65,4 ). In der Tat sorgte seine Beziehung zu Maximiliane für Eifersucht auf Seiten Brentanos.

Das andre Exemplar] Ein zweites Exemplar von „Götter Helden und Wieland“.

Trosson] Christian (von) Trosson, französischer Offizier, seit 1772 als Ingenieur-Hauptmann und Bauinspektor in kurtrierischen Diensten am Festungsbau in Ehrenbreitstein und Koblenz beteiligt. Es wird vermutet, Goethe habe Trosson bei seinem ersten Aufenthalt in Ehrenbreitstein im September 1772 kennen gelernt (vgl. R〈obert〉 Hassencamp: Christian v. Trosson, der Freund Goethes und der Familie La Roche, ein Baumeister des Koblenzer Residenzschlosses. In: Rheinische Geschichtsblätter 3 [1897]. Nr 10, S. 290).

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 99 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR099_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 78, Nr 99 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 215–217, Nr 99 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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