BuG: BuG I, A 545
Weimar Jan./Febr. 1776

Wieland an Lavater 5. 2. 1776 (SchrGG 16, 346)

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Weimar Jan./Febr. 1776

[Das Bild von] Hans Sachs kan erst im März [April des Teutschen Merkur] kommen, weil Göthe noch etwas über ihn in Hanssachsischer Reim-Weise dichten will. Göthe bleibt vermuthlich vielleicht noch lange hier – er ist mächtig umsponnen, und versucht nun das Abentheuer, von welchem ich abgestanden bin, so wie ich sah, daß es für einen andern aufgehoben sey ...

Er thut das Mögliche, und was 100en andern unmöglich wäre noch dazu, um seinen Lavater nicht im Stich zu laßen. Aber o! wie viel mehr könnte, würde der herrliche Geist thun, wenn er nicht in dies unser Chaos gesuncken wäre aus welchem er doch – mit allem seinem Willen, aller seiner Kraft – doch keine leidliche Welt schaffen wird ... Sein ascendant über unsre Fürstenkinder, alt und jung, ist unglaublich ... In meinem Hause ist er wie einer der zu uns gehört. Er athmet wieder Ruhe und Liebe bey uns, und das hilft dann dazu daß er das Herumtreiben in dem großen Rade wieder desto besser aushalten kan.

Wieland an Lavater 4. 3. 1776 (SchrGG 16, 346)

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Weimar Jan./Febr. 1776

Unser Göthe ist ... auch ein Müdling, nur auf eine andre Art: denn ach! lieber Lavater, dencken Sie Sich einmal Favorit und fac totum Göthe zusammen! Und fac totum, das am Ende doch – nicht den 100sten Theil von dem thun kan, was er gerne thäte. Und gleichwohl sehen Sie aus Herders Beruffung zum General-Superintendenten und Ober-Hofprediger, daß Göthe etwas thut. Ich stelle mir seine hiesige Existenz als ein Farao-Spiel vor; der Herzog hält die Bank, Göthe pointirt wider ihn. Göthe sezt 1.2.3.4. oft 8 und mehr Tage auf eine Karte; verliehrt manchmal; aber weil er sein Spiel poussirt, so braucht er auch nur wieder ein einziges trente-leva oder soixante-leva zu gewinnen, so ist alles wieder ersezt. So ein trente-leva gewann er mit Herdern – doch, Sie verstehen mich wohl nicht einmal mit meinem Farao und meinen trentelevas? Verlassen Sie Sich inzwischen darauf, daß Göthe, in allem dem Wirbel worinn er sich dreht, Sie und die Physiognomik nicht vergißt, und daß er alles im Gang erhält.

Wieland an Andreä 7. 2. 1776 (Wieland, Ausgew. Briefe 3, 248)

Weimar Jan./Febr. 1776

Göthe spielt seine Rolle edel, und groß und meisterhaft. Außer der Erfahrenheit, die er nicht haben kann, fehlt ihm nichts. Wenn nicht viel Gutes hier durch ihn geschieht, und viel weniger Böses als sonst geschehen wäre; so wird die Schuld gewiß nicht an ihm liegen.

Wieland an Gleim 22. 2. 1776 (Wieland, Ausgew. Briefe 3, 251)

Weimar Jan./Febr. 1776

Von Göthe schreib’ ich nichts, liebster Gleim. Komm und siehe! Genug, daß ich nichts Besseres, Edleres, Herzlicheres, Lieberes und Größeres in der Menschheit kenne als ihn – so wild und siebenseltsam der holde Unhold auch zuweilen ist, oder scheint. –

Wieland an Lavater 16. 2. 1776 (Archiv 4, 316)

Weimar Jan./Febr. 1776

Göthe ist lieb und gut und thätig mit mehr Weisheit als seinen Jahren zukömmt.

Ich bin glücklich mit und in ihm.

A. F. Oeser an Knebel 2. 2. 1776 (Düntzer5 1, 52)

Weimar Jan./Febr. 1776

Ich freue mich über das gute Vernehmen, das unter zwei so würdigen Männern, als Herr Hofrath Wieland und Herr Dr. Goethe sind, entstanden ist, und besonders über letztern, da ich höre, daß sich derselbe des Tages eine Stunde (vermuthlich zur Motion) in Convulsionen übet.

An Johanna Fahlmer 14. 2. 1776 (WA IV 3, 29; 50, 214)

Weimar Jan./Febr. 1776

Mit Wieland führ ich ein liebes häusliches Leben, esse Mittags und Abends mit ihm wenn ich nicht bey Hofe bin ... Louise und ich leben nur in Blicken und Sylben zusammen. sie ist und bleibt ein Engel. Mit der Herzoginn Mutter hab ich sehr gute Zeiten, treiben auch wohl allerley Schwänck und Schabernack. Sie sollten nicht glauben wie viel gute Jungens und gute Köpfe beysammen sind, wir halten zusammen, sind herrlich unt[er] uns und dramatisiren einander, und halten den Hof uns vom Leibe.

Bertuch an D. Chodowiecki 4. 3. 1776 (Lager-Kat. Salomon 38, 163)

Weimar Jan./Febr. 1776

Keine Komplimente wegen Goethes Medaillon! Die Zeichnung, die Sie mir von ihm beilegen, ist so wenig Goethe, als ich. Der ganze Umriss ist nicht richtig, am unrichtigsten aber das untere Gesicht und die Lage des Auges. Da wir, Goethe, Wieland, ich und ein Paar Freunde fast täglich beysammen sind, so machte ich mir den Spass, ihm die Zeichnung zu zeigen, ohne zu sagen, wer es sey. Niemand wollt es kennen; und Goethe lachte herzlich über den Petit Maitre-Kopf (so nannte er es) den ihm der Zeichner zu geben beliebt hatte.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0545 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0545.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 407 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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