Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 126
Von Peter Im Baumgarten

24. Oktober 1780, Ilmenau

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   Hochwohlgebohrner Insonders
   HochzuEhrender Herr Geheimde Rath



Ihr kurzes aufhalten in Illmenau that mir weh. Ich hätte Ihnen
noch viel zu sagen gehabt, es wolte sich aber nicht schicken. Es hat den
Herrn Cammerherrn verdroßen, daß Sie nicht Abschied genomen haben.
Wie ich ihm es sagte daß Sie fort wären konte er sich nicht genug da-
über wundern. Nun kam die Rede auf den Zettel welchen
er nicht unterschrieben hat. Ich fragte ihn warum daß er den
Zettel nicht unterschrieben hätte, da gab er mir zur antwort,
der Kaufman hat mich doch noch nicht darum gebeten daß ich
davor sorgen solte da will er nur gebeten seyn und daß
thut dieser Kaufman nicht. Ich wil Ihnen die gantze Sache
sagen, wie die schuld und der Zettel entstanden ist. Ich will
mich noch nicht entschuldigen Sie werden es Selbst thun. Sie
werden wißen daß der Prinz vor einem Jahr in Stützer-
bach war. Da befohl mir der Hℓ Kammerherr, ich solte mit auf
Stutzerbach gehn, und oben bleiben solang Der Printz dabliebe.
Dieser hielt sich 3 Wochen auf, nun war ich da und hate nichts zu
essen. Ich sagte es den WildMeister, da gab er mir zu Antwort
geht ihr nur bey die Frau Heintzin und sagt ihr sie soll euch
ein bißen Brod geben, ihr wolet ihr wieder aufwarten.
Ich sagte gar nichts dazu gieng fort und wunderte mich
daß ich bey fremden leüthen etwas betlen solte. Nun wun-
dre ich mich gar nicht mehr, er hat den Grundsatz, Geitzig und
Grob mus man seyn, wan man mit Ehren will durch die
Welt kommen, darauf gieng ich in Gasthof und lies mir Esen
geben. Den andren tag sagte ich es dem Camerherrn. Der fluch-
te alle Donner Wetter solten ihn erschlagen, wan er mir
daß Kost geld nicht geben wolte. Nun dachte ich, er würde | 2 |
– die baarmahl eßen bezahlen und mir inzukunft das
Kost Geld geben. Der Cammerherr setzte es aber nicht durch
und ich kriegte also nichts. Ich muste also in gasthof fortleben
Ich wil Ihnen noch alles berechnen wie ich gelebt habe.

Früh lies ich mir Erdäpfel sieden da gabe ich
---
"
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6.
dℓ
für Butter und Erdäpfel zu mittag
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"
1 gℓ
6.
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Abendes Erdäpfelsuppen ein wenig Fleisch glaß bier
1.
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6.

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6
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S
4.
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Dieses daurte 3 gantze wochen so lang Ihro Durchlauchℓ
dageblieben sind. Dieses kostete also diese 3 Wochen 3 rℓ.–12 gℓ
was wolte ich machen? Der wildMeister wolte es nicht
bezahlen, der Cammerherr auch nicht, so muste ich mich an
Diesen Kaufman wenden. Noch eins mus ich hier
gedenken. Gestren dℓ 14ten October war ich auf der
Jagd in angel roden 1 1/2 täg. früh gieng ich hin, dort
lies sich ieder von den Jägern ein glaß Bier für 6. dℓ
Und 3 pf Brod dazu geben ich that dies auch. Auf den Abend
blieben wir in den Gasthoff. Da lies ich mir eine
Suppe machen für einen groschen 1/4 Pfund Wurst 9 dℓ ein glas
bier 6. dℓ. Fruhmorgens liesen sich die andren coffe
machen, wir truncken ins gemein, der Man gab 1 gℓ -9. dℓ Dieses kost
mich also 4. gℓ–" 9. dℓ. Dieses solte eigentlich der WildMeister
bezahlen. Nun überlegen Sie doch ein mahl, hätten Sie
mir den kleinen thaler nicht gegeben und ichsolte
dieses von meinem Wochengeld bezahlen so gieng solches | 3 |
in einem Tage fort. Morgen gethes wieder auf die Jagd
hätte ich das Geld nicht von Ihnen so müste ich schon wie-
der borgen Auf die Art fall ich in Schulden. Dieser
Kaufman hat mir allezeit ausgeholfen. Dieses habe
ich den Cammerherrn vorgestelt und gesagt, er solte
doch machen daß mir der WildMeister künftig solche
neben ausgaben wieder, auser meinem Wochengeld
Bezahlte. Er fieng wieder an zu fluchen und es blieb im-
mer bey den alten Geschicht es nicht, ist der kleine-
thaler alle, und ich soll wieder auf die Jagd gehn, so mus
ich aufs frische Borgen, Ich weis mir nicht anders zu
helfen. Ich bitte Ihnen des wegen, darinnen eine Än-
derung zu machen und bin Zeitlebens mit der tief-
sten Ehrfurcht



   Eyer Hochwohlgebohren
   Ganz Gehorsamster Diener


    Peter im Baumgarten


S:  GSA 30/82,2 Bl. 75-76  D:  GIlm 77  B : -  A? : an K. C. Oettelt, 1780 November 1 (vgl. GSA 30/82, 75) 

G.s kurzes aufhalten in Illmenau habe I. weh getan. Den Herrn Cammerherrn (? A. W. F. von Staff) habe es verdroßen, daß G. nicht Abschied genommen habe. - I. erklärt ausführlich, warum er anläßlich des vorjährigen Aufenthaltes des Prinzen F. F. K. von Sachsen-Weimar in Stützerbach bei einem Kaufmann Schulden habe machen müssen. Weder K. C. Oettelt noch der Kammerherr hätten das Kostgeld für ihn gezahlt. Über weitere Ausgaben.

