Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 843
2. April 1780, Sonntag, Weimar

2. Früh gleich wieder munter und geschafftig um 10 mit Kalb 2 1 stunden lange Erörterung, er ist sehr herunter. Mir 2 schwindelte vor dem Gipfel des Glücks auf dem ich gegen 3 so einen menschen stehe. Manchmal möcht ich wie Polykrates mein Liebst Kleinod 4 ins Wasser werfen. Es glückt mir alles was ich nur angreife. Aber auch anzugreifen sey nicht lassig. zu . zur Waldnern. war besser. bey Hofe gessen. Massig ist halb gelebt. mit Einsiedel iun 5 spazieren viel über den 6 Erd bau, 7 neuen Büffon. Zu . Schw R. lesen. Wieland sieht ganz unglaublich 8 alles was man machen will macht und was hangt und langt in einer 9 Schrifft. 10 bis 10.
  1. la → 2  ↑
  2. Mit → Mir  ↑
  3. geh → gegen  ↑
  4. Ke → Kleinod  ↑
  5. iun erg  ↑
  6. die → den  ↑
  7. Erd bau. → Erd bau,  ↑
  8. ungaublich > unglaublich  ↑
  9. eines → einer  ↑
  10. s → Schrifft.  ↑

H: GSA 27/6


Das Tagebuch 1780 ist von Goethe eigenhändig geschrieben. (Zusätze von fremder Hand siehe unten.) Die Eintragungen befinden sich auf Durchschußblättern (170 × 190/195 mm), dazwischen ein quer beschriebenes Blatt (175 × 160 mm), in einem vorgedruckten Kalender mit dem Titel: »〈…〉 Sachsen-Weimarischer / Calender, auf das Schalt-Jahr 〈…〉 1780. / in welchem / das Leben / der Durchl. Herzoge zu Sachsen / zu erzehlen fortgesetzet wird. 〈…〉 Weimar 〈…〉 Conrad Jacob Leonhard Glüsing, / Fürstl. Sächs. privil. Hof-Buchdrucker.« Vgl zu 1776.

Druckseiten des Kalenders: 42 (unpaginiert)

Durchschußblätter insgesamt: 25

Beschriebene Blätter: 20 (einschließlich des hinteren Vorsatzblattes)


Kalendereinband (170 × 195 mm) aus hellbraunem Kartonpapier. Auf der Vorderseite achteckiges Titelschild mit der Aufschrift 1780. von Goethes Hand und dem Zusatz »und 1781« (siehe die Handschriftenbeschreibung 1781, S. 531) von fremder Hand. Der Rücken des Kalenders stark abgegriffen. Die bedruckten Kalenderseiten aus holzhaltigem Druckpapier, die Durchschußblätter und die Innenseiten des Einbands aus festem Schreibpapier, die Ränder beschnitten. Fadenheftung, zum Teil aufgelöst.


Inhalt des »Sachsen-Weimarischen Calenders« 1780:

Ks 1: Titelblatt des Kalenders

Ks 2: »Unterricht«

Ks 3: Historische und astronomische Daten (vgl das Verzeichnis der Abkürzungen, astronomischer und anderer Zeichen Goethes, S. 366)

Ks 4: Kalender für Januar mit Angabe der Namenstage, des Sonnenund des Mondlaufes, der »Planetenscheine und Witterung, 1777«, Geburtstage

Ks 5: Weitere Angaben zum Monat Januar: Zählung der Tage, »Gewitters Beschreib.«, »Lebensbeschreibung 〈…〉 Herrn Wilhelm Ernst, Herzogs zu Sachsen«, Spruch

Ks 6–27: Kalender für Februar bis Dezember; jeweils wie für den Monat Januar beschrieben

Ks 28–36: »Calender-Anhang auf das Schaltjahr 1780«

Ks 37–42: »PostBericht. Verzeichniß der fürnehmsten Messen und Jahrmärckte. Resolvirung, Thaler zu Gülden, und Gülden zu Thalern zu machen. ThorSperrOrdnung.«


Schreibmaterial und Zusätze von fremder Hand:

Schwarze Tinte, Schrift zum Teil stark verblaßt, zum Teil verwischt.

Einzeichnung runder Klammern, mit Bleistift (Kanzler von Müller?):

17. Januar: (Kraffts Epistel p sexti.) (zu bis zur Tus. Dann) (Nach Tiefurt bis Baty gelesen.)

18.–20. Januar: (d 18. bis An Sinnern).

20.–22. Januar: (Zu Clauern bis 10.) (Ward d. Schnuppen bis in acht nehmen.)

