Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 45
Von Friedrich Heinrich Jacobi

10. März 1775, Düsseldorf

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   An Göthe
Ach lieber, was Rath für mich, daß ich zu
dir lange mit meiner Hand, mit mei-
nem Blick? – Wort aus dem Her-
zen, du beklemmst nur noch mehr das
Herz! – Aber du, mein Herz,
was willst du? bist ja ô geäng-
stet, bist ja ô traurig, liebst ja,
bist ja seelig: so sey dann
ruhig.


   Auf u ab geh' ich nun wieder
auf eben dem Boden, zwischen eben
den Wänden u Thüren, wo ich zuerst
dich lieb gewann; wo ich, nach unserer er-
sten Trennung dich – nicht wiederfand; wo
ich in tiefer Verstummung wandelte, dir
nachsann, der Liebe pflegte im eigensten | 2 |
Innern meiner Seele; wo ich bald
darauf Wiedersehen hoffte – vor-
auskostete – ahndete: – – und das
all nun erfüllt! Ich so glücklich! – –
Gott, was für ein Strohm von Thrä-
nen da aus meinem Aug brach! –
Wie Wohl, wie Weh!


S:  Goethe-Museum Düsseldorf  D:  JacobiI 2, Nr. 383  B : -  A : -  V:  Konzept 

Reflexionen über das erste Zusammentreffen mit G. im Juli 1774 und das Wiedersehen im Januar und Februar 1775.

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  An Göthe  Ach lieber, was Rath für mich, daß ich zu dir lange mit meiner Hand, mit meinem Blick? – Wort aus dem Herzen, du beklemmst nur noch mehr das Herz! – Aber du, mein Herz, was willst du? bist ja ô geängstet, bist ja ô traurig, liebst ja, bist ja seelig: so sey dann ruhig.

  Auf u ab geh' ich nun wieder auf eben dem Boden, zwischen eben den Wänden u Thüren, wo ich zuerst dich lieb gewann; wo ich, nach unserer ersten Trennung dich – nicht wiederfand; wo ich in tiefer Verstummung wandelte, dir nachsann, der Liebe pflegte im eigensten| 2 | Innern meiner Seele; wo ich bald darauf Wiedersehen hoffte – vorauskostete – ahndete: – – und das all nun erfüllt! Ich so glücklich! – – Gott, was für ein Strohm von Thränen da aus meinem Aug brach! – Wie Wohl, wie Weh!

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 45, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0045_00048.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 45.

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