BuG: BuG II, A 1849
Weimar 1./12. 6. 1783

F. Matthisson, Tagebuch 1783 (Bölsing S. 198)

Weimar 1./12. 6. 1783

v. 1–20 Jun. Reise nach Erfurt Gotha und Weimar. Dalberg, Göthe, Bode, Musäus, Reichard, Sophie Albrecht, Andreä.

F. v. Matthisson, Erinnerungen (Matthisson1 3, 352)

B2 234

Weimar 1./12. 6. 1783

Ich lernte Göthe zuerst an einem Tage persönlich kennen, wo seine Menschlichkeit sich ganz heilig und rein offenbarte. Er gab ein Kinderfest in einem Garten unweit Weimar. Es galt Ostereyer aufzuwittern. Die muntere Jugend, worunter auch kleine Herder und Wielande waren, zerschlug sich durch den Garten, und balgte sich bey dem Entdecken der schlau versteckten Schätze mitunter nicht wenig.

Ich erblicke Göthe noch vor mir. Der stattliche Mann, im goldverbrämten blauen Reitkleide, erschien mitten in dieser muthwilligen Quecksilbergruppe als ein wohlgewogener, aber ernster Vater, der Ehrfurcht und Liebe gebot. Er blieb mit den Kindern beysammen bis nach Sonnenuntergang, und gab ihnen am Ende noch eine Naschpyramide Preis, welche die Kokagnen zu Neapel gar nicht übel nachbildete ... Ich war eigentlich zudringlich, bloß um dem Verfasser von Werthers Leiden einen Blick abzugewinnen und mir sein Bild bleibend in die Seele zu prägen. Er war sehr artig, und äußerte beym Anblick der ihm wohlbekannten Uniform des damals noch blühenden Philanthropins zu Dessau: “Sie sind hier völlig in Ihrem Elemente; ich bitte Sie zu bleiben, so lang’ es Ihnen angenehm ist.“ Dieses Bild von Göthe, beglückt und beglückend im Kreise schuldloser und lieblicher Kinder, wird mir immer von diesem seltenen Manne das wohlthuendste bleiben.

F. v. Matthisson, Selbstbiographie (Matthisson2 1, 285)

Weimar 1./12. 6. 1783

In Weimar ward es dem Reisenden so gut, wieder eine Predigt von Herder zu hören, und Goethe’s nähere Bekanntschaft zu machen. Dieser gab ein Kinderfest in einem Garten außerhalb der Stadt. Es galt Ostereyer auszuwittern. Beym Erblicken der ihm wohlbekannten Uniform des Dessauer Philanthropins sprach er zu dem Fremdling: “Sie sind hier in Ihrem Element. Ich bitte Sie bey uns zu bleiben, so lange es Ihnen angenehm ist.“

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_1849 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_1849.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 418 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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