BuG: BuG I, A 1
Frankfurt 1752/53

Dichtung und Wahrheit I (WA I 26, 13)

Frankfurt 1752/53

Die Meinigen erzählten gern allerlei Eulenspiegeleien, zu denen mich jene sonst ernsten und einsamen Männer [die Brüder von Ochsenstein] angereizt. Ich führe nur einen von diesen Streichen an. Es war eben Topfmarkt gewesen, und man hatte nicht allein die Küche für die nächste Zeit mit solchen Waaren versorgt, sondern auch uns Kindern dergleichen Geschirr im Kleinen zu spielender Beschäftigung eingekauft. An einem schönen Nachmittag, da alles ruhig im Hause war, trieb ich im Geräms mit meinen Schüsseln und Töpfen mein Wesen, und da weiter nichts dabei heraus kommen wollte, warf ich ein Geschirr auf die Straße und freute mich, daß es so lustig zerbrach. Die von Ochsenstein, welche sahen, wie ich mich daran ergetzte, daß ich so gar fröhlich in die Händchen patschte, riefen: Noch mehr! Ich säumte nicht, sogleich einen Topf, und auf immer fortwährendes Rufen: Noch mehr! nach und nach sämmtliche Schüsselchen, Tiegelchen, Kännchen gegen das Pflaster zu schleudern. Meine Nachbarn fuhren fort ihren Beifall zu bezeigen, und ich war höchlich froh ihnen Vergnügen zu machen. Mein Vorrath aber war aufgezehrt, und sie riefen immer: Noch mehr! Ich eilte daher stracks in die Küche und holte die irdenen Teller, welche nun freilich im Zerbrechen noch ein lustigeres Schauspiel gaben; und so lief ich hin und wieder, brachte einen Teller nach dem andern, wie ich sie auf dem Topfbret der Reihe nach erreichen konnte, und weil sich jene gar nicht zufrieden gaben, so stürzte ich alles, was ich von Geschirr erschleppen konnte, in gleiches Verderben. Nur später erschien jemand zu hindern und zu wehren. Das Unglück war geschehen, und man hatte für so viel zerbrochne Töpferwaare wenigstens eine lustige Geschichte, an der sich besonders die schalkischen Urheber bis an ihr Lebensende ergetzten.

Bettina Brentano an Goethe 12. 11. 1810 (Bergemann S. 316)

Frankfurt 1752/53

[Nach Elisabeth Goethe] Die Küche im Hauß ging auf die Straße; an einem Sonntag Morgen, da alles in der Kirche war, gerieth der kleine Wolfgang hinein, erwischte ein Geschirr und warfs zum Fenster hinaus; das Rappeln freute ihn gar sehr, die Nachbarn hatten auch ihre Freude dran: nun warf er in gröster Eil alles, was er langen konnte, hinaus; wie er bald fertig war, kam die Mutter dazu, und lachte mit.

Bettina Brentano an Goethe 12. 11. 1810 (Bergemann S. 315)

Frankfurt 1752/53

[Nach Elisabeth Goethe] Er spielte nicht gern mit kleinen Kindern, sie musten denn sehr schön seyn. in einer Gesellschaft fing er plözlich an zu weinen; da man ihn nach der Ursache fragte, schrie er: das schwarze Kind kann ich nicht leiden, das soll hinaus; er hörte auch nicht auf, bis er nach Hauße kam, wo ihn die Mutter befragte über die Unart: er konnte sich nicht trösten über des Kindes Häßlichkeit. damals war er 3 Jahr alt.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0001 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0001.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 1 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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