Goethes Briefe: GB 2, Nr. 179
An Sophie La Roche

〈Frankfurt a. M. 〉, 3. Januar 1775. Dienstag → 〈Ehrenbreitstein bei Koblenz〉


Hier liebe Mama die Briefe zurück die ich fürtrefflich finde. den 29. ​ 1 wegen seines glücklichen Tons, womit er eine so ernsthaffte Materie vorträgt, den 38. weil er dem ganzen ihrer Briefe eine Rundung Wendung und Weisung giebt.

Meine Schw. hat ein Mädgen, sie bleiben in Emmedingen, wo Schlosser die Marckgrsch. Hochberg dirigirt.

Indem ich die Briefe vergangnen ​ 2 Jahrs sortirte und aufhub sind doch mancherley alt neue Ideen mir durch den Kopf gegangen. Wenn man so den ​ 3 moralischen Schneeballen seines Ich ein Jahr weiter gewälzt hat, er hat doch um ein gutes zugenommen ​ 4 . / Gott verhüte Thauwetter.

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Keine solche Gramatick kenn ich hab also bey Eslingern Rambachs bestellt.

Von der l. Max wissen Sie wohl was nähers als ich. Vielleicht seh ich sie heut im Conzertgen.

Adieu. Empfelen Sie mich Hℓ. von Hohenfeld.

dℓ. 3 Jan 1775      G.

  1. den vom 29. ​ ↑
  2. dieses ⎡vergangnen⎤​ ↑
  3. sl ​den​ ↑
  4. × ​zugenommen​ ↑

H: GSA Weimar, Sign.: 29/294,I, Bl. 20. – Doppelblatt 11,5 × 18,4 cm, 1 ½ S. beschr., egh., Tinte, sorgfältig geschrieben.

E​1: Katalog der Goethe-Ausstellung 1861. Berlin 1861, S. 28, Nr 113 (Teildruck: 156,5–9 Indem ich 〈…〉 Thauwetter.).

E​2: Frese (1877), 159, Nr 27.

WA IV 2 (1887), 224 f., Nr 276 (Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 211).

Manuskript von Sophie La Roches „Freundschaftlichen Frauenzimmer-Briefen“ (vgl. zu 155,25 ).

Der Brief bezieht sich auf eine Manuskriptsendung von Sophie La Roche; ein Begleitbrief ist nicht überliefert. – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

die Briefe] Manuskript zu Sophie La Roches „Freundschaftlichen Frauenzimmer-Briefen“, die in Fortsetzungen in der Zeitschrift „Iris“ erschienen, selbstständig später unter dem Titel „Rosaliens Briefe“ (3 Bde. Altenburg 1779–1781). Wenn sich die im Folgenden genannten Nummern der Briefe auf die Anordnung in der „Iris“ beziehen, so finden sich die Briefe Nr 29 und 38 im 7. Band (1. Stück. 1776, S. 492–495) und im 8. Band (1. Stück. 1776, S. 752–758). Der 29. Brief behandelt das Thema der „Eigenliebe“: „ein Götze, dem täglich Menschen-Opfer gebracht werden“ (S. 492); der 38. Brief enthält die Erzählung der Frau van Guden über ihr Leben bis zum Heiratsantrag des Arztes van Guden, den sie später heiratete. In der Buchausgabe „Rosaliens Briefe“ (Bd 1. Altenburg 1779) sind die Briefe anders angeordnet.

Meine Schw. hat ein Mädgen] Goethes Schwester Cornelia Schlosser hatte am 28. Oktober 1774 ihre Tochter Louise zur Welt gebracht.

Schlosser] Johann Georg Schlosser war Oberamtmann der Markgrafschaft Hochberg in Emmendingen nördlich von Freiburg i. Br.

moralischen] Moralisch: hier in der weiteren Bedeutung des lateinischen Ursprungsworts moralis: Sitte, Gewohnheit, Brauch, Wille, Charakter betreffend.

bey Eslingern Rambachs] Goethe besorgte, offenbar auf Wunsch Sophie La Roches, die „Vollständigere und sehr erleichterte lateinische Grammatik nach der Grundlage der beliebten Langischen, zum Gebrauch der Hessen Darmstädtischen Schulen“ (Gießen 1770) von Jakob Theodor Franz Rambach beim Frankfurter Buchhändler Johann Georg Eßlinger.

Max] Sophie La Roches Tochter Maximiliane Brentano.

Conzertgen] Vielleicht ein Privatkonzert; die öffentlichen Konzerte im Winter 1774/75 fanden gewöhnlich freitags statt (vgl. zu 149,20 ).

Hohenfeld] Christoph Philipp Willibald von Hohenfeld.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 179 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR179_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 155–156, Nr 179 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 386–387, Nr 179 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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