BuG: BuG I, A 318
Rheinfahrt 20. 7. 1774

Lavater, Tagebuch 20. 7. 1774 (SchrGG 16, 311)

B2 60

Rhein 20. 7. 1774

Morgens nach 6 Uhr. Im Schiff unterm naßen Decktuch, vor Schmoll, u. neben Goethe, der in romantischer Gestalt grauem Hut, mit halbverwelktem lieben Blumenbusch sein Butterbrod hinter dem braun Seidnen Halstuch, u. grauen Kaputkragen, wie ein Wolff verzehrt, u. sich nach dem übrigen eingepakten Eßen schon weiters umsieht...

Izt noch, u. bis izt regnets – wir sehen Höningen des Grafen von der Ley[en] vor uns – schöne aber benebelte Außicht. Laß regnen wenn es regnen will, dem Wetter seinen Lauf. Denn wenn es nicht mehr regnen will so hörts von selber auf.

Goethe las uns aus seiner Elmire, einer Opperette, und ich verschlummerte eine Stunde. Izt schlummert Goethe, u. Schmoll noch unter der Leinwandnen Bogendecke neben mir, als wie unter einem Zelt. Man öffnet u. kühler Wind öffnet beyden die Augen, sie sehen die herrliche Stadt Bonn vor sich, die Residenz des Churfürsten von Cölln. „Macht doch wieder zu“ – wieder zu, u. ich schreibe fort – u. sage noch ein Sonnenblick durchs leinen Tuch dringt sanft auf diesen reinen spruch; doch ach – er ist schon wiederfort; doch bald sind wir am schönen ort; dann haben wir noch stunden vier, und Müllheim – liebste, sehen wir! Um 12 uhr zu Bonn an ...

Fuhren um 2 Uhr ab. Regen. Viel Schlummer, wenig gesprochen. schöne alleen an einem fort, bis auf Cölln. – Da ein billet. ein thée. Schmoll u. Göthe auf Düßeldorf, ich auf Müllheim.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0318 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0318.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 275 f. (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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