18.–26. Februar: (Ich blieb bis Briefe pp. zu)

27. Februar: (d. 27. bis aushalten wird.)

vor 4. März – 6. März: (Ward bis mit W. )

11. März: (war d. 11ten.)

12.–13. März: (Bey Amtm. Schmidt bis zu Tische.)

15. März: (15. bis zu )

16. März: (bey Kraus bis erzahlte vielerley.)

20. März: (20. (Aerger bis Theater erleuchtet.)

21. März: (vorher Monzanb.)

22.–25. März: (22 bis beym Schlingen.)

27.–28. März: (27. bis geschw. und gut.)

31. März: (zu bis Kranck.)

1. April: (d. 1 bis mit gessen).

2. April: (zu bis neuen Büffon.)

vor und um 15. April: (bis d. 15. bis fort arbeiten.) (Auch leid’ ich bis Clima.) Mai: (Bracht ich bis Ordnung.) (Für Krafft bis auch wissen.) Klammer vor | War ein Musikus

25. Mai: (d. 25 bis aufgeführt.)

26.5.–22. Juni: (NB. vom 26 bis ad protocollum.) getilgte Klammer vor Vogtens Mineralogische Untersuchungen (Wenn pppp. bis zum Höchsten!)

22. Juni: (22. bis Schritte.)

23.–24. Juni: (23. bis .)

25. Juni: (Reise Marschall bis Vogeln p.)

1.–14. Juli: (1 Alles bis Abends Tiefurth.)

nach 14. Juli – vor 18. August: (In dem weitern Lauf bis in Alstädt.)

vor 18. August: (Geschichte bis in Lobda.)

23.–25. August: (d. 23. bis noch spazieren.)

26. August: (kam nach Tisch bis Abends im Garten.)

27. August: (d. 27. bis Belvedere)

29.–30. August: (d. 29. bis 30.)

2.–4. September: (2) bis Schnaus Hochzeit.)

nach 4. September: Klammer nach Meiningen pp

31. Oktober: (d. 31. bis Schardt.)

1.–8. November: (D. 1. bis d’Entrugues da).

Korrekturen und Ergänzungen, mit Bleistift, gelegentlich mit Rötel (Kanzler von Müller?):

18. Januar: über u in neues Bogen ergänzt

vor 11. März: im Leerraum über War ich sehr still »bis d. 11« ergänzt

21. März: nach zu fus Punkt ergänzt

2. April: nach machen will Komma ergänzt

3. April: nach Wetter Punkt ergänzt

um 15. April: in Flügel verdeutlicht »el«; in erhohle verdeutlicht »ohle«; Ubel korr zu »Übel«, darin verdeutlicht »l«

Mai: vor Verzogen sich senkrechter Strich ergänzt

25. Juni: nach Gros Brembach Komma ergänzt; in Die vor Dürrung! verdeutlicht »D«

Dezember: Volgst. ergänzt durch »edt«

Auf den beschriebenen Blättern Bleistiftpaginierung von unbekannter Hand jeweils Vs rechts bzw Rs links oben, die Blätter 6 und 7 paginiert »7« und »6«, das linke hintere Vorsatzblatt mit der Tgb-Eintr d. 2 Sept. im Anschluß an die Eintragungen zu 1781 paginiert »5«. Bleistiftvermerke: auf dem Titelblatt rechts oben »24 Bl«, auf dem vorderen Inneneinband rechts unten der Signaturvermerk »6«.


Zählung und Anordnung der Handschrift:

Bl 1–2 (zwischen Ks 4 und 5)

Bl 1 Vs leer; Federprobe

Bl 1 Rs–2:

Tgb-Eintr Januar

Bl 3–4 (zwischen Ks 6 und 7)

Bl 3 Vs–4 Vs:

Tgb-Eintr Februar

Bl 4 Rs leer

Bl 5–7 (zwischen Ks 8 und 9; Bl 6 quer beschrieben)

Bl 5:

Tgb-Eintr Anfang–16., 29.–30. März

Bl 6 Vs:

Tgb-Eintr 31. März

Bl 6 Rs leer

Bl 7:

Tgb-Eintr 20.–28 März

Bl 8–9 (zwischen Ks 10 und 11):

Tgb-Eintr April

Bl 10–11 (zwischen Ks 12 und 13)

Bl 10 Vs–11 Vs:

Tgb-Eintr Mai

Bl 11 Rs:

Tgb-Eintr 25. Mai,

26. Mai – 22. Juni

Bl 12–13 (zwischen Ks 14 und 15)

Bl 12 Vs:

Tgb-Eintr 26. Mai – 22. Juni

Bl 12 Rs–13 Vs:

Tgb-Eintr Juni

Bl 13 Rs leer

Bl 14–15 (zwischen Ks 16 und 17)

Bl 14 Vs

Tgb-Eintr Juli

Bl 14 Rs:

