Goethes Briefe: GB 2, Nr. 33
An Johann Christian Kestner

Frankfurt a. M. , 〈4. Mai 1773. Dienstag〉 → 〈Wetzlar〉


Lieber Kestner ich binn wieder in Frf und Gott sey danck, wir haben wunderbaare Scenen gehabt und bald wird alles ausgerauscht haben.

Wie lebt ihr und wie lang bleibt ihr noch.

Die Flachsland ist verheurathet, an Herdern. Wisst ihr schon was davon. Vorgestern war ich gegenwärtig der Trauung und gestern ging ich herüber.

Den Merkur in duplo schick ich euch sorgt doch noch dass ich das geld kriege. Die​ 1 zwey machen iust 9 f.

Adieu lieber küsst lotten von meinetwegen auch einmal.

Adieu.

  1. 9 ​Die​ ↑

Die Datierung folgt Kestners Empfangsvermerk in Verbindung mit der Erwähnung von Herders Trauung, die Vorgestern ( 27,5 ) stattgefunden habe. – Herder und Caroline Flachsland hatten am 2. Mai 1773 geheiratet.

H: GSA Weimar, Sign.: 29/264,I,2, Bl. 33–34. – Doppelblatt 14(–14,2) × 17,8 cm, ¾ S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; oben Mitte Empfangsvermerk, Tinte: „Acc. W. / 5. Maii. 73.“

E: Goethe und Werther​1 (1854), 132 f., Nr 49.

WA IV 2 (1887), 84, Nr 147.

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

in Frf] In Frankfurt. – Wie sich aus dem weiteren Inhalt des Briefes ergibt, war Goethe am 3. Mai aus Darmstadt zurückgekehrt, wo er sich seit dem 15. April 1773 aufgehalten hatte (vgl. 25,1 ; 22,14 ).

wunderbaare Scenen] Gemeint sein könnte die Aufführung von Goethes „Fastnachtsspiel 〈…〉 vom Pater Brey“ (DjG​3 3, 161–174) anlässlich von Herders Polterabend am 1. Mai 1773. – Schon Morris verweist auf die biographischen Voraussetzungen des Stückes, Goethes Bekanntschaft mit Franz Michael Leuchsenring und dessen zahlreiche persönliche Verbindungen zu den Mitgliedern des Darmstädter Kreises, insbesondere zu Herders Verlobten Caroline Flachsland. Ein weiteres Indiz dafür, dass das „Fastnachtsspiel“ zu Herders Polterabend uraufgeführt werden sollte, könnte nach Morris der Untertitel „auch wohl zu tragieren nach Ostern“ sein, d. h. in der Zeit, in der die Hochzeit von Herder und Caroline Flachsland stattfinden sollte (vgl. DjG​2 6, 300 f. und Caroline Flachsland an Herder, 29. März 1773; Herder-Flachsland 2, 391–393).

wie lang bleibt ihr noch] Anspielung auf den bevorstehenden Umzug der Kestners nach Hannover, der Anfang Juni 1773 erfolgte.

verheurathet] Herder und Caroline Flachsland heirateten am 2. Mai 1773.

Den Merkur in duplo] Gemeint sind zwei Exemplare des 1. Bandes von Wielands Zeitschrift „Der Deutsche Merkur“ (1.–3. Stück. Januar–März 1773; ab dem 2. Band: Der Teutsche Merkur).

lotten] Charlotte Kestner.

von meinetwegen] Umgangssprachlich für ‚an meiner Stelle‘. – Die Wendung gebrauchte Goethe ausschließlich in seinen frühen Briefen bis 1773 (vgl. 8,15–16 ; GB 1 I, 8,7 ; 15,1–2 ).

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 33 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR033_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 27, Nr 33 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 57–58, Nr 33 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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