Goethes Briefe: GB 2, Nr. 49
An Hans Buff

〈Frankfurt a. M. , Mitte Juli 1773〉 → 〈Wetzlar〉

〈Abschrift〉


Ich habe lieber Hans allerley Angelegenheiten warum ich ihm schreiben Muss. Erstℓ zu fragen wie es bey euch aussieht? Ich habe so lange aus dem teutschen Haus nichts gehört.

Und hernach Commissionen , wenn er die Recht ausrichtet so soll er einmal Agent von Churfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs werden.

Erstℓ. bestellt er den Brief an Kestnern wie den Vorigen.

2tens ist er so gut zum Hℓ Hofrath Sachs zu gehn und zu sagen: „hier sey ein Brief an Hℓ v. Kielmansegg. Ob sie wohl so gütig seyn wollten ihn zu bestellen. Der Hℓ Baron habe mir geschrieben ich soll meine Briefe an Hℓ Hofrath adressiren.“

3tens. Fragt er den Hℓ v. Hille ob er habe einen ersten Teil des Teutschen Merkurs durch Hℓ Kestner bekommen?“ /

hat er ihn bekommen so lass ich ihn um die halbe Louidor bitten, und will den zweyten Teil gleich mit der fahrenden Post nach Wetzlar schicken.

4tens fragt er den Papa ober ein neues Schauspiel ​Göz v. Berlichingen gelesen habe?

5tens Grüsst er mir alle im deutschen Haus Lengen und Carlingen und Dortelgen und Anngen und fragt sie ob sie sich mein noch erinnern in Ehre und liebe. Und die Kleinen grüsse er alle von mir und schreibe er mir bald

Goethe.

Die Erwähnung des zweyten Teils ( 38,2 ), also des 2. Bandes, von Wielands „Teutschem Merkur“, dessen Auslieferung bevorstand, korrespondiert mit der Ankündigung im Brief an Kestner von Mitte Juli (vgl. Datierung zu Nr 48 ), der offenbar dem vorliegenden Brief beigeschlossen war (vgl. Überlieferung).

H: Verbleib unbekannt; 1912 Privatbesitz, Frau Prof. Gelzer, Basel (vgl. DjG​2 6, 259). – Beischluss: Nr 48 (vgl. die erste Erläuterung zu 37,22 ).

h: GSA Weimar, Sign.: 29/124,IV. – 1 Bl. 18,6(–18,9) × 28,6 cm, 1 ½ S. beschr., Charlotte Kestners Hd, Tinte; S. 1 oben über dem Brieftext Bemerkung der Schreiberin (der Tochter Johann Christian und Charlotte Kestners): „Dieser Brief von Goethe ist unter No 62 in dem Briefwechsel Goethes mit meinen Ältern gedruckt und heute 9 Juny 1869 für Hℓ. Prof. Gelzer abgeschrieben, d. h. ich gab ihm aus Achtung u Anerkennung das Original. / brief Goethes:“

E: Goethe und Werther​1 (1854), 171, Nr 77.

D​1: WA IV 2 (1887), 92 f., Nr 158 (Hinweis auf H in Privatbesitz und Textkorrekturen in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 207).

D​2: DjG​2 (1910), 3, 50, Nr 164 (nach H?).

Textgrundlage: h. – Die Ausfertigung des vorliegenden Briefes wie auch die Originale von Nr 74 und 80 befanden sich 1912 in Baseler Privatbesitz (vgl. jeweils die Überlieferung), wo sie für D​2 erneut verglichen wurden (vgl. DjG​2 6, 259 f., zu Nr 136). Eine Kollation der überlieferten Ausfertigung von Nr 74 mit dem Abdruck in D​2 (vgl. DjG​2 3, 70, Nr 190) lässt jedoch erkennen, dass im Druck Abkürzungen aufgelöst wurden und Änderungen in Orthographie und Interpunktion erfolgten. Noch stärker normiert wurde der Text für E und D​1, die mutmaßlich ebenfalls nach H druckten. In Charlotte Kestners Abschriften dagegen sind Abkürzungen nicht aufgelöst, Interpunktion und Orthographie wurden nicht normiert, was darauf verweist, dass ihre Abschriften im Vergleich zu E, D​1 und D​2 den nicht überlieferten Ausfertigungen der Briefe näherstehen. Dies wird durch die Kollation der Abschrift Charlotte Kestners mit dem Faksimile der Ausfertigung von Nr 80 bestätigt (vgl. Überlieferung zu Nr 80 ).

