Goethes Briefe: GB 2, Nr. 216
An Sophie La Roche

〈Frankfurt a. M. 〉, 28. März 1775. Dienstag → 〈Ehrenbreitstein bei Koblenz〉


Hier liebe ​ 1 Mama ein Klijog der Ihnen Freude machen. die Zeichnung von Hℓ. v. Hohenfeld soll mir zehnfach werth seyn. Nur bitt ich bey allem was heilig ist dass wenn sie mir sie schicken, sie aufs sorgfältigste verwahrt ​ 2 wird, denn so huy ich sonst bin, ein Fältgen in so was macht mich rasend.

Adieu ​ 3 Ihnen u. der lieben Frau. Ich hab ihr bisher mein Wort gehalten und versprach ihr wenn ihr Herz sich zu ihrem Manne neigen würde ​ 4 , wollt ich wiederkehren, ich bin wieder da, und bleibe bis an mein Ende wenn sie Gattin und Hausfr. u Mutter bleibt. Amen. dℓ. 28. Merz. 1775.

  1. liebe r ​ ↑
  2. V ​verwahrt​ ↑
  3. Ade ​ieu​ ↑
  4. wollt ​ürde​ ↑

H: GSA Weimar, Sign.: 29/294,I, Bl. 24. – 1 Bl. 19 × 23 cm, ⅔ S. beschr., egh., Tinte; obere rechte Ecke des Blattes abgerissen.

E: Frese (1877), 162, Nr 32.

WA IV 2 (1887), 250, Nr 311.

Vermutlich ein Brief von Heinrich Boßhard (vgl. zu 180,10 ).

Der Brief beantwortet einen nicht überlieferten Brief Sophie La Roches (vgl. zu 180,10–11 ). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

ein Klijog] Schweizerisch Chli Jogg: Klein(er) Jakob. – So wurde der Bauer Hans Jakob Gujer (Guyer) in Wermatswil bei Uster im Kanton Zürich genannt; er betrieb einen Musterhof und war, besonders unter Philanthropen, Physiokraten und Rousseaubegeisterten, durch den Zürcher Arzt Hans Caspar Hirzel berühmt geworden, der eine Schrift über ihn veröffentlichte: „Die Wirthschaft eines philosophischen Bauers“ (Neue, vermehrte Aufl. Zürich 1774; 1. Aufl. 1761). Goethe lernte ihn auf seiner ersten Schweizer Reise am 12. Juni 1775 persönlich kennen (vgl. Nr 245 ). – Vermutlich überschickte Goethe, wie Morris vermutete (DjG​2 6, 434), einen Brief von Heinrich Boßhard, einem anderen schweizerischen Reformbauern, über Herders „Aelteste Urkunde des Menschengeschlechts“. Dieser Brief sei über Lavater an Herder gegangen und von diesem an seine Schwägerin Friederike von Hesse geb. Flachsland. Von dieser habe Goethe den Brief erhalten (vgl. 182,12–13 ); außerdem Herders Briefe an Johann Georg Hamann vom 25. März und an Johann Caspar Lavater von Ende April 1775 [HB 3, 166 und 179]). Boßhards Brief ist an Lavater gerichtet und umfasst 26 Seiten in Sedezformat (H: Biblioteka Jagiellońska Kraków [Krakau]; vgl. HB 11, 564). Goethes Formulierung ein Klijog könnte in diesem Fall etwa bedeuten: ,etwas nach (der Denk-)Art des Chli Jogg‘. Nicht völlig auszuschließen ist, dass es sich bei der Beilage um ein Porträt des Bauern Chli Jogg gehandelt hat; so deutete Fischer-Lamberg die vorliegende Briefstelle (vgl. DjG​3 5, 418).

Freude machen] Zu ergänzen ist wohl: wird.

die Zeichnung von Hℓ. v. Hohenfeld] Die von Sophie La Roche übersandte Zeichnung von Christoph Philipp Willibald von Hohenfeld ist nicht überliefert.

lieben Frau] Maximiliane Brentano; Goethe hatte wegen der Eifersucht ihres Mannes Besuche in ihrem Haus vermieden (vgl. zu 95,3 ; zu 136,11 ).

Amen.] Aus dem Hebr.: So soll es sein; Schlussformel des christlichen Gebets; von Goethe in seinen frühen Briefen wiederholt zur Bekräftigung am Briefschluss gebraucht (vgl. Nr 19 , 92 , 96 , 146 , 207 , 256 , 259 , 260 , 263 ).

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 216 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR216_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 180, Nr 216 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 452–453, Nr 216 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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