Tgb-Eintr Juli/August

Bl 15 leer

Bl 16–17 (zwischen Ks 18 und 19)

Bl 16:

Tgb-Eintr August

Bl 17 leer

Bl 18–19 (zwischen Ks 20 und 21)

Bl 18 Vs:

Tgb-Eintr September

Bl 18 Rs–19 leer

Bl 20–21 (zwischen Ks 22 und 23)

Bl 20 Vs:

Tgb-Eintr Oktober

Bl 20 Vs–21 leer

Bl 22–23 (zwischen Ks 24 und 25)

Bl 22 Vs:

Tgb-Eintr November

Bl 22 Rs–23 leer

Bl 24–25 (zwischen Ks 26 und 27)

Bl 24 Vs:

Tgb-Eintr Dezember

Bl 24 Rs–25 leer

Linkes hinteres Vorsatzblatt (Vs):

Tgb-Eintr d. 2 Sept.

Prof. Gabler v. Ingolstadt.


D:

Friedrich Wilhelm Riemer: Mitteilungen über Goethe. Aus mündlichen und schriftlichen, gedruckten und ungedruckten Quellen. Bd 2. Berlin 1841. S. 108–125 passim (Auszüge) Carl August Hugo Burkhardt: Goethe’s Tagebuch 1780. 1781. 1782. In: Die Grenzboten 33 (1874), 2. Semester, 4. Bd, Nr 43. S. 121–127 (Auszüge)

Robert Keil: Goethe’s Tagebuch aus den Jahren 1776–1782. Leipzig 1875. S. 207–233 und 237–248

WA III 1, 105–126, udT: 1780., und in den Lesarten zu Tgb 1781, WA III 1, 362

mit Kalb] Siehe die vierte Erläuterung zu 31. März 1780.

wie Polykrates bis werfen] Um den Neid der Götter nicht zu erregen, warf der vom Glück immer begünstigte Tyrann Polykrates seinen kostbaren Siegelring ins Meer (Herodot 3, 39–43); vgl Brief an Charlotte von Stein, 22. April 1781 (WA IV 5, 115).

war besser] Siehe Tgb 31. März 1780.

bey Hofe gessen] Laut FB 2. April 1780 mittags Fürstliche Tafel, anwesend siebzehn Personen, einschließlich Goethes.

Massig] Gemeint: mäßig.

Einsiedel iun] August Hildebrand von Einsiedel-Scharfenstein.

Erd bau, neuen Büffon] Georges Louis Leclerc de Buffons »Les Époques de la nature«; erschienen 1779. Siehe Brief an Johann Heinrich Merck, 3. April 1780 (WA IV 4, 202; IV 7, 379): Die Epochen de la nature von Buffon sind ganz vortrefflich. Ich acquiescire dabei, und leide nicht, daß Jemand ⟨Johann Georg Adam Forster⟩ sagt, es sei eine Hypothese oder ein Roman. 〈…〉 Es soll mir keiner etwas gegen ihn im Einzeln sagen, als der ein größeres und zusammenhängenderes Ganze machen kann.

Schw R. lesen] Siehe die Erläuterung zu 104,14.

Wieland sieht bis in einer Schrifft] Siehe Wieland an Johann Heinrich Merck, 16. April 1780 (WB 7.1, 277): »Seine Beschreibung ihres Zugs durchs Wallis über den Furken und St. Gotthard, womit er uns vor kurzem bey der Herzogin Mutter regaliert hat, ist mir in ihrer Art so lieb als Xenophons αναβασισ. 〈…〉 Die Zuhörerinnen enthousiasmirten sich über die Natur in diesem Stücke: mir war die schlaue Kunst in der Composition noch lieber, wovon jene nichts sahen. Es ist ein wahres poëm, so verstekt auch die Kunst ist. Das besondere aber was ihn auch hier, wie fast in allen seinen Werken, von Homer und Shakespear unterscheidet, ist daß der Ich, der Ille ego, überall durchschimmert, wiewohl ohne alle Jactanz ⟨eitles Zurschautragen⟩ und mit unendlicher Feinheit – Des Herzogs wird darinn 〈…〉 selten und nur mit wenigen Zügen gedacht; aber diese Züge sind 〈…〉 charakteristisch 〈…〉. Das opus ist noch nicht ganz fertig, und, nach dem was er mich hat merken lassen, wird er noch viel interessantes theils einschieben theils hinzuthun. Es bleibt aber vor der Hand 〈…〉 Manuscript für Freunde 〈…〉.« Vgl Brief an Johann Heinrich Merck, 3. April 1780 (WA IV 4, 201; IV 7, 379): Wieland deklarirt es für ein Poëma.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 2.4.1780 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_0843.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. – (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. – (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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