BuG: BuG I, A 182
Darmstadt 29. 2./3. 3. 1772

J. G. Schlosser an Gleim 25. 2. 1772 (JbFDH 1963, 38)

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Darmstadt 29. 2./3. 3. 1772

Ich werde zu Ende dieser Woche [29. 2.] nach Darmstadt gehen um ihn [Merck] zu sehen, und einige Tage bey ihm zu leben. Ein junger Freund [Goethe] von mir der sehr viel verspricht, und der mir durch seine ernste Bemühung seine Seele zu reinigen, ohne sie zu entnerven auserordentl. ehrwürdig ist, wird mit mir gehen.

F. M. Leuchsenring an I. Iselin 18. 3. 1772 (Archiv 14, 157)

Darmstadt 29. 2./3. 3. 1772

Herrn Schloßer habe ich kennen lernen und noch einen merkwürdigen Mann, Nahmens Göethe.

Dichtung und Wahrheit XII (WA I 28, 95)

Darmstadt 29. 2./3. 3. 1772

Als ich ihn [Merck] kennen lernte, war er Kriegszahlmeister in Darmstadt ... In Darmstadt befand sich übrigens eine Gesellschaft von sehr gebildeten Männern. Geheimerath von Hesse, Minister des Landgrafen, Professor Petersen, Rector Wenck und andere waren die Einheimischen, zu deren Werth sich manche fremde Benachbarte und viele Durchreisende abwechselnd gesellten. Die Geheimeräthin von Hesse und ihre Schwester, Demoiselle Flachsland, waren Frauenzimmer von seltenen Verdiensten und Anlagen, die letztere, Herders Braut, doppelt interessant durch ihre Eigenschaften und ihre Neigung zu einem so vortrefflichen Manne.

Wie sehr dieser Kreis mich belebte und förderte, wäre nicht auszusprechen. Man hörte gern die Vorlesung meiner gefertigten oder angefangenen Arbeiten, man munterte mich auf, wenn ich offen und umständlich erzählte, was ich eben vorhatte, und schalt mich, wenn ich bei jedem neuen Anlaß das Früherbegonnene zurücksetzte.

Caroline Flachsland an Herder 9. 3. 1772 (SchrGG 41, 48)

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Darmstadt 29. 2./3. 3. 1772

Ich habe vor einigen Tagen Ihren Freund Göthe und Herrn Schloßer, von dem ich Ihnen schon geschrieben, kennen gelernt, sie haben Merk besucht auf etliche Tage, und wir waren zwey Nachmittage und ich beym MittagEßen beysammen. Göthe ist so ein gutherziger muntrer Mensch, ohne gelehrte Zierrath, und [hat] sich mit Merks Kindern so viel zu schaffen gemacht, und eine gewiße Ähnlichkeit im Ton oder Sprache oder irgendwo mit Ihnen, daß ich ihm überall nachgegangen. Der erste Nachmittag wurde uns verdorben durch ein Trisept Spiel und 2 Leute aus der Stadt. Nur einen Augenblick saß Göthe, meine Schwester und ich der Abendsonne, die sehr schön war, gegen über und sprachen von Ihnen. Er hat 6 Monath in Strasb[urg] mit Ihnen gelebt, und sprach recht mit Begeistrung von Ihnen. ich habe ihn von diesem Augenblicke an recht lieb bekommen. Den 2t Nachmittag haben wir auf einem hübschen Spaziergang und in unserm Hauße bey einer Schale Punsch zugebracht. Wir waren nicht empfindsam, aber sehr munter, und Göthe und ich tanzten nach dem Klavier Menueten. und darauf sagte er uns eine vortrefliche Ballade von Ihnen her, die ich noch nie gehört „Dein Schwerd, wie ists vom Blut so roth Edward, Edward?“ er hat sie mir auf meine öftere Bitte den andern Tag nach seiner Rückkunft in Franckfurt, aber ohne Brief, geschickt. Herr Schloßer ist ein guter, sehr guter Mann, nur ein wenig zu viel Welt Firniß. Er hat mich sehr lieb und mehr, dünkts mich, als Göthe, das mir doch leid ist .. sie wollen im Sommer wieder kommen.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0182 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0182.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 194 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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