BuG: BuG II, A 2383
Neustadt an der Orla 23. 6. 1785

Knebel, Tagebuch 23. 6. 1785 (GSA Nachlaß Knebel)

Neustadt an der Orla 23. 6. 1785

Um 11 Uhr von Jena weg mit Göthe u. zwey Bedienten. 3 Uhr in Neustadt an der Orla. Göthe wird krank.

Knebel, Aufzeichnungen 24. 6. 1785 (Knebel, Lit. Nachl. 3, 374)

B2 255

Neustadt an der Orla 23. 6. 1785

Wir gingen gestern eilf Uhr Mittags von Jena weg, Goethe und ich, und nahmen zwei Bedienten mit uns ...

Der Tag war trübe, es regnete mitunter, doch war es nicht unlustig. Mein Reisegefährte war stillern, ruhigern Muthes als ich. Er suchte viele vertrauliche Reden hervor, und ich war dagegen nicht unfreundlich. Unterwegs, als wir im Wagen hielten, zeichnete er das Thor und die Einfahrt von dem Hause des Herrn v. Schmerzing in Hummelsha[i]n, das er Abends, als wir hier ankamen, gar hübsch mit der Feder ins Reine brachte. Eine kleine Weile darauf, bei Gelegenheit einer Pfeife Tabak, die ich aufs Neue anstecken wollte, bat er mich, solches zu unterlassen, weil er von dem Tabaksrauche Erhitzung spüre. Ich unterließ es, wunderte mich aber über die leichte Reizbarkeit seiner Nerven von einer so geringen Ursache. Das Übel nahm bei ihm zu, und er mußte sich wirklich mit Frost und einem besonders krampfhaften Zustande, der ihm starken Schmerz erregte, zu Bette legen. Diesen Morgen hat sich das Übel noch nicht gegeben, und wir werden wohl heute hier bleiben müssen.

Ich bemerkte, wie Goethe’s Natur leicht bis auf den letzten Augenblick sich unverändert erhält, dann von dem leichtesten Umstande Gelegenheit sich nimmt und ihn gänzlich zu Boden wirft. Dieß trifft in vielen Stücken bei ihm ein.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_2383 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_2383.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 524 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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