habe] habe, ​E D​1 D​2 Hans] Hans, ​E D​1 D​2 Erstℓ] Erstl. ​E Erstlich ​D​1 Erst[lich] ​D​2 wie es] wies ​E D​1 D​2 so lange] so lang ​E D​1 solang ​D​2 Commissionen,] Commissionen ​D​2      Erstℓ] Erstl. ​E Erstlich ​D​1 Erst[lich] ​D​2 Kestnern] Kestnern, ​E D​1 Vorigen] vorigen ​D​2 Hℓ] Hrn. ​E D​1 Herrn ​D​2      gehn] gehen, ​E D​1  gehn, ​D​2 „hier] „Hier ​E D​1 Hℓ v. Kielmansegg] Hrn. von ​E D​1 Herrn v. Kielmannsegg ​D​2 Hℓ] Hr. ​E D​1 Herr ​D​2 Hℓ] Hrn. ​E D​1 Herrn ​D​2 3tens. Fragt] Drittens. Fragt ​E D​1 3tens fragt ​D​2 Hℓ v.] Hrn. von ​E D​1 Herrn v. ​D​2 Teil des Teutschen Merkurs] Theil des teutschen Merkurs ​E D​1 Hℓ] Hrn. ​E D​1 Herrn ​D​2 bekommen?“ / hat] bekommen, hat ​E D​1 bekommen?“ ​/ Hat ​D​2 Louidor] Louisd'or ​E D​1 Louisdor ​D​2 Teil] Theil ​E D​1 4tens] Viertens ​E D​1 ​Göz v.] ​Götz von ​E D​1 5tens] Fünftens ​E D​1 Grüsst] grüßt ​E D​1 deutschen Haus] teutschen Haus, ​E D​1 deutschen Haus,​ D​2 Dortelgen] Dortlgen ​E D​1 mein] meiner ​E D​1 liebe] Liebe ​E D​1 grüsse] grüss ​E D​1 mir] mir, ​E D​1 bald] bald. ​E D​1

Ein Bezugsbrief ist nicht bekannt. – Der Antwortbrief (vgl. die erste Erläuterung zu 38,15 ) ist nicht überliefert.

aus dem teutschen Haus] Gemeint ist das Wohnhaus der Familie Buff in Wetzlar, das zum Deutschordenshof gehörte (vgl. auch GB 1 II, zu 236,14–15 ).

Commissionen] Hier: kleinere Aufträge, Gefälligkeiten (vgl. die Fortsetzung des Briefes).

Agent] Eigentlich: (Wechsel-)Makler; hier: Vermittler in fürstlichen Diensten, Diplomat (vgl. GWb 1, 286).

Ständen des Reichs] Die Reichsstände; die geistlichen oder weltlichen Fürsten und Landesherren sowie die Freien Reichsstädte, die Stimmrecht im Reichstag besaßen.

den Brief an Kestnern] Dem vorliegenden Brief beigeschlossen war Nr 48 (vgl. Überlieferung).

den Vorigen] Nr 42 (vgl. Überlieferung zu Nr 43 ).

Hofrath Sachs] Gemeint ist wahrscheinlich ein Jugendfreund Kestners, der Jurist Franz Karl Anton von Sachs, seit 1769 Prokurator in Wetzlar.

Brief an Hℓ v Kielmansegg] Nicht überliefert (vgl. EB 6 ).

Der Hℓ Baron 〈…〉 geschrieben] Briefe Christian Albrechts von Kielmannsegg an Goethe sind nicht überliefert (zur Person vgl. GB 1 II, zu 237,26 ).

v. Hille] Ein Wetzlarer Bekannter Goethes, dem er durch Kestners Vermittlung den „Teutschen Merkur“ zukommen ließ (vgl. die erste Erläuterung zu 22,6 ).

die halbe Louidor] Eigentlich: der halbe Louisdor; gegen den sonst üblichen Gebrauch verwendet Goethe den Begriff gelegentlich als Femininum (vgl. GB 1 I, 19,15 ; 189,14 ; 213,30–31 ).

Papa] Henrich Adam Buff.

ein neues Schauspiel ​Göz v. Berlichingen] Der Erstdruck des „Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand“ war soeben anonym im Selbstverlag Mercks unter Goethes Beteiligung erschienen (vgl. zu 32,22 ; zu 37,6–7 ).

Lengen und Carlingen] Helene und Caroline Buff.

Dortelgen und Anngen] Dorothea und Anna Brandt, die Nachbarinnen und Freundinnen der Familie Buff.

die Kleinen] Gemeint sind vermutlich die jüngsten Brüder Albrecht, Ernst und Ludwig Buff.

 

 
 

Nutzungsbedingungen

Kontrollen

Kontrast:
SW-Kontrastbild:
Helligkeit:

Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 49 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR049_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 37–38, Nr 49 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 99–101, Nr 49 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

Zurück zum Seitenanfang