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 Hochwohlgebohrner Insonders  HochzuEhrender Herr Geheimde Rath


 Ihr kurzes aufhalten in Illmenau that mir weh. Ich hätte Ihnen noch viel zu sagen gehabt, es wolte sich aber nicht schicken. Es hat den Herrn Cammerherrn verdroßen, daß Sie nicht Abschied genomen haben. Wie ich ihm es sagte daß Sie fort wären konte er sich nicht genug daüber wundern. Nun kam die Rede auf den Zettel welchen er nicht unterschrieben hat. Ich fragte ihn warum daß er den Zettel nicht unterschrieben hätte, da gab er mir zur antwort, der Kaufman hat mich doch noch nicht darum gebeten daß ich davor sorgen solte da will er nur gebeten seyn und daß thut dieser Kaufman nicht. Ich wil Ihnen die gantze Sache sagen, wie die schuld und der Zettel entstanden ist. Ich will mich noch nicht entschuldigen Sie werden es Selbst thun. Sie werden wißen daß der Prinz vor einem Jahr in Stützerbach war. Da befohl mir der Hℓ Kammerherr, ich solte mit auf Stutzerbach gehn, und oben bleiben solang Der Printz dabliebe. Dieser hielt sich 3 Wochen auf, nun war ich da und hate nichts zu essen. Ich sagte es den WildMeister, da gab er mir zu Antwort geht ihr nur bey die Frau Heintzin und sagt ihr sie soll euch ein bißen Brod geben, ihr wolet ihr wieder aufwarten. Ich sagte gar nichts dazu gieng fort und wunderte mich daß ich bey fremden leüthen etwas betlen solte. Nun wundre ich mich gar nicht mehr, er hat den Grundsatz, Geitzig und Grob mus man seyn, wan man mit Ehren will durch die Welt kommen, darauf gieng ich in Gasthof und lies mir Esen geben. Den andren tag sagte ich es dem Camerherrn. Der fluchte alle Donner Wetter solten ihn erschlagen, wan er mir daß Kost geld nicht geben wolte. Nun dachte ich, er würde| 2 | – die baarmahl eßen bezahlen und mir inzukunft das Kost Geld geben. Der Cammerherr setzte es aber nicht durch und ich kriegte also nichts. Ich muste also in gasthof fortleben Ich wil Ihnen noch alles berechnen wie ich gelebt habe.

Früh lies ich mir Erdäpfel sieden da gabe ich
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für Butter und Erdäpfel zu mittag
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Abendes Erdäpfelsuppen ein wenig Fleisch glaß bier
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 Dieses daurte 3 gantze wochen so lang Ihro Durchlauchℓ dageblieben sind. Dieses kostete also diese 3 Wochen 3 rℓ.–12 gℓ was wolte ich machen? Der wildMeister wolte es nicht bezahlen, der Cammerherr auch nicht, so muste ich mich an Diesen Kaufman wenden. Noch eins mus ich hier gedenken. Gestren dℓ 14ten October war ich auf der Jagd in angel roden 1 1/2 täg. früh gieng ich hin, dort lies sich ieder von den Jägern ein glaß Bier für 6. dℓ Und 3 pf Brod dazu geben ich that dies auch. Auf den Abend blieben wir in den Gasthoff. Da lies ich mir eine Suppe machen für einen groschen 1/4 Pfund Wurst 9 dℓ ein glas bier 6. dℓ. Fruhmorgens liesen sich die andren coffe machen, wir truncken ins gemein, der Man gab 1 gℓ -9. dℓ Dieses kost mich also 4. gℓ–" 9. dℓ. Dieses solte eigentlich der WildMeister bezahlen. Nun überlegen Sie doch ein mahl, hätten Sie mir den kleinen thaler nicht gegeben und ichsolte dieses von meinem Wochengeld bezahlen so gieng solches| 3 | in einem Tage fort. Morgen gethes wieder auf die Jagd hätte ich das Geld nicht von Ihnen so müste ich schon wieder borgen Auf die Art fall ich in Schulden. Dieser Kaufman hat mir allezeit ausgeholfen. Dieses habe ich den Cammerherrn vorgestelt und gesagt, er solte doch machen daß mir der WildMeister künftig solche neben ausgaben wieder, auser meinem Wochengeld Bezahlte. Er fieng wieder an zu fluchen und es blieb immer bey den alten Geschicht es nicht, ist der kleinethaler alle, und ich soll wieder auf die Jagd gehn, so mus ich aufs frische Borgen, Ich weis mir nicht anders zu helfen. Ich bitte Ihnen des wegen, darinnen eine Änderung zu machen und bin Zeitlebens mit der tiefsten Ehrfurcht


 Eyer Hochwohlgebohren  Ganz Gehorsamster Diener   Peter im Baumgarten

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 126, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0126_00139.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 